Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebliche Altersversorgung. Höchstaltersgrenze. Altersdiskriminierung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine unangemessen niedrige Höchstaltersgrenze in einer Versorgungsordnung (hier: faktische Höchstaltersgrenze 45 Jahre) verstößt gegen das Benachteiligungsverbot wegen des Alters und ist damit unwirksam. Je niedriger die Höchstaltersgrenze ist, desto gewichtiger müssen die Gründe im Sinne des § 10 Sätze 1 und 2 AGG sein.

 

Normenkette

AGG § 10 Sätze 1-2

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Urteil vom 19.05.2011; Aktenzeichen 1 Ca 5468/10)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.03.2014; Aktenzeichen 3 AZR 69/12)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 19.5.2011 – 1 Ca 5468/10 – abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin beginnend ab 1.7.2010 eine monatliche Betriebsrente i. H. v. 113,66 EUR brutto zu bezahlen, zahlbar jeweils am Monatsende des Folgemonats.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Zahlung einer Betriebsrente.

Die am 19.06.1945 geborene Klägerin trat am 01.11.1981 bei der H. B. eG, die am 01.01.1999 mit der Beklagten fusionierte, als Bankkauffrau ein. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete altershalber mit Ablauf des 30.06.2010.

In der „Versorgungsordnung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter” der Beklagten vom 1. September 1991 (im Folgenden: Versorgungsordnung) heißt es u. a.:

„Präambel

Als Dank und Anerkennung der von den Mitarbeitern geleisteten Dienste und der erbrachten Betriebstreue sowie in Erwartung, dadurch einen Beitrag zur weiteren Förderung einer gedeihlichen Zusammenarbeit und des Zusammengehörigkeitsgefühls zwischen Bank und Mitarbeitern zu leisten, haben sich Vorstand und Aufsichtsrat entschlossen, anknüpfend an die bereits gewährten Direktzusagen und unter Beachtung der geänderten Rechtsprechung und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, als Maßnahme der betrieblichen Altersversorgung eine Versorgungsordnung einzuführen.

§ 1 Festlegung des Personenkreises

(4) Für Mitarbeiter, die nach dem Inkrafttreten der Versorgungsordnung am 1.9.1991 neu in die Dienste der V. P. eG eintreten oder im Rahmen einer Verschmelzung/Fusion i. S. des § 16 in deren Dienste übernommen werden (= 3. Personenkreis) gelten die Vorschriften dieser Versorgungsordnung mit Ausnahme sämtlicher sich auf die Hinterbliebenenversorgung beziehender Regelungen (Witwen- bzw. Witwerrentenleistung, §§ 5d, 10, 11). Es wird keinerlei Hinterbliebenenleistung zugesagt.

§ 2 Kreis der Versorgungsberechtigten

(1) Von der Versorgungsordnung werden alle fest angestellten Mitarbeiter – mit Ausnahme der Vorstandsmitglieder und der geringfügig Teilzeitbeschäftigten im Sinne des § 8 SGB IV sowie ausgeschiedener Mitarbeiter im Vorruhestand – der Bank erfaßt, die

  1. das 20. Lebensjahr vollendet und
  2. eine mindestens 10jährige anrechnungsfähige Dienstzeit (Wartezeit) nach Maßgabe des § 3 nachweisen können (nur die in § 1 Abs. 3 und 4 genannten Personenkreise) sowie
  3. zum Zeitpunkt der Erfüllung der Wartezeit das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

§ 3 Wartezeit

(1) Für den in § 1 Abs. 3 und 4 genannten Personenkreis entsteht der Anspruch auf die Versorgungsleistungen nach ununterbrochener Zurücklegung von 10 anrechnungsfähigen Dienstjahren gemäß § 4 (Wartezeit).

(2) Die Wartezeit beginnt mit dem Tag des Dienstantritts, frühestens am Tag nach Vollendung des 20. Lebensjahres.

§ 4 Anrechnungsfähige Dienstzeit

(1) Als anrechnungsfähige Dienstzeit gilt die Zeit, die der Mitarbeiter nach dem vollendeten 20. Lebensjahr ununterbrochen mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag bei der Bank verbracht hat. Wird ein befristeter Arbeitsvertrag in einen Dauerarbeitsvertrag umgewandelt, so entsteht ein Anspruch auf anrechnungsfähige Dienstzeit vom ersten Tag des (befristeten) Arbeitsverhältnisses an, frühestens jedoch ab dem vollendeten 20. Lebensjahr. Entsprechendes gilt, wenn im unmittelbaren Anschluß an ein bei der Bank absolviertes Ausbildungsverhältnis ein festes Arbeitsverhältnis bei der Bank eingegangen wird.

Die anrechnungsfähige Dienstzeit wird auf maximal 30 volle Dienstjahre beschränkt. Dienstzeiten nach dem vollendeten 65. Lebensjahr bleiben unberücksichtigt.

§ 5 Arten der Versorgungsleistungen

(1) Gewährt werden

  1. Altersrente an Mitarbeiter nach der Vollendung des 65. Lebensjahres (§ 6),
  2. vorgezogene Altersrente (§ 7)
  3. Invalidenrente, sofern Invalidität vorliegt (§ 8
  4. Witwen-/Witwerrente an die Witwen/Witwer verstorbener Mitarbeiter (§ 10) des in § 1 Abs. 2 genannten Personenkreises.

§ 6 Höhe der Altersrente

(1) Es wird nach der Zurücklegung der maximalen Dienstzeit von 30 vollen Dienstjahren eine monatliche Altersrente von 600 DM gewährt. Dieser maximal erreichbare Altersrentenanspruch verringert sich der Höhe nach um monatlich 20 DM für jedes volle Dienstjahr, das zur Erreichung der maximalen vollen Dienstzeit (= 30 Dienstjahre) fehlt.

(2) Bei der Berechnung eines vollen Dienstjahres ist auf das genaue Einstellu...

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