Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert für Kündigungsschutzantrag mit uneigentlichen Hilfsanträgen zu Weiterbeschäftigung und Annahmeverzugsvergütung bei vergleichsweiser Erledigung des Rechtsstreits

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung für die Dauer des Kündigungsschutzverfahrens und der Antrag auf unmittelbar vom streitigen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses abhängige Annahmeverzugsvergütung sind als für den Fall des Erfolgs des Bestandsschutzbegehrens gestellte uneigentliche Hilfsanträge zu verstehen. Dies gilt auch dann, wenn sie nicht ausdrücklich als solche bezeichnet werden. Von ihrer Unbedingtheit ist nur auszugehen, wenn gerade der Wille, einen unbedingten Antrag stellen zu wollen, ausdrücklich erklärt wird (Anschluss an BAG 30. August 2011 - 2 AZR 668/10 (A) - [...] Rn 3).

2. Ein eventualkumulierter allgemeiner Weiterbeschäftigungsantrag und ein unmittelbar vom streitigen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses abhängiger Annahmeverzugsanspruch wirken sich nur streitwerterhöhend aus, soweit eine Entscheidung über sie ergeht oder sie in einem Vergleich sachlich mitgeregelt werden (Anschluss an BAG 13. August 2014 - 2 AZR 871/12 - [...] Rn 5).

3. Eine sachliche Regelung zum allgemeinen Weiterbeschäftigungsantrag kommt nur in Betracht, wenn der Prozessvergleich Vereinbarungen über den Zeitraum ab dem ursprünglich gesetzten Beendigungszeitpunkt enthält und der vereinbarte spätere Beendigungszeitpunkt bei Vergleichsabschluss noch nicht verstrichen ist. Denn eine tatsächliche Beschäftigung ist nur für die Zukunft regelbar.

 

Normenkette

GKG § 42 Abs. 2 S. 1, § 45 Abs. 1 Sätze 2-3, Abs. 4, § 48 Abs. 1; ZPO § 3; BGB § 779 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Heilbronn (Entscheidung vom 08.05.2015; Aktenzeichen 5 Ca 220/14)

 

Tenor

Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Heilbronn vom 08.05.2015 - 5 Ca 220/14 - in Gestalt des Teilabhilfebeschlusses vom 10.06.2015 - 5 Ca 220/14 - wird zurückgewiesen.

 

Gründe

A.

Die Beschwerde betrifft die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts gemäß § 63 Abs. 2 GKG.

Im Ausgangsverfahren wandte sich der gegen eine durchschnittliche Bruttomonatsvergütung in Höhe von 1.644,27 € bei der Beklagten beschäftigte Kläger gegen die ordentliche Arbeitgeberkündigung vom 09.09.2014 zum 13.09.2014 (Antrag zu 1), begehrte die allgemeine Feststellung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses (Antrag zu 2), hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit den Bestandsschutzanträgen die vorläufige Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Bestandsschutzrechtsstreits (Antrag zu 3), ein qualifiziertes Zwischenzeugnis (Antrag zu 4), hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit den Bestandsschutzanträgen ein qualifiziertes Beendigungszeugnis (Antrag zu 5), die Bezahlung von Annahmeverzugsvergütung in Höhe von 11.509,90 € brutto für die Monate September 2014 bis März 2015 (Antrag zu 6) sowie Vergütungsabrechnungen für diese Monate (Antrag zu 7).

Der Rechtsstreit endete durch Vergleich vom 08.05.2015 (im Folgenden: "Vergleich" ≪Bl. 139 f. der Akte≫). Darin ist u.a. geregelt:

"1. Die Parteien stellen außer Streit, dass das Arbeitsverhältnis einvernehmlich auf Veranlassung der Beklagten mit Ablauf des 30.04.2015 ohne Verschulden einer Partei geendet hat. Damit bestand das Arbeitsverhältnis vom 28.07.2014 bis 30.04.2015.

2. Die Beklagte wird die Arbeitsvergütung für den Kläger für die Zeit vom 15.01.2015 bis 30.04.2015 nachberechnen und an den Kläger bezahlen. Für den Zeitraum vom 14.09.2014 bis 14.01.2015 erhält der Kläger keine Vergütung.

...

4. Die Kosten des vom Kläger absolvierten Schweißerkurses zum Alu-Schweißer trägt die Beklagte.

5. Die Beklagte verpflichtet sich, dem Kläger ein wohlwollend formuliertes, qualifiziertes Arbeitszeugnis zu erteilen."

Das Arbeitsgericht hat den für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert auf 13.729,65 € (9.865,62 € ≪= die eingeklagte Vergütung für September 2014 bis Februar 2015≫, je 1.644,27 € für den Weiterbeschäftigungs- und den Zwischenzeugnisantrag sowie 575,49 € ≪1.644,27 € x 5% x 7 Monate für den Abrechnungsanspruch≫ und einen Vergleichsmehrwert in Höhe von 800,00 € für die Regelung gemäß Nr. 4 des Vergleichs festgesetzt.

Mit der Beschwerde begehrt der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Erhöhung des für die Gerichtsgebühren maßgebenden Werts auf 17.100,47 € (zuzüglich 1.644,27 € für die eingeklagte Annahmeverzugsvergütung sowie die Bemessung des Abrechnungsanspruchs statt mit 5 % mit 20 % der Vergütung für den Abrechnungszeitraum) und des Vergleichsmehrwerts auf 2.773,12 € (neben den zuerkannten 800,00 € für die Nr. 4 des Vergleichs weitere 1.644,27 € für die geregelte Annahmeverzugsvergütung für April 2015 sowie 328,85 € ≪20 % von 1.644,27 €≫ für die vereinbarte Abrechnung für April 2015).

Das Arbeitsgericht hat der zuletzt noch begehrten Anhebung nicht entsprochen und die Beschwerde dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

B.

Die Beschwerde des Prozessbevollmächt...

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