Verfahrensgang

ArbG Mannheim (Urteil vom 20.07.1990; Aktenzeichen 2 Ca 209/90)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim vom 20.7.1990 – Az.: 2 Ca 209/90 – abgeändert:

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

2. Die unselbständige Anschlußberufung des Klägers wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger trägt die Kosten beider Rechtszüge.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten sich um die Wirksamkeit einer zwischen ihnen geschlossenen Aufhebungsvereinbarung und über einen vom Kläger geltend gemachten Weiterbeschäftigungsanspruch, hilfsweise um eine vom Kläger für sich in Anspruch genommene Sozialplanabfindung und um einen von der Beklagten im Wege der Hilfswiderklage geltend gemachten Anspruch auf Rückzahlung der dem Kläger gewährten Nettoabfindung,

Der am 5.6.1929 geborene, schwerbehinderte Kläger, der verheiratet ist und ein unterhaltsberechtigtes Kind hat, war bei der Beklagten seit dem 1.10.1969 als Diplomingenieur gegen ein Bruttomonatsgehalt von zuletzt DM 8.050,50 beschäftigt. Seit dem Jahre 1986 hat die Beklagte, die Hochtemperatur-Reaktoren produziert, verkauft und einrichtet, ihre Belegschaft von über 400 auf zwischenzeitlich unter 100 Arbeitnehmer reduziert. In diesem Zusammenhang schlossen die Parteien im Februar 1989 folgenden, auf den 28.6.1988 rückdatierten

Aufhebungsvertrag:

  1. Das Anstellungsverhältnis von Herrn endet auf Veranlassung von HRB im beiderseitigen Einvernehmen am 31. Dez. 1989.
  2. Zum Ausgleich aller künftigen Nachteile durch die Beendigung des Anstellungsverhältnisses erhält Herr gemäß §§ 9, 10 Kündigungsschutzgesetz eine Abfindung in Höhe von DM 80.000,–, auszahlbar im März 1989 DM 36.000,– und im Januar 1990 DM 44.000, –.

    Die Verteilung der Abfindungszahlung erfolgt auf Wunsch des Arbeitgebers aufgrund des nicht vertretbaren negativen Gesamtergebnisses der Firma.

  3. Bezüglich des unverfallbaren Altersversorgungsanspruchs erhält Herr ein gesondertes Schreiben,
  4. Mit Erfüllung dieses Vertrages sind sämtliche Ansprüche von Herrn aus dem Anstellungsverhältnis sowie aus Anlaß der Beendigung abgegolten.

Außerdem erteilte die Beklagte dem Kläger auf der Basis dieser Vereinbarung eine – ebenfalls mit dem falschen Abschlußdatum versehene – Bescheinigung nach § 133 AFG.

Der Kläger hält die getroffene Vereinbarung für sittenwidrig.

Er hat bereits vor dem Arbeitsgericht behauptet, die Beklagte habe den mit ihm geschlossenen Aufhebungsvertrag nur deshalb zurückdatiert, weil er – der Kläger – nach § 4.4 des ab 1.4.1988 gültigen Manteltarifvertrages für Arbeiter und Angestellte in der Metallindustrie von Nordwürttemberg/Nordbaden nur noch aus wichtigem Grund habe gekündigt werden können, weil ein solcher Grund nicht vorgelegen habe und weil sie – die Beklagte – in der Absicht, schnell und billig zu Aufhebungsvereinbarungen zu kommen, die Bestimmung des § 117 Abs. 2 Satz 3 AFG habe umgehen wollen. Er selbst – so hat sich der Kläger eingelassen – habe die zitierte Vorschrift bis April 1990 gar nicht gekannt. Er habe die Rückdatierung zwar bemerkt, ihr aber keine Bedeutung beigemessen.

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, daß die zwischen den Parteien im Februar 1989 geschlossene Aufhebungsvereinbarung, datiert auf den 28. Juni 1988, nichtig ist, und das Arbeitsverhältnis der Parteien weiterhin besteht;
  2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu unveränderten Bedingungen auf demselben Arbeitsplatz über den 1. Januar 1990 hinaus weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat den Antrag gestellt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die mit dem Kläger geschlossene Vereinbarung für wirksam,

Sie hat behauptet, wegen jährlicher Verluste von bis zu 50 Millionen DM zu einem drastischen Personalabbau gezwungen gewesen zu sein. Aus diesem Grunde – so hat sich die Beklagte eingelassen – hätte sie dem Kläger, statt mit ihm einen Aufhebungsvertrag zu schließen, auch mit einer Auslauffrist von 6 Monaten außerordentlich kündigen können. Die Beklagte hat behauptet, ihr Prokurist habe den Kläger ausdrücklich über § 117 AFG belehrt. Deshalb verstoße der Kläger mit seinem jetzigen Vorgehen zumindest gegen Treu und Glauben. Im übrigen – so hat die Beklagte vorgetragen – sei sie gar nicht davon ausgegangen, daß der Kläger einen Antrag auf Arbeitslosengeld stellen würde, da ihm genügend Zeit zur Verfügung gestanden habe, sich eine neue Arbeitsstelle zu suchen. Die Beklagte hat schließlich die Ansicht vertreten, daß die mit dem Kläger getroffene Vereinbarung jedenfalls nicht gänzlich unwirksam sei, weil der Vertrag auf jeden Fall, also auch ohne Rückdatierung, abgeschlossen worden wäre.

Das Arbeitsgericht hat dem Klageantrag Ziff. 1 mit Urteil vom 20.7.1990 stattgegeben. Den vom Kläger gestellten Weiterbeschäftigungsanstrag hat es abgewiesen. Dieses Urteil ist dem Kläger am 7.9.1990, der Beklagten am 14.9.1990, zugestellt worden. Beide Parteien haben dagegen Berufung eingelegt, die Beklagte am 4.10.1990, der Kläger am 5.10.1990. Nachdem die Berufungsbegründungsfrist für die Beklagte noch am 4....

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