Verfahrensgang

ArbG Reutlingen (Urteil vom 28.09.1993; Aktenzeichen 1 Ca 447/93)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 09.03.1995; Aktenzeichen 2 AZR 1063/94)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Reutlingen vom 28.09.1993 – 1 Ca 447/93 – abgeändert.

2. Die Klage wird abgewiesen.

3. Die Klägerin trägt die Kosten beider Rechtszüge.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Parteien besteht auch im Berufungsverfahren Streit darüber, ob der Beklagte/Berufungskläger das Arbeitsverhältnis der Klägerin/Berufungsbeklagten durch Schreiben vom 17.05.1993 zu Recht aus betriebsbedingten Gründen zum 30.06.1993 gekündigt hat.

Der dem … verband angehörende Beklagte, der sich aus Beiträgen, Spenden und Zuschüssen finanziert und regelmäßig mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt, fördert geistig und körperlich behinderte Menschen, auch Schwerst- und Mehrfachbehinderte. Er unterhält zu diesem Zweck mehrere Kindergärten und Internate sowie Schulen. Der Beklagte übernimmt es auch, behinderte Kinder und Schüler zu Behinderteneinrichtungen zu befördern. Zu diesem Zweck unterhält er über 200 Kleinbusse und Pkw. Zu den Kosten, die ihm durch die Beförderung von Schülern entstehen, erhält er von den Landkreisen … und dem …, in denen er Institutionen hat, Zuschüsse. Vom Landkreis … erhält der Beklagte seit 1991 pro zu diesem Zweck gefahrenem Kilometer nach seiner bestritten Behauptung DM 1,47.

Bis ins Jahr 1990 setzte der Beklagte in der Schülerbeförderung ausschließlich Zivildienstleistende, die ihren Sold vom Bund erhalten, als Fahrer ein. Nach der Verkürzung der Zivildienstzeit ab 03.10.1990 fehlten dem Beklagten aufgrund dessen innerhalb kurzer Zeit 80 Zivildienstleistende. Anstelle von Zivildienstleistenden stellte der Beklagte daraufhin in der Folgezeit Stundenfahrer ein, so ab 17.08.1992 gegen eine Vergütung von DM 17,00 pro Einsatzstunde auch die verheiratete Klägerin, die drei Kinder hat. Auf den schriftlichen Arbeitsvertrag vom 17.08.1992 (Ablichtung Blatt 171 der Akten) wird wegen der Einzelheiten verwiesen. Bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 15 Stunden erhielt die Klägerin zuletzt eine Stundenvergütung von DM 17,47 brutto. Sie war damit beauftragt, in einem Kleinbus, den ihr der Zivildienstleistende, der als Begleitperson mitfuhr, morgens brachte, zwei in … und fünf in … wohnhafte behinderte Kinder werktäglich zwischen 07.25 Uhr und 08.50 Uhr zur Körperbehindertenschule in … zu fahren und zwischen 15.00 Uhr und 16.40 Uhr von dort abzuholen und wieder nach Hause zu bringen. Im Schuljahr 1992/1993 ließ der Beklagte insgesamt 54, Beförderungstouren fahren. Im Schuljahr 1993/1994 ergaben sich 56 Touren. Die Kinder, welche die Klägerin im Schuljahr 1992/1993 befördert hatte, wurden für das Schuljahr 1993/1994 auf vier andere Touren verteilt.

Der Beklagte hatte in einem an die Stunden- und Aushilfsfahrer gerichteten Rundschreiben vom 21.04.1993 unter anderem erhebliche Veränderungen in der Organisation der Fahrdienste und namentlich den Wegfall von Fahrtrouten angekündigt. Auf die Ablichtung des Rundschreibens (Blatt 13 und 14 der Akten) wird wegen der Einzelheiten verwiesen. Nachdem der Beklagte die bei ihm gewählte Mitarbeitervertretung mit Schreiben vom 12.05.1993 davon unterrichtet hatte, daß ab dem Schuljahr 1993/1994 einzelne Touren nicht mehr gefahren würden und davon unter anderem die Klägerin betroffen sei, und diese eine Änderungskündigung zum 30.06.1993, verbunden mit dem Angebot erhalten solle, im hauswirtschaftlichen Bereich als hauptamtliche Mitarbeiterin tätig zu werden – auf die Ablichtung dieses Schreibens (Blatt 15 und 16 der Akten) wird wegen der Einzelheiten verwiesen –, und der Personalratsvorsitzende dem Zeugen … unter dem 17.05.1993 telefonisch mitgeteilt hatte, daß gegen die anstehenden Kündigungen/Änderungskündigungen von acht Stundenfahrern seitens der Mitarbeitervertretung keine Einwendungen erhoben würden, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch Schreiben vom 17.05.1993 mit der Begründung zum 30.06.1993, ihre Fahrtroute sei weggefallen. Gleichzeitig bot der Beklagte ihr an, sie im hauswirtschaftlichen Bereich weiterzubeschäftigen. Auf die Ablichtung des Kündigungsschreibens vom 17.05.1993 (Blatt 5 und 6 der Akten) wird wegen der Einzelheiten verwiesen. Das Angebot, im hauswirtschaftlichen Bereich weiterbeschäftigt zu werden, hat die Klägerin am 21.05.1993 gegenüber dem Beklagten abgelehnt; sie hat allerdings ihr Interesse bekundet, weiterhin im Fahrdienst eingesetzt zu werden.

Am 12.08.1992 hatte der Beklagte eine Frau … als Stundenfahrerin eingestellt, die ihre Arbeit am selben Tag wie die Klägerin aufgenommen hat. Frau …, die etwa 10 Jahre älter ist als die Klägerin, und ebenfalls drei Kinder hat, die älter sind als diejenigen der Klägerin, wurde nicht gekündigt.

Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin gegen die Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses durch den Beklagten. Sie hat geltend gemacht, die Kündigung sei rechtsunwir...

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