Entscheidungsstichwort (Thema)

Sachwidriger Eingriff in dienstzeitabhängige Steigerungsbeträge durch betriebliche Versorgungsordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Beurteilung, ob sachlich-proportionale Gründe für einen Eingriff in dienstzeitabhängige Steigerungsbeträge vorliegen, erfordert nicht lediglich eine Willkürkontrolle. Dem Arbeitgeber obliegt die Darlegung aller Umstände, die nachvollziehbar belegen, dass ein überschießender Eingriff in das betriebliche Altersversorgungssystem nicht erfolgt ist.

 

Normenkette

BetrAVG § 1; BetrVG § 77 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 06.10.2011; Aktenzeichen 17 Ca 2548/11)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 09.12.2014; Aktenzeichen 3 AZR 323/13)

 

Tenor

  • 1.

    Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 06.10.2011 - 17 Ca 2548/11 - wird zurückgewiesen.

  • 2.

    Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

  • 3.

    Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der Ruhegeldansprüche des Klägers.

Der im März 1960 geborene Kläger ist seit 01.03.1987 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen, beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis begann bei der N. S. Aktiengesellschaft. Mit Beschluss der Hauptversammlung vom März 2002 gliederte sie das operative Geschäft in fünf Tochtergesellschaften aus. Die operativen Tochtergesellschaften wurden durch Verschmelzungsverträge auf die jeweiligen Parallelgesellschaften des E.-Konzerns übertragen. Das Arbeitsverhältnis des Klägers ging auf diese Weise im Jahr 2002 auf die N. Kraftwerke AG & Co KG über. Im Jahr 2003 ging das Arbeitsverhältnis auf die Beklagte über.

Bei der Beklagten handelt es sich um eine 100 %-ige Tochter der E. E. B.- W. AG.

Die bei der N. S. Aktiengesellschaft geschlossene Betriebsvereinbarung über die Versorgungsordnung der N. S. AG vom 12.12.1997 über vor dem 01.01.1997 bei der N. Elektrizitätsversorgungs-Aktiengesellschaft (N.) eingetretene Betriebsangehörige (künftig BV 1997) regelte u. a.:

"§ 1 Voraussetzungen des Versorgungsanspruchs

1. Der Versorgungsanspruch entsteht, wenn der unter den jeweils für die N. geltenden Manteltarifvertrag fallende Betriebsangehörige nach Vollendung des 20. Lebensjahres eine 10jährige ununterbrochene Dienstzeit bei den N. erreicht hat. In diesem Fall gibt das Unternehmen dem betreffenden Betriebsangehörigen spätestens nach Ablauf des Kalendervierteljahres, in dem die zehnjährige Dienstzeit erfüllt ist, eine entsprechende schriftliche Mitteilung.(...)

§ 3 Alters- und Invaliditätsversorgung

1. Der versorgungsberechtigte Betriebsangehörige erhält ein Ruhegeld, wenn er in den Ruhestand tritt.

2. Der Eintritt in den Ruhestand erfolgt:

a) auf Wunsch der N. oder des Betriebsangehörigen, wenn der Betriebsangehörige

- das 65. Lebensjahr vollendet hat (feste Altersgrenze) oder

- vor Vollendung des 65. Lebensjahres Altersrente der gesetzlichen Rentenversicherung in voller Höhe in Anspruch nimmt(...).

§ 4 Höhe und Berechnung des Ruhegeldes

1. a) Das Ruhegeld beträgt nach der Erfüllung der Voraussetzungen des § 1 monatlich 15 % des letzten ruhegeldberechtigten Einkommens. Es steigert sich für jedes weitere Dienstjahr um 1 %, höchstens jedoch auf insgesamt 40 %.

b) Der in der gesetzlichen Rentenversicherung bei einer vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente maßgebende Zugangsfaktor wird für das N.-Ruhegeld übernommen; dies gilt nicht für Betriebsangehörige, die am 01.01.1992 bereits einen Versorgungsanspruch im Sinne des § 1 haben.

c) Die Gesamtversorgung (Sozialversicherungsrenten, Versorgungsleitungen aus früheren Tätigkeiten und N.-Ruhegeld) darf 75 % des letzten ruhegeldberechtigten Einkommen nicht übersteigen. (...)".

Mit Schreiben vom 26.03.1997 wurde dem Kläger die Unverfallbarkeit der Betriebsrentenansprüche bescheinigt.

In § 3 des auf das Arbeitsverhältnis zur Anwendung kommenden Sammel-Tarifvertrages vom 21.07.2003 zur Personalüberleitung/Verschmelzung verpflichtete sich die E. E. B.-W. AG im Innenverhältnis gegenüber der Beklagten und gegenüber der N. Kraftwerke AG & Co KG, diese von der Inanspruchnahme aus diesen gemäß § 613a BGB übergegangenen Verpflichtungen aus der Zusage der betrieblichen Altersversorgung freizustellen.

Die E. E. B.-W. AG erstellte im Jahr 2003 unter dem Namen "TOP FIT" ein "Ergebnisverbesserungs- und Sparprogramm". Insoweit wird auf die von der Beklagten vorgelegte Präsentation als Ergebnis der Beratungen des TOP FIT-Teams mit Beratern von M., Blatt 47- 55 der Berufungsakte verwiesen.

Im Jahr 2004 teilte die Beklagte dem Kläger mit, der Betriebsrentenanspruch ergebe sich ab 1. Januar 2005 aus der Betriebsvereinbarung zur Neuregelung der betrieblichen Altersversorgung vom 26. November 2004 (künftig BV 2004).

In der BV 2004 ist geregelt:

"9. Gesamtbetriebsvereinbarung vom 12.12.1997 über die Versorgungsordnung der N. S. AG für vor dem 01.01.1997 bei der N. Elektrizitätsversorgungs-Aktiengesellschaft (N.) eingetretene Betriebsangehörige:

9.1 Die Wirkungen der Kündigung vom 23.09.2003/19.05.2004 (dort Buchstabe C) werden ein...

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