Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung von vorübergehender Übertragung einer Führungsposition im Sinne von § 31 Abs. 3 Satz 4 Hs. 1 TV-L und Übertragung einer Führungsposition aufgrund eines befristeten Arbeitsverhältnisses

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach § 31 Abs. 3 Satz 4 Halbs. 1 TV-L wird die Führungsposition bei Bewährung auf Dauer übertragen. Dazu bedarf es einer gesonderten Entscheidung. Das Arbeitsverhältnis besteht nicht kraft Tarifvertrages zu den zuvor nur vorübergehend übertragenen Bedingungen fort.

2. Voraussetzung für die vorübergehende Übertragung einer Führungsposition nach § 31 Abs. 3 Satz 1 TV-L ist, dass bereits ein Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber besteht, welches mindestens bis zum Ende der vereinbarten Erprobung fortbesteht.

3. Vereinbaren die Parteien unter Ersetzung eines laufenden befristeten Arbeitsvertrages einen neuen befristeten Arbeitsvertrag unter Hinweis auf gesetzliche und/oder tarifvertragliche Befristungsregelungen, so liegt darin keine vorübergehende Übertragung einer Führungsposition nach § 31 Abs. 3 Satz 1 TV-L, sondern die Vereinbarung einer Führungsposition als befristetes Arbeitsverhältnis iSv. § 31 Abs. 1 TV-L.

4. Die zulässige Höchstdauer des Erprobungszeitraumes ergibt sich nicht aus § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 TzBfG. Den Tarifvertragsparteien steht insofern ein Einschätzungsspielraum zu. Es ist nicht zu beanstanden, wenn sie für Führungskräfte mit Tätigkeiten einer bestimmten Wertigkeit und Weisungsbefugnis eine Erprobungszeit von bis zu zwei Jahren veranschlagen. Der Zeitraum steht dem Erprobungszweck nicht entgegen.

5. Zur Frage, ob nach den Umständen des Falles vom tariflichen Regelfall abzuweichen ist (wird verneint).

 

Normenkette

TzBfG § 14 Abs. 1 Nr. 5; TV-L § 31

 

Verfahrensgang

ArbG Karlsruhe (Entscheidung vom 21.06.2017; Aktenzeichen 3 Ca 491/16)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 19.11.2019; Aktenzeichen 7 AZR 311/18)

 

Tenor

  1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 21. Juni 2017 - 3 Ca 491/16 - wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
  3. Die Revision wird zugelassen.
 

Tatbestand

Zwischen den Parteien sind der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, die Wirksamkeit dessen Befristung und Beschäftigungsbegehren im Streit.

Der Kläger ist Jahrgang 1977, verheiratet und hat drei Kinder. Er war zunächst aufgrund mehrerer befristeter Verträge ab dem 1. Oktober 2008 für die Universität K. als studentische Hilfskraft tätig (Dienstverträge = Bl. 12ff. der Arbeitsgerichtsakte). Das beklagte Institut (nachfolgend: die Beklagte) ist ein Zusammenschluss aus der früheren Universität K. als Technische Hochschule und der früheren F. GmbH. Der Kläger war aufgrund mehrerer befristeter Arbeitsverträge ab dem 1. April 2010 für die Beklagte als akademischer Mitarbeiter tätig und wurde am Institut für angewandte Informatik und formale Beschreibungsverfahren eingesetzt, zuletzt aufgrund des Arbeitsvertrages vom 27. Januar 2014, der eine Befristung vom 1. April 2014 bis zum 30. September 2015 vorsah (Bl. 15 bis 17 der Akte des Arbeitsgerichts). Aufgrund des Arbeitsvertrages vom 18. Februar 2015 und dem Begleitschreiben vom selben Tage wurde der Kläger zur Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik (ETIT) umgesetzt unter Zuweisung der Tätigkeiten des Geschäftsführers der Fakultät (Bl. 18, 19 der Akte des Arbeitsgerichts). Der Arbeitsvertrag lautet auszugsweise:

Dieser Vertrag ersetzt ab 1.3.2015 den Vertrag vom 27.1.2014.

§ 1 Vertragsdauer

Herr S. wird ab 1.3.2015 bis zum 28.2.2017 weiterbeschäftigt.

Das Arbeitsverhältnis ist gemäß § 14 Abs. 1 des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG) im Zusammenhang mit § 31 TV-L befristet abgeschlossen, weil die Befristung zur Erprobung (Führung auf Probe) erfolgt.

Aus Gründen der Stufenzuordnung sah die Beklagte im wirtschaftlichen Interesse des Klägers zunächst von einer Höhergruppierung in die Entgeltgruppe 14 ab, holte dies aber mit Wirkung vom 1. April 2016 nach. Das Bruttomonatsentgelt des Klägers belief sich zuletzt auf 4.844,19 Euro. Nach § 4 des Arbeitsvertrages vereinbarten die Parteien u.a. die Anwendung des Tarifvertrages für den Öffentlichen Dienst der Länder (TV-L).

Gemäß der Tätigkeitsdarstellung und -bewertung vom 30. Januar 2015 sind dem Geschäftsführer der Fakultät sieben Sekretariatsarbeitskräfte unterstellt. Er selbst untersteht dem Bereichsleiter Bereich 3 und dem Fakultätsvorstand der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik. Auszugsweise heißt es dort weiter (Bl. 50ff. der Arbeitsgerichtsakte):

4. Zusammenfassende Beschreibung der Tätigkeit (Zielsetzung)

Zu den Arbeitsfeldern gehören die Unterstützung des Dekans bei der Leitung der Fakultät und die Unterstützung des Bereichsleiters Maschinenbau und Elektrotechnik. Weitere Aufgaben sind die Personalführung im Dekanat, Verwaltungsaufgaben, Organisationstätigkeiten im Rahmen der akademischen Selbstverwaltung sowie die Vertretung der Fakultät nach außen und innen in administrativen und ...

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