Entscheidungsstichwort (Thema)

Kraftomnibusfahrer. Fahrtunterbrechungen. Blockpausen und Sechstelregelung. Anforderungen an die Fahrtunterbrechungen gemäß § 1 FPersV im Linienverkehr

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Auslegung von § 1 FPersV ergibt nicht, dass beim Linienverkehr mit einer Linienlänge von bis zu 50 km und einem Haltestellenabstand von nicht mehr als 3 km Dienstpläne Fahrtunterbrechungen allein nach Maßgabe des § 1 Abs. 3 Ziffer 2 FPersV enthalten dürfen.

2. Der Verordnungsgeber hat in § 1 Abs. 3 Nr. 2 FPersV von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, beim Linienverkehr mit einem Haltestellenabstand von nicht mehr als 3 km zusätzlich zu der in § 1 Abs. 3 Nr. 1 FPersV enthaltenen Blockpausenregelung eine weitere Gestaltungsmöglichkeit der Fahrtunterbrechungen mit der in § 1 Abs. 3 Nr. 2 FPersV enthaltenen Sechstelregelung zuzulassen.

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 17.08.2011; Aktenzeichen 29 Ca 3051/11)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 06.05.2014; Aktenzeichen 9 AZR 575/12)

 

Tenor

  • 1.

    Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 17.08.2011 - 29 Ca 3051/11 - wird zurückgewiesen.

  • 2.

    Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.

  • 3.

    Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die in den Dienstplänen der Beklagten für den Kläger vorgesehene Gestaltung der Fahrtunterbrechungen zulässig ist.

Die Beklagte betreibt den öffentlichen Personennahverkehr in der Stadt S.. Der Kläger ist bei der Beklagten als Omnibusfahrer im Linienverkehr eingesetzt. Die Linienlänge beträgt nicht mehr als 50 km, der Abstand zwischen den Haltestellen nicht mehr als 3 km. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Bezirkstarifvertrag für die kommunalen Nahverkehrsbetriebe in Baden-Württemberg (i. F. BzTV-N BW) Anwendung.

In der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 3821/85 und (EG) Nr. 2135/98 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates ist unter anderem geregelt:

Artikel 3

Diese Verordnung gilt nicht für Beförderungen im Straßenverkehr mit folgenden Fahrzeugen:

a)

Fahrzeuge, die zur Personenbeförderung im Linienverkehr verwendet werden, wenn die Linienstrecke nicht mehr als 50 km beträgt; ...

Artikel 4

Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck ...

b)

"Fahrzeug" ein Kraftfahrzeug, eine Zugmaschine, einen Anhänger oder Sattelanhänger oder eine Kombination dieser Fahrzeuge gemäß den nachstehenden Definitionen:

- "Kraftfahrzeug": jedes auf der Straße verkehrende Fahrzeug mit Eigenantrieb, das normalerweise zur Personen- oder Güterbeförderung verwendet wird, mit Ausnahme von dauerhaft auf Schienen verkehrenden Fahrzeugen;

d)

"Fahrtunterbrechung" jeden Zeitraum, in dem der Fahrer keine Fahrtätigkeit ausüben und keine anderen Arbeiten ausführen darf und der ausschließlich zur Erholung genutzt wird; ...

Artikel 7

Nach einer Lenkdauer von viereinhalb Stunden hat ein Fahrer eine ununterbrochene Fahrtunterbrechung von wenigstens 45 Minuten einzulegen, sofern er keine Ruhezeit einlegt.

Diese Unterbrechung kann durch eine Unterbrechung von mindestens 15 Minuten, gefolgt von einer Unterbrechung von mindestens 30 Minuten, ersetzt werden, die in die Lenkzeit so einzufügen sind, dass die Bestimmungen des Absatzes 1 eingehalten werden.

In der Verordnung zur Durchführung des Fahrpersonalgesetzes (FPersV) in der Fassung vom 19.12.2011, die am 23.12.2011 in Kraft getreten ist, heißt es unter anderem:

§ 1 Lenk- und Ruhezeiten im Straßenverkehr

(1)

Fahrer ...

2.

von Fahrzeugen, die zur Personenbeförderung dienen, nach ihrer Bauart und Ausstattung geeignet und dazu bestimmt sind, mehr als neun Personen einschließlich Fahrer zu befördern, und im Linienverkehr mit einer Linienlänge bis zu 50 Kilometern eingesetzt sind,

haben Lenkzeiten, Fahrtunterbrechungen und Ruhezeiten nach Maßgabe der Artikel 4, 6 bis 9 und 12 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften m Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 3821/85 und (EG) Nr. 2135/98 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates (ABl. EU Nr. L 102 S. 1) einzuhalten. ...

(3)

Abweichend von Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 haben Fahrer von Kraftomnibussen im Linienverkehr mit einer Linienlänge bis zu 50 Kilometern Fahrtunterbrechungen nach Maßgabe der folgenden Vorschriften einzuhalten:

1.

Beträgt der durchschnittliche Haltestellenabstand mehr als drei Kilometer, so ist nach einer Lenkzeit von viereinhalb Stunden eine Fahrtunterbrechung von mindestens 30 zusammenhängenden Minuten einzulegen. Diese Fahrtunterbrechung kann durch zwei Teilunterbrechungen von jeweils mindestens 20 zusammenhängenden Minuten oder drei Teilunterbrechungen von jeweils mindestens 15 Minuten ersetzt...

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