Entscheidungsstichwort (Thema)

zur Zulässigkeit der Anordnung von Bereitschaftsdienst. Anspruch eines Rettungsassistenten auf Entgelt für die über die zulässige Arbeitszeit hinausgehende Anordnung von Bereitschaftsdienst. § 14 Abs. 2 DRK-Tarifvertrag. Arbeitszeit. Bereitschaftsdienst. Richtlinienkonforme Auslegung des Arbeitszeitgesetzes. Persönliche Anwesenheit. Rettungsdienst. Rettungswache

 

Leitsatz (redaktionell)

1. § 2 Abs. 1 ArbZG ist europarechtskonform dahin auszulegen, dass ein Bereitschaftsdienst, der in Form der persönlichen Anwesenheit des Arbeitnehmers in der Rettungswache zu leisten ist, als Arbeitszeit anzusehen ist.

2. § 14 Abs. 2 Tarifvertrag über Arbeitsbedingungen für Angestellte und Auszubildende des Deutschen Roten Kreuzes v. 31.01.1984 lässt eine Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit über durchschnittlich 48 Stunden wöchentlich hinaus nicht zu.

 

Normenkette

ArbZG § 2 Abs. 1; Tarifvertrag über Arbeitsbedingungen für Angestellte und Auszubildende des Deutschen Roten Kreuzes v. 31.01.1984 § 14 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Pforzheim (Urteil vom 14.07.2000; Aktenzeichen 2 Ca 221/99)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 09.03.2005; Aktenzeichen 5 AZR 479/02)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Pforzheim vom 14.07.2000, Az. 2 Ca 221/99, teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass die Anordnung der Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit des Klägers auf 49 Stunden unwirksam ist.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 12.119,33 (DM 23.703,35) brutto nebst jeweils 4 % Zinsen aus EUR 10.420,78 seit 20.08.1999, aus EUR 22,72 seit 15.06.2000 und aus EUR 1.675,82 seit 28.05.2001 zu bezahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Im Übrigen werden die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers zurückgewiesen.

3. Von den Kosten erster Instanz trägt der Kläger 1/3, der Beklagte 2/3, von den Kosten der Berufung trägt der Kläger 3/5, der Beklagte 2/5.

4. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Zahlungsansprüche des Klägers auf Überstundenvergütung und Wechselschichtzulage sowie über die Zulässigkeit der Erhöhung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit des Klägers.

Der Kläger ist seit 1962 als Rettungsassistent beim Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Tarifvertrag (West) über Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende des Deutschen Roten Kreuzes vom 31. Januar 1984 (TV-DRK) Anwendung. Dieser regelt in

§ 14 Regelmäßige Arbeitszeit

1. Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen durchschnittlich 39 Stunden (ab 1.4.1990: 38,5 Stunden) wöchentlich. Für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist in der Regel ein Zeitraum von 26 Wochen zu Grunde zu legen. Bei Mitarbeitern, die ständig Wechselschicht oder Schichtarbeit zu leisten haben kann ein längerer Zeitraum zu Grunde gelegt werden.

2. Die regelmäßige Arbeitszeit kann verlängert werden

  1. bis zu 10 Stunden täglich (durchschnittlich 49 Stunden wöchentlich) wenn in sie regelmäßig eine Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich mindestens 2 Stunden täglich fällt.
  2. bis zu 11 Stunden täglich (durchschnittlich 54 Stunden wöchentlich) wenn in sie regelmäßig eine Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich mindestens 3 Stunden täglich fällt,
  3. bis zu 12 Stunden täglich (durchschnittlich 60 Stunden wöchentlich) wenn der Mitarbeiter lediglich an der Arbeitsstelle anwesend sein muss, um im Bedarfsfall vorkommende Arbeiten zu verrichten.

Sonderregelungen für das Personal in Rettungsdiensten und Krankentransport (Anlage 2), Protokollnotiz:

Die Möglichkeit zur Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit nach § 14 Abs. 2 DRK-TV wird wie folgt eingeschränkt:

Ab 1 Januar 1993:

§ 14 Abs. 2 a: von 47 Stunden/Woche auf 45 Stunden/Woche

§ 14 Abs. 2 b: von 51 Stunden/Woche auf 49 Stunden/Woche

§ 14 Abs. 2 c: von 56,5 Stunden/Woche auf 44 Stunden/Woche.

§ 38 a Wechsel- und Schichtzulagen

1. Der Mitarbeiter, der ständig nach einem Schichtplan (Dienstplan) eingesetzt ist, der einen regelmäßigen Wechsel der täglich Arbeitszeit in Wechselschichten (§ 17 Abs. 6 unter Absatz 2) vorsieht und der dabei in je 5 Wochen durchschnittlich mindestens 40 Arbeitsstunden in der dienstplanmäßigen oder betriebsüblichen Nachtschicht leistet, erhält eine Wechselschichtzulage von 200,00 DM monatlich. …

3. Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für

  1. Pförtner und Wächter.
  2. Angestellte in deren regelmäßige Arbeitszeit regelmäßig eine Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich mindestens 3 Stunden täglich fällt.

§ 65 Ausschlussfristen

….

2. Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis müssen innerhalb einer Ausschlussfrist von 6 Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden anderenfalls verfallen sie. Dies gilt auch für Ansprüche des DRK gegenüber dem Mitarbeiter.

Zum 01.04.1997 erhöhte der Beklagte die regelmäßige Arbeitszeit des Klägers gemäß § 14 ...

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