Entscheidungsstichwort (Thema)

Anpassung der Betriebsrente bei ablehnender Anpassungsentscheidung zum falschen Anpassungsstichtag. Zahlungsklage des Betriebsrentners bei unerheblichen Darlegungen der Arbeitgeberin zu Kosten einer Rückdeckungsversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

1) Fortführung der Grundsätze aus BAG 11. November 2014 - 3 AZR 116/13

2) Hat der Arbeitgeber eine (ablehnende) Anpassungsentscheidung zum "falschen" Anpassungsstichtag getroffen, so kann die Geltendmachung einer Anpassung bezogen auf diesen ("falschen") Stichtag die dreijährige Geltendmachungsfrist bezogen auf den "richtigen" Anpassungsstichtag nicht wahren. In diesem Fall ist dann aber bezogen auf den richtigen Anpassungsstichtag noch gar keine Anpassungsentscheidung getroffen, sodass eine Geltendmachung noch nach Ablauf des "richtigen" Anpassungszeitraums bis zum folgenden Anpassungsstichtag erfolgen kann.

3) Bei der Anpassungsprüfung nach § 16 Abs. 1 BetrAVG sind im Rahmen der vom Arbeitgeber zu treffenden Prognoseentscheidung die Kosten, die bei der Finanzierung von Betriebsrenten über eine Rückdeckungsversicherung entstehen, nicht mit zu berücksichtigen. Es ist vielmehr eine Vergleichsberechnung aufzustellen, ob die Rentensteigerungen, müssten sie unmittelbar aus den Unternehmenserträgen und Wertzuwächsen des Unternehmensvermögens bezahlt werden, zumutbar finanzierbar gewesen wären.

 

Normenkette

BetrAVG § 16 Abs. 1, 4 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 13.08.2015; Aktenzeichen 15 Ca 8768/14)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 26.04.2018; Aktenzeichen 3 AZR 686/16)

 

Tenor

  1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 13.08.2015 (15 Ca 8768/14) wird zurückgewiesen.
  2. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.
  3. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Anpassung der Betriebsrente des Klägers zu den Anpassungsstichtagen 01.01.2010 und 01.01.2013.

Wegen des erstinstanzlich unstreitigen und streitigen Parteivorbringens und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gem. § 69 Abs. 2, 3 ArbGG auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 13.08.2015 vollumfänglich stattgegeben. Bezogen auf das Anpassungsverlangen zum Anpassungsstichtag 01.01.2010 führte das Arbeitsgericht aus, zur Berechnung einer angemessenen Eigenkapitalverzinsung sei abzustellen auf die Umlaufrendite öffentlicher Anleihen zuzüglich eines zweiprozentigen Risikozuschlags und nicht auf die Zinssätze der Rückabzinsungsverordnung. Die Beklagte habe in den Jahren 2007 bis 2009 jeweils eine die angemessene Eigenkapitalverzinsung übersteigende Eigenkapitalrendite erwirtschaftet. Die Beklagte sei deshalb in der Lage, den Teuerungsausgleich aus den Unternehmenserträgen und den verfügbaren Wertzuwächsen des Unternehmensvermögens in der Zeit bis zum nächsten Anpassungsstichtag aufzubringen. Es sei auf die wirtschaftliche Situation der Beklagten abzustellen und nicht auf die wirtschaftliche Situation im Konzern. Es habe keine konkrete Gefahr des Durchschlagens der wirtschaftlichen Krise der amerikanischen Konzernmutter auf die Beklagte bestanden. Es sei auch nicht zulässig, die an den Rückdeckungsversicherer (fiktiv) zur Finanzierung der gewünschten Rentenanpassung zu zahlenden Prämienleistung als Einmalkosten nur dem eine angemessene Eigenkapitalverzinsung für das Jahr 2010 übersteigenden Betrag gegenüberzustellen. Der Anpassungsanspruch bezogen auf den Stichtag 01.01.2010 sei auch nicht verwirkt. Der Beklagten, nach deren bisherigen Praxis Anpassungsüberprüfungen zum falschen Stichtag erfolgten, sei erkennbar gewesen, dass der Kläger in 2011 nicht nur eine Anpassung bezogen auf den Stichtag 01.01.2011 habe begehren wollen, sondern die erste Rentenanpassung seit Rentenbeginn verlangt habe. Auch zum Stichtag 01.01.2013 habe die Beklagte eine die angemessene Eigenkapitalverzinsung übersteigende Eigenkapitalrendite erzielt. Die Prognose sei nicht durch das Geschäftsergebnis des Jahres 2013 widerlegt, da dieses nicht repräsentativ gewesen sei. Der Umsatzrückgang in 2013 habe im Wesentlichen beruht auf dem Verkauf der Geschäftsbereiche "Document Imaging" und "Personalized Imaging", in dessen Rahmen auch die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen auf den Erwerber übertragen worden seien. Wie schon 2010 habe keine konkrete Gefahr des Durchschlagens der Konzernkrise bestanden. Die (fiktive) Rückdeckungsversicherungsprämie könne nicht als Einmalbetrag der (nicht vorhandenen) eine angemessene Eigenkapitalverzinsung überschießenden Eigenkapitalrendite 2013 gegenübergestellt werden.

Dieses Urteil wurde der Beklagten am 16.09.2015 zugestellt. Hiergegen richtet sich die vorliegende Berufung der Beklagten, die am 15.10.2015 beim Landesarbeitsgericht einging und die innerhalb der bis 16.12.2015 verlängerten Begründungsfrist am 16.12.2015 begründet wurde.

Die Beklagte rügt im Wesentlichen eine Verletzung materiellen Rechts.

Sie meint, zur Ermittlung ein...

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