Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit der Befristung eines Lektorenvertrages. Befristung. Lektorenvertrag

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Befristung eines Fremdsprachen-Lektorenvertrages besteht dann ein sachlicher Grund, wenn feststeht, daß der von der Universität zulässigerweise festgelegte wissenschaftliche Standard des zu vermittelnden Lehrstoffes nur dadurch erreicht werden kann, daß ein regelmässiger Wechsel auf der Lektorenstelle (hier spanische Sprache) stattfindet. Dies ist unter anderem dann der Fall, wenn eine Kündigung des Lektorenvertrages zwar theoretisch möglich, wegen der Beweissituation jedoch praktisch nicht durchführbar ist.

 

Normenkette

EWGVtr Art. 48 Abs. 2; BGB § 620; Hochschulrahmengesetz § 57b Abs. 3; Universitätsgesetz Bad.-Württ. § 77 Abs. 2; Lektorenrichtlinien Bad.-Württ. § 3

 

Verfahrensgang

ArbG Freiburg i. Br. (Urteil vom 10.05.1995; Aktenzeichen 4 Ca 502/94)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 25.02.1998; Aktenzeichen 7 AZR 31/97)

 

Tenor

Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 10.05.1995 – AZ: 4 Ca 502/94 –abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Befristung des Arbeitsvertrages.

Die 47 Jahre alte Klägerin ist spanische Staatsangehörige. Sie lebt seit 1976 in der Bundesrepublik Deutschland. Von 1978 bis 1986 hat sie an der …-Universität Romanistik und Anglistik studiert und dieses Studium mit dem Magister Artium abgeschlossen. Im Wintersemester 1984/85 und im Sommersemster 1987 war sie als Lektorin für Spanisch vertretungsweise am Romanischen Seminar der Universität … tätig. Von 1985 bis 1988 war sie überdies Lehrbeauftragte am Romanischen Seminar der Universität …. Vom 1988 bis 1991 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin im Romanischen Seminar der Universität ….

Am 06. November 1991 schlossen die Parteien einen schriftlichen Arbeitsvertrag, demzufolge die Klägerin ab dem 15. Oktober 1991 befristet bis zum 31. März 1995 als außertarifliche Lektorin am Romanischen Seminar der Universität … beschäftigt wurde. Nach § 1 des Arbeitsvertrages richtet sich der Befristungsgrund nach § 57 b Abs. 3 des Hochschulrahmengesetzes (HRG). In § 2 des Arbeitsvertrages ist bestimmt, daß die Verwaltungsvorschrift über die Beschäftigung von Lektoren an den Hochschulen des Landes vom 18.01.1984 (Az.: 1 – 285.0/30; diese sind im folgenden als Lektorenrichtlinien bezeichnet) Bestandteil dieses Vertrages ist. Vereinbart war unter anderem eine Lehrtätigkeit von acht Semester-Wochenstunden (Sprachkurse, literaturwissenschaftliche Übungen, sprachpraktische Übungen).

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Befristungsabrede sei nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), und des Bundesarbeitsgerichts (BAG) unwirksam.

Die Klägerin hat beantragt,

  1. festzustellen, daß die Befristung des zwischen den Parteien am 06.11.1991 geschlossenen Arbeitsvertrages rechtsunwirksam ist;
  2. den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin über den 31.03.1995 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das beklagte Land hat die Auffassung vertreten, die Befristung zum 31.03.1995 sei wirksam. Durch die Bezugnahme auf die Lektorenrichtlinien habe die Klägerin das Interesse der Universität anerkannt, stets aktualitätsbezognenen Sprachunterricht durch Lektoren erteilen zu lassen.

Im übrigen wird auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils und auf den Inhalt des Arbeitsvertrages (ABl. 6/7) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 10.05.1995 dem Klagantrag entsprochen. Zur Begründung hat es ausgeführt, weder § 57 b Abs. 3 HRG noch die Lektorenrichtlinien könnten die Befristung des Arbeitsvertrages rechtfertigen. Unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und des EuGH hat es ausgeführt, daß die Sicherung eines aktualitätsbezogenen Unterrichts keinen sachlichen Grund für die Befristung des Arbeitsvertrages darstelle. Hinsichtlich der Lektorenrichtlinien habe das beklagte Land nicht substantiiert dargetan, ob und ggf. welche der möglichen sachlichen Gründe nach den Lektorenrichtlinien vorliegen.

Diese Lektorenrichtlinie hat u. a. folgenden Inhalt:

§ 1

1) Als Lektoren werden an den Hochschulen ausländische Lehrkräfte für die Ausbildung in modernen Fremdsprachen beschäftigt. Sie sollen durch ihre Lehrtätigkeit den Studierenden einen engen und aktuellen Kontakt mit dem entsprechenden Sprachkreis vermitteln. Hierfür kommt in der Regel nicht in Betracht, wer bereits auf Dauer den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen im Geltungsbereich des Grundgesetzes begründet hat.

2) Deutsche, die über entsprechende Sprach- und Landeskenntnisse verfügen, dürfen nur dann vertretungsweise als Lektoren für moderne Fremdsprachen beschäftigt werden, wenn bei einer Ausschreibung keine qualifizierte Bewerbung eines Ausländers eingegangen ist.

§ 2

Die Lektoren werden befrist...

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