Entscheidungsstichwort (Thema)

Altersteilzeit im öffentlichen Dienst (TV ATZ). Anspruch auf Blockmodell/Ermessensentscheidung. Gleichbehandlung. Überforderungsschutz (§ 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 ATZG). Abschluss einer Altersteilzeitvereinbarung im Blockmodell. Ermessensentscheidung des Arbeitgebers. Erfüllung der Überlastquote. Gleichbehandlungsgrundsatz

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein öffentlicher Arbeitgeber kann gegenüber einem Arbeitnehmer, der den Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses verlangt und die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 2 des Tarifvertrags zur Regelung der Altersteilzeitarbeit (TV Altersteilzeit) vom 05.05.1998 i.d.F.v. 30.06.2000 erfüllt, nicht ohne Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls einwenden, dem Arbeitnehmer stehe ein Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses nicht zu, weil die sog. Überlastquote erreicht sei. Auch bei Überschreitung der Grenze des § 3 Abs. 1 Nr. 3 AltersteilzeitG kann ein Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrags gegeben sein.

2. Höhere Kosten des Blockmodells durch Rückstellungen und Insolvenzsicherung, sind bei der Überprüfung der dem Blockmodell entgegenstehenden Sachgründe gegenüber dem Teilzeitmodell ohne Bedeutung.

 

Normenkette

AltersteilzeitG § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 3; Tarifvertrag Altersteilzeit

 

Verfahrensgang

ArbG Karlsruhe (Urteil vom 17.04.2009; Aktenzeichen 11 Ca 28/08)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.10.2011; Aktenzeichen 9 AZR 225/10)

 

Tenor

I. Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 17.04.2009 – 11 Ca 28/08 wird auf Kosten des Landes zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger vom beklagten Land den Abschluss einer Vereinbarung über Altersteilzeit im Blockmodell beanspruchen kann.

Der am 31.05.1948 geborene Kläger ist Diplomchemiker und seit Juli 1968 im Forschungszentrum K. beschäftigt. Bis zum 30.09.2009 wurde diese von der öffentlichen Hand getragene Großforschungseinrichtung in der Rechtsform einer GmbH betrieben. Gesellschafter waren die Bundesrepublik Deutschland mit einem Anteil von 90 %, das Land B.-W. mit einem solchen in Höhe von 10 %.

Mit Wirkung zum 01.10.2009 wurde das Forschungszentrum K. GmbH mit der Universität K. zusammengeführt zu einem K. Institut für Technologie (KIT). Zum 01.10.2009 war das Arbeitsverhältnis des Klägers auf das Land B.-W. übergegangen.

Seit dem Jahr 2000 ist der Kläger einer von vier Abteilungsleitern der Hauptabteilung Sicherheit. Die Tätigkeit ist für Teilzeitarbeit nicht geeignet.

Auf die Arbeitsverhältnisse der beim Forschungszentrum K. beschäftigten Arbeitnehmer finden die Tarifverträge für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes Anwendung, darunter der Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit vom 05.05.1998, neu gefasst durch Änderungs-TV vom 30.06.2000 (i. d. F. nur TV ATZ). Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 06.06.1978 enthält in § 2 die Bezugnahme auf den BAT sowie die für den Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge.

Das Forschungszentrum K. schloss mit seinen Arbeitnehmern in der Vergangenheit Altersteilzeitarbeitsverträge gem. dem TV ATZ ab. Hierbei war vor dem vom Kläger gewünschten Beginn seiner Altersteilzeitarbeit die Quote gem. § 3 Abs. 1 Nr. 3 Alt 1 ATZG bereits weit überschritten. Im Februar 2009 beschäftigte das Forschungszentrum K. 3.181 Arbeitnehmer, davon befanden sich 321 in Altersteilzeit.

Mit Rundschreiben vom 08.03.2006, welches sich auch an das Forschungszentrum K. richtete (vgl. im Einzelnen Vor.A. Bl. 46/47), wurde seitens des Bundesministeriums des Inneren den Obersten Bundesbehörden zum Betreff „Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit (TV ATZ) vom 05.05.1998 mit dem Bezug „BMI-Rundschreiben vom 22. November 2005 (GMBl S. 1346) zur Altersteilzeitarbeit von Tarifbeschäftigten des Bundes” u. a. mitgeteilt: „Bezugnehmend auf die o. g. Rundschreiben gebe ich zur Bewilligung von Altersteilzeitarbeitsverhältnissen bei Tarifbeschäftigten des Bundes folgende Hinweise:

… Weder aus § 2 TV ATZ noch aus § 3 TV ATZ lässt sich jedoch ein Rechtsanspruch der bzw. des Beschäftigten auf die Vereinbarung eines bestimmten Arbeitszeitmodells während der Altersteilzeitarbeit gegen seinen Arbeitgeber ableiten.

Vor diesem Hintergrund und unter Verfolgung des Grundsatzes, dass die Bewilligung von Altersteilzeitarbeitsverhältnissen zu keinen zusätzlichen finanziellen Belastungen des Bundeshaushalts führen darf, ist in Ergänzung meines Bezugsrundschreibens vom 22. November 2005 bei der Entscheidung über Anträge auf Altersteilzeitarbeit nach dem TV ATZ ab sofort (Stichtag: 17.02.2006) wie folgt zu verfahren:

1. Ab sofort soll Altersteilzeitarbeit grundsätzlich nur noch nach § 3 Abs. 2 Buchst. b TV ATZ als Teilzeitmodell bewilligt werden. Bewilligungen im Blockmodell nach § 3 Abs. 2 Buchst. a TV ATZ sind ab sofort ausgeschlossen.

2. Ausnahmen von der Einschränkung nach Ziff. 1 gelten

2.

Für die nachfolgend im Einvernehmen mit dem Bund...

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