Verfahrensgang

ArbG Lörrach (Urteil vom 05.02.1991; Aktenzeichen 3 Ca 286/90)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lörrach, Kammern Radolfzell, vom 5.2.1991 – 3 Ca 286/90 – wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

 

Tatbestand

Der Kläger (Arbeitnehmer) begehrt von der Beklagten die Vergütung in Höhe von DM 43,06 brutto nebst Zinsen für die Zeit der Teilnahme an einer Betriebsversammlung, die am 3.5.1990 in der Zeit von 14.00 bis 15.15 Uhr stattfand.

Der Kläger (Dipl. Informatiker) ist seit März 1984 bei der Beklagten als Systemprogrammierer mit einem monatlichen Bruttogehalt von ca. DM 6.000,– beschäftigt.

Die Beklagte, die zum … Konzern gehört, stellt in ihrem Betrieb, in welchem ca. 350 Arbeitnehmer tätig sind, Datenverarbeitungsgeräte her. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft beiderseitiger Organisationszugehörigkeit die Tarifverträge der Metallindustrie Anwendung.

Mit Schreiben vom 20.2.1990 (ABl 8), auf das Bezug genommen wird, wandte sich der Betriebsrat unter dem Betreff „§ 72 Abs. 1 AFG” an die Beklagte. Hierauf erwiderte die Beklagte mit Schreiben vom 5.3.1990 (ABl 45), auf das ebenfalls Bezug genommen wird.

Auf einer Betriebsratsitzung vom 25.4.1990 wurde beschlossen, im Hinblick auf die zu diesem Zeitpunkt geführten Tarifauseinandersetzungen in der Metallindustrie eine Betriebsversammlung aus besonderem Anlaß am 3.5.1990, 14.00 Uhr, durchzuführen. Noch am 25.4.1990 wurde die Geschäftsleitung der Beklagten darüber schriftlich informiert. Am Freitag, dem 27.4.1990, wurde im Betrieb folgende Einladung ausgehängt (ABl 10):

„Betriebsversammlung

A. GmbH

aus besonderem Anlaß

Am 3. Mai 1990 findet im Sozialgebäude um 14.00 Uhr eine Betriebsversammlung aus besonderem Anlaß statt.

Tagesordnung:

  1. Stand der Tarifverhandlung
  2. Verschiedenes

Der Betriebsrat”

Am gleichen Tag fand innerhalb der Geschäftsleitung der Beklagten eine Besprechung über die vom Betriebsrat geforderte Betriebsversammlung statt. Dabei wurde auch die Zentralabteilung Arbeits- und Sozialrecht der Fa. … AG in Frankfurt eingeschaltet. Die Beklagte beschloß noch am 27.4.1990, keine einstweilige Verfügung auf Unterlassung der Durchführung der Betriebsversammlung zu beantragen, sondern vielmehr das Gespräch mit dem Betriebsrat zu suchen. Dieses Gespräch fand am Mittwoch, den 2.5.1990, statt. Der 28./29.4.1990 war ein Wochenende. Montag, der 30.4.1990, war als sog. „Brückentag” arbeitsfrei und am Dienstag, den 1.5.1990, war Feiertag. In dem Gespräch am Mittwoch, den 2.5.1990, teilte die Beklagte dem Betriebsrat mit, daß sie die für den 3.5.1990 geplante Betriebsversammlung für unzulässig halte, da ein besonderer Grund für die Einberufung einer zusätzlichen Betriebsversammlung nicht vorliege. Der Betriebsrat hingegen bestand auf der Durchführung der Betriebsversammlung, da ein Informationsbedürfnis für die Beschäftigten gegeben sei. Im Hinblick auf den Inhalt, der Besprechung fertigte der Betriebsrat ein weiteres Einladungsschreiben (ABl 11), dessen Aushang die Beklagte im Berufungsverfahren bestritten hat. In diesem Schreiben heißt es:

„Heute

Betriebsversammlung

aus besonderen Anlaß

Zeit: 3. Mai 1990, 14.00 Uhr

Themen:

  1. Stand der Tarifverhandlung und die Auswirkungen auf uns bei … z.B. bei folgenden Punkten:

    • Termin der Leistungsbeurteilung und ihre Bezahlung
    • Kalte Aussperrung und die Antwort der GL dazu
    • Heiße Aussperrung, die Ankündigung des Konzerns
  2. Verschiedenes”

Unter dem 2.5.1990 fertigte die Beklagte ihrerseits ein Schreiben (ABl 12), in welchem es heißt:

„Betriebsversammlung am 3. Mai 1990 Liebe Mitarbeiterinnen, liebe Mitarbeiter, der Betriebsrat hat zum 3. Mai 1990 um 14.00 Uhr eine „Betriebsversammlung aus besonderem Anlaß” mit dem Tagesordnungspunkt „Stand der Tarifverhandlung” einberufen.

Eine solche zusätzliche Betriebsversammlung ist nur zulässig, „wenn dies aus besonderen Gründen zweckmäßig erscheint”, § 43 Abs. 1 Satz 4 BetrVG. Der Bericht über den aktuellen Verhandlungsstand der Tarifauseinandersetzung ist kein besonderer Grund, der die Einberufung einer zusätzlichen Betriebsversammlung rechtfertigen würde. Dazu kommt, daß der Bericht durch die ebenfalls für den 03.05.1990 terminierte Verhandlungsrunde in Nordwürttemberg/Nordbaden schon am nächsten Tag überholt wäre. Aus dem Gesagten ergibt sich, daß diese Betriebsversammlung zu Unrecht einberufen worden ist. Wir bitten Sie deshalb, der Versammlung fernzubleiben.

Vorsorglich weisen wir darauf hin, daß die für eine Teilnahme aufgewendete Zeit nicht von uns zu bezahlen ist. Mit freundlichen Grüßen.

PS:

Wie wir gehört haben, soll es allgemeine Fragen zu Auswirkungen bei Aussperrungen geben. Da eine solche Maßnahme aus heutiger Sicht nicht absehbar ist, gibt es auch hier keinen aktuellen Informationsbedarf. Sollte dies wider Erwarten doch zu einem aktuellen Thema werden, wird Sie die Geschäftsleitung informieren”.

Dieses Schreiben wurde jedem Vorgesetzten zur Verteilung an die Mitarbeiter übergeben und an sämtlichen Eingangst...

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