Entscheidungsstichwort (Thema)

Abfindungsanspruch – bei der Auslegung der Vereinbarung zu berücksichtigende Umstände – Günstigkeitsprinzip im Verhältnis zu einer Betriebsvereinbarung – Anforderungen an den Wegfall der Geschäftsgrundlage

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 22.03.2001; Aktenzeichen 17 Ca 8752/00)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 22.03.2001 – 17 Ca 8752/00 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Von einer ausführlichen Darstellung des Prozessstoffes wird im Hinblick auf § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen, nachdem das Urteil des Landesarbeitsgerichts der Revision nicht unterliegt. Stattdessen wird auf den Inhalt des angefochtenen arbeitsgerichtlichen Urteils verwiesen.

Die Beklagte hat gegen das der Klage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts Berufung eingelegt.

Sie ist weiterhin der Meinung, dass dem Kläger nach den Bestimmungen des Aufhebungsvertrags vom 09.11.1998 in Verbindung mit der Betriebsvereinbarung vom 13.11.1996 nur ein Abfindungsbetrag in Höhe von 593.856,– DM zustehe, so dass die Klage auf Zahlung des Differenzbetrages unbegründet sei.

Die Auslegung des Aufhebungsvertrages ergebe nämlich, dass die Parteien einen bestimmten Berechnungsmodus zur Ermittlung der Höhe des Abfindungsanspruchs des Klägers vereinbart hätten und keine Abfindung in Form eines bestimmten Zahlbetrages. Im Aufhebungsvertrag sei auf die Betriebsvereinbarung vom 13.11.1996 verwiesen, nach deren § 3 70 % der bei Ausscheiden erreichten Tabellenvergütung sowie 70 % der anderen anzurechnenden Vergütungsbestandteile durch die Abfindung ausgeglichen werden sollten. Gemäß § 3.1 f der Betriebsvereinbarung habe das Arbeitslosengeld angerechnet werden sollen, welches der Kläger zum Zeitpunkt des Eintritts in die Frühpensionierung erhalten würde. Insoweit sei die letzte von der Beklagten vorgenommene Berechnung vom 15.03.1999 bezüglich des vom Kläger tatsächlich zu beziehenden Arbeitslosengeldes fehlerhaft wegen der Änderungen der Sperr- und Ruhenszeiten, die auf Grund einer späteren Gesetzesänderung durch das nunmehr die Arbeitsförderung regelnde SGB III erfolgt seien. Diese Gesetzesänderung habe Einfluss auf die Höhe der Abfindung, da die Anrechnung des Arbeitslosengeldes vereinbart sei. Aus § 2 der Betriebsvereinbarung ergebe sich auch, dass lediglich Veränderungen des Arbeitslosengeldes nach dessen erstmaliger Festsetzung keinen Einfluss mehr auf die Höhe der Abfindung haben sollten, dies lasse erkennen, dass vor dieser ersten Festsetzung des Arbeitslosengeldes keine endgültige Berechnung habe erfolgen sollen.

Auch spreche Ziff. 3 des Aufhebungsvertrages von Verpflichtungen des Frühpensionärs, bei deren Verletzung die fiktiven Leistungen angerechnet werden sollten. Auch dies zeige, dass nachträgliche Änderungen noch zu berücksichtigen seien. Daraus ergebe sich zwangsläufig, dass jede Veränderung des Arbeitslosengeldes während der Laufzeit des Vertrages, die sich zu Gunsten des Klägers auswirke, von der Beklagten angerechnet werden könnte.

Die Beklagte hat daher in zweiter Instanz den Antrag gestellt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 22.03.2001 – 17 Ca 8752/00 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger hat beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger entgegnet, es treffe zu, dass im Aufhebungsvertrag der Parteien vom 09.11.1998 nur eine vorläufige Berechnung der Abfindung vorgenommen worden sei. Es sei aber vereinbart worden, dass die endgültige Festsetzung auf der Grundlage der zu berücksichtigenden Vergütung des letzten Beschäftigungsmonats vor dem Ausscheiden habe erfolgen sollen. Diese endgültige Festsetzung sei dann von der Beklagten im März 1999 mit Schreiben vom 15.03.1999 mit einer Abfindung von 621.178,– DM vorgenommen worden.

Zwischen den Parteien sei keine Berechnungsmethode, sondern ein konkreter Abfindungsbetrag vereinbart worden. Die Bestimmungen des Aufhebungsvertrags seien mit der endgültigen Festsetzung im März 1999 abgeschlossen gewesen. Weder Betriebsvereinbarung noch Aufhebungsvertrag ermöglichten der Beklagten, die vereinbarte Abfindung zu reduzieren. Auch die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage fänden vorliegend keine Anwendung. Die Berechnung der Beklagten vom 15.03.1999 sei von der Beklagten unter Anrechnung des damaligen Arbeitslosengeldbetrags vorgenommen worden. Die Änderung des AFG/SGB III sei für diese Berechnung ohne Bedeutung. Die Änderung habe auch nur die Dauer der Arbeitslosengeldzahlung, nicht die Höhe des Arbeitslosengeldes betroffen. Es komme aber auf die Höhe, nicht auf die Bezugsdauer des Arbeitslosengelds bezüglich der Anrechnung auf die Abfindung an. Wenn die Beklagte nachträgliche Änderungen der Arbeitslosengeldzahlung habe berücksichtigen wollen, so hätte sie sich ein derartiges Recht im Aufhebungsvertrag vorbehalten müssen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsä...

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