Entscheidungsstichwort (Thema)

Auflösende Bedingung. unbefristete teilweise Erwerbsminderung. Wirksamkeit der auflösenden Bedingung hinsichtlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei teilweiser Erwerbsminderung einer Teilzeitkraft

 

Leitsatz (amtlich)

Die in § 33 Abs.2,3 TV-L geregelte auflösende Bedingung bei unbefristeter teilweiser Erwerbsminderung ist unwirksam, soweit nach den Feststellungen des Rentenversicherungsträgers eine Teilzeitkraft ihre bisherige Tätigkeit am bisherigen Arbeitsplatz im bisherigen Umfang ausüben kann. Eines Weiterbeschäftigungsverlangens nach § 33 Abs. 3 TV-L bedarf es in diesem Fall nicht.

 

Normenkette

TV-L § 33

 

Verfahrensgang

ArbG Ulm (Aktenzeichen 8 Ca 133/11)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 23.07.2014; Aktenzeichen 7 AZR 771/12)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ulm, Kammern Ravensburg, Az. 8 Ca 133/11 wie folgt abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der auflösenden Bedingung nicht zum 09.04.2011 beendet ist.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt das beklagte Land.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses mit dem beklagten Land gem. § 33 Abs. 2, 3 TV-L als Folge des Rentenbescheids der Deutschen Rentenversicherung vom 17.12.2010, welcher der Klägerin dem Grunde nach eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zuspricht.

Die Klägerin ist seit 11.10.2004 beim beklagten Land in 00000 Ü. als Lehrerin zu einer durchschnittlichen monatlichen Bruttovergütung in Höhe von 2.500,00 EUR in Teilzeit zu 50 Prozent (12,5 von 25 Unterrichtsstunden in der Woche) beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet auf Grund arbeitsvertraglicher Bezugnahme der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) Anwendung. Seit 01.03.2009 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt. Am 11.04.2009 endete der Entgeltfortzahlungszeitraum. Bis zum 28.08.2010 erhielt die Klägerin Krankengeld. Seit dem 29.08.2010 bezieht die Klägerin Arbeitslosengeld. Am 27.01.2010 richtete das beklagte Land an die Klägerin ein Schreiben, in dem es u. a. heißt:

"Krankmeldungen

Sehr geehrte Frau P.,

... Sollten Sie Ihren Dienst nicht wieder antreten können, teilen Sie uns bitte unverzüglich mit, ob Sie einen Rentenantrag stellen. Sollten Sie bereits einen Rentenbescheid erhalten haben, bitten wir um sofortige Übersendung des Bescheids ..."

Unter dem 14.06.2010 teilte das beklagte Land der Klägerin u. a. Folgendes mit:

"Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung gem. § 33 Absatz 2 und Absatz 4 TV-L

Sehr geehrte Frau P.,

am 28.02.2010 hatte uns Ihr Ehemann mitgeteilt, dass Sie sich einer dreiwöchigen Kur in einer Lungenkurklinik unterziehen werden. Wir hoffen, Sie hatten einen guten Reha-Erfolg.

Nachdem Sie sich aber seither nicht arbeitsfähig gemeldet haben, gehen wir davon aus, dass Sie auch weiterhin nicht arbeitsfähig sind. Nach den uns vorliegenden Informationen ist die Krankenbezugsfrist zum 29.11.2009 abgelaufen.

Bitte teilen Sie uns nun mit, ob Sie zwischenzeitlich einen Rentenbescheid wegen voll- oder teilweiser Erwerbsminderung vorliegen haben. Wenn ja, bitten wir, uns dies unverzüglich mitzuteilen.

Falls Sie noch keinen Rentenantrag gestellt haben, fordern wir Sie hiermit auf, einen Rentenantrag zu stellen und die Antragstellung innerhalb von 4 Wochen nachzuweisen.

Sollten Sie die Antragstellung innerhalb dieser Frist schuldhaft verzögern, so werden wir das Gutachten eines Amtsarztes oder eines anderen Arztes i. S. d. § 3 Abs. 5 Satz 2 TV-L anfordern. Kommt dieses Gutachten zu dem Ergebnis der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit und wird es Ihnen bekanntgegeben, endet Ihr Beschäftigungsverhältnis kraft Tarifvertrags.

Sollten Sie auch dieser Aufforderung nicht nachkommen, ist nach ausdrücklicher Abmahnung auch eine Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses aus wichtigem Grund möglich. ..."

Die Klägerin reagierte hierauf mit Schreiben vom 29.07.2010

"Sehr geehrte Damen und Herren,

nachdem meine Reha im Frühjahr d. J. mir sehr geholfen hatte, hatte ich sehr gehofft, wieder vollständig zu genesen und die Unterrichtstätigkeit wieder aufnehmen zu können. Ich habe dieses Ziel mit aller Energie verfolgt, eine Rentenantragstellung kam darüber für mich nicht in Betracht. Am 26.07.2010 hatte ich nun einen erneuten Untersuchungstermin bei dem Lungenspezialisten Prof. Dr. W. an der Medizinischen Hochschule H.. Herr Prof. W. gab mir dabei in aller Deutlichkeit zu verstehen, dass er nach dem bisherigen intensiven Bemühen um vollständige Genesung nun nicht mehr damit rechne, dass diese noch erreichbar sei. Wegen der anhaltenden Hyperreagibilität meines Bronchialsystems auf unspezifische Reize und der einhergehenden Infektionsgefährdung riet er mir von der angestrebten Fortsetzung meines Lehrerberufs klar ab.

Vor dem Hintergrund dieser enttäuschenden Entwicklung habe ich nun für den 24. August, unmittelbar im Anschluss an einen weiteren Kuraufenthalt an der Ostsee, einen Termin mit der Deutschen Re...

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