Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsstellung des Betriebsrats hinsichtlich der Beschaffung einer Unfallanzeige bei der Berufsgenossenschaft

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Betriebsrat hat keinen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Vorlage/auf Beschaffung von Kopien der durch eine Drittfirma gegenüber der Berufsgenossenschaft gefertigten Unfallanzeigen, die einen Arbeitsunfall eines Arbeitnehmers einer Drittfirma, die der Arbeitgeber auf der Grundlage von Werk-/Dienstverträgen für sein Unternehmen einsetzt, auf seinem Betriebsgelände anzeigen.

2. Der Betriebsrat hat keinen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Unterrichtung über auf dessen Betriebsgelände geschehene Arbeitsunfälle von Arbeitnehmern einer Drittfirma, die der Arbeitgeber auf der Grundlage von Werk-/Dienstverträgen für sein Unternehmen u. a., auf seinem Betriebsgelände einsetzt.

 

Normenkette

ArbSchG § 6 Abs. 2, § 8; BetrVG § 2 Abs. 1, § 5 Abs. 1, § 80 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 06.12.2016; Aktenzeichen 7 BV 206/16)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 12.03.2019; Aktenzeichen 1 ABR 48/17)

 

Tenor

  1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 06.12.2016 - Az: 7 BV 206/16 - wird zurückgewiesen.
  2. Für die Anträge Ziff. 1, Ziff. 2 und Ziff. 3 des Beteiligten zu 1 vom 14.02.2017 wird die Rechtsbeschwerde für diesen zugelassen; im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen.
 

Gründe

A. Sachverhalt

Die Beteiligten streiten in der Beschwerde noch darüber, welche Beteiligungs- und Informationsrechte dem Beteiligten zu 1 (im Weiteren: Betriebsrat) gegenüber der Beteiligten zu 2 (im Weiteren: Arbeitgeberin) zustehen bzw. von der Arbeitgeberin gegenüber dem Betriebsrat zu beachten sind, wenn Arbeitnehmer von Fremdfirmen/Servicepartner der Arbeitgeberin auf deren Betriebsgelände und/oder in deren Betriebsgebäude in Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit, die sie auf Grund eines zwischen der Arbeitgeberin und der Fremdfirma/dem Servicepartner abgeschlossenen Vertrag ausführen, verunfallen.

Der Antragsteller ist der nach einem Tarifvertrag iSd. § 3 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG gewählte mehrköpfige Betriebsrat für die Niederlassungen der Arbeitgeberin in S., N. und H. (bei F.) - der sogenannten Area S. -. Die Arbeitgeberin hat ihre zentrale Verwaltung in B. und beschäftigt in ihren zahlreichen Niederlassungen in der Bundesrepublik ca. 1.300 Arbeitnehmer. Für sie sind darüber hinaus im Rahmen von Verträgen mit sogenannten Servicepartnern und bei diesen angestellten Arbeitnehmern ca. 2.500 weitere Personen tätig, insbesondere als Kurierfahrer und im Terminal auf ihren Betriebsgeländen und ihren Betriebsgebäuden tätigen. Der Inhalt dieser Verträge basiert auf Vertragsmustern, etwa dem "Servicepartner-Vertrag Basis" (gültig ab 01.01.2014), bzgl. dessen Einzelheiten vollinhaltlich auf die Anlage A 1 zur Beschwerdebegründung des Betriebsrats vom 14.02.2017 (Bl. 38 bis 50 d. Akten) verwiesen wird. Im Rahmen dieser Verträge haben die Servicepartner unter anderem auch bei der Arbeitgeberin herrschende Verhaltensregeln ("Code of Conduct") zu beachten. Betreffend deren konkreten Inhalt für Lieferanten wird auf die Anlage A 2 zur Beschwerdebegründung des Betriebsrats vom 14.02.2017 (Bl. 51, 52 d. Akten) verwiesen.

Der Betriebsteil der Arbeitgeberin "Station F." wurde im November 2015 von L. nach H. verlegt. Im November 2015 und am 25.01. und 18.02.2016 ereigneten sich auf dem Betriebsgelände der Arbeitgeberin in H. vier Arbeitsunfälle. Die Unfälle am 25.01. und 18.02.2016 betrafen Mitarbeiter des Servicepartners der Arbeitgeberin, der Firma W., die sowohl morgens in der Zeit von ca. 05.00 Uhr bis 09.00 Uhr als auch abends in der Zeit von 16.00 Uhr bis 20.00 Uhr durchgehend in der Halle der Arbeitgeberin arbeiten, wobei sie Betriebsmittel der Arbeitgeberin nutzen. Unter anderem verwenden die Arbeitnehmer der Firma W. beim Beladen einer Palette mit zu versendenden Gütern aus dem Gebäude der Arbeitgeberin über die dort befindliche Rampe in den Transporter auf einem Handhubwagen sogenannte Überladebleche der Arbeitgeberin, über die die Handwagen von der Rampe auf die Ladefläche des Transporters verbracht werden. Am 25.01.2016 rutschte beim Beladen einer Palette für die Fernverkehrstour nach Br. mit einem Handhubwagen durch einen Arbeitnehmer der Firma W. das Überladeblech weg, der Arbeitnehmer der Firma W. geriet dadurch in den entstehenden Spalt zwischen Halle und Transporter und schlug sich dabei das Schienbein auf. Beim Unfall am 18.02.2016 rutschte beim Entladen einer Palette der Fernverkehrstour aus St. (einer anderen Niederlassung der Arbeitgeberin) mit einem Handhubwagen wiederum das Überladeblech weg, der Arbeitnehmer der Firma W. geriet dadurch in den entstehenden Spalt zwischen Halle und Transporter und zog sich dabei einen Muskelfaserriss zu. Eine Meldung dieser Arbeitsunfälle gegenüber dem Betriebsrat erfolgte durch die Arbeitgeberin nicht. Ebenso wenig meldete die Arbeitgeberin diese Unfälle der Berufsgenossenschaft...

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