Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeitlich unbeschränktes Vorbeschäftigungsverbot bei sachgrundlos befristeten Arbeitsverträgen. Rechtswidrigkeit der sachgrundlosen Befristung bei längere Zeit zurückliegender Vorbeschäftigung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Entgegen der Ansicht des Bundesarbeitsgerichts (Urteile vom 06.04.2011 - 7 AZR 716/09 - und 21.09.2011 - 7 AZR 375/10) besteht das Vorbeschäftigungsverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG zeitlich uneingeschränkt. Das ergibt seine Auslegung im Lichte der vom BVerfG für die Auslegung von Gesetzen aufgestellten Grundsätze (vgl. 25.01.2011 - 1 BvR 918/10).

2. Das so bewertete Vorbeschäftigungsverbot ist verfassungsgemäß. 3. Im Übrigen wären die Grenzen einer verfassungskonformen Auslegung oder einer richterlichen Rechtsfortbildung qua teleogischer Reduktion überschritten.

 

Normenkette

TzBfG § 14 Abs. 2 S. 2, § 16 S. 1 Hs. 1; BGB § 611 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 18.09.2013; Aktenzeichen 11 Ca 3647/13)

 

Tenor

  • 1.

    Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 18.09.2013 - 11 Ca 3647/13 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    • a)

      Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der Befristung im Arbeitsvertrag vom 24.08.2011 nicht mit Ablauf des 31.08.2013 geendet hat.

    • b)

      Das beklagte Land wird verurteilt, den Kläger bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits als Verwaltungsangestellten zu unveränderten Bedingungen gemäß Arbeitsvertrag vom 24.08.2011 weiter zu beschäftigen.

  • 2.

    Der Kläger trägt 20 % und das beklagte Land 80 % der Kosten des Rechtsstreits.

  • 3.

    Die Revision wird für das beklagte Land zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten zweitinstanzlich noch darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund sachgrundloser Befristung am 31.08.2013 geendet hat und davon abhängig über die Weiterbeschäftigung des Klägers als Verwaltungsangestellter.

Wegen des erstinstanzlichen unstreitigen und streitigen Vorbringens der Parteien einschließlich ihrer Rechtsansichten wird auf den nicht angegriffenen Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Bezug genommen und verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 18.09.2013 den Befristungskontrollantrag als unbegründet, den damit verbundenen allgemeinen Feststellungsantrag als unzulässig abgewiesen und den Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers als nicht zur Entscheidung angefallen bewertet. Wegen der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf seine Entscheidungsgründe unter A und B Bezug genommen und verwiesen.

Der Kläger hat gegen das ihm am 16.10.2013 zugestellte Urteil mit beim Berufungsgericht am 13.11.2013 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und sie mit beim Landesarbeitsgericht am 10.12.2013 eingegangenem Schriftsatz ausgeführt.

Der Kläger rügt auf der Grundlage seines Schriftsatzes vom 10.12.2013, der Gegenstand der Berufungsverhandlung war und auf den Bezug genommen und verwiesen wird, näher bestimmt fehlerhafte Rechtsanwendung des Arbeitsgerichts insbesondere insoweit, als der Wirksamkeit der sachgrundlosen Befristung vorherige Befristungen entgegenstünden, die insoweit vom Bundesarbeitsgericht dem Gesetzestext des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG einschränkende Auslegung eine unzulässige Rechtsfortbildung sei und sich im Übrigen auch die Unwirksamkeit der Befristung aus der fehlenden Zustimmung des Personalrates ergebe.

Der Kläger beantragt zuletzt:

  • 1.

    Das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 18.09.2013, Aktenzeichen 11 Ca 3647/13 wird abgeändert.

  • 2.

    Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der Befristung im Arbeitsvertrag vom 24.08.2011 nicht mit Ablauf des 31.08.2013 geendet hat.

  • 3.

    Das beklagte Land wird verurteilt, den Kläger bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits als Verwaltungsangestellten zu unveränderten Bedingungen gemäß Arbeitsvertrag vom 24.08.2011 weiter zu beschäftigen.

Das beklagte Land beantragt

Zurückweisung der Berufung

und verteidigt das erstinstanzliche Urteil auf der Grundlage seines Schriftsatzes vom 16.01.2014, auf den sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 21.02.2014 Bezug genommen und verwiesen wird. Der Kläger nahm in der Berufungsverhandlung seinen mit der Berufung weiter verfolgten allgemeinen Feststellungsantrag mit Einwilligung des beklagten Landes zurück. Außerdem nahm er seine Berufung in Bezug auf den Weiterbeschäftigungsantrag teilweise zurück.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die statthafte, frist- und formgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts ist die zulässige Klage begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien besteht fort. Die für die Dauer vom 01.09.2011 bis zum 31.08.2013 vereinbarte sachgrundlose Befristung des Arbeitsverhältnisses ist wegen des Verstoßes gegen das Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG unwirksam. Der Kläger hat Anspruch auf vorläufige Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits.

1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien gilt als auf unbestimmte Zeit gesc...

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