Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert. Reduzierung der täglichen Arbeitszeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Wertung eines Antrags auf Verringerung der Arbeitszeit / Verteilung der verringerten Arbeitszeit auf zusammenhängende Arbeitstage richtet sich als vermögensrechtliche Streitigkeit nach § 48 Abs. 1 GKG i. V. mit § 3 ZPO.

2. Im Rahmen der nach § 48 Abs. 1 GKG i. V. mit § 3 ZPO nach freiem Ermessen vorzunehmenden Schätzung des Werts ist es nicht ermessensfehlerhaft, wenn sich das Gericht im Rahmen seiner Ermessenentscheidung von der Bewertungsgröße des Monatsgehalts der klagenden Partei leiten lässt.

 

Normenkette

GKG § 48 Abs. 1-2, § 68 Abs. 1 S. 1, § 39 Abs. 1; TzBfG § 8 Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 18.05.2010; Aktenzeichen 13 Ca 141/10)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beschwerdeführer gegen den Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Freiburg – Kammern Villingen-Schwenningen – vom 18. Mai 2010 – 13 Ca 141/10 – wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Beschwerde der Beschwerdeführer (Prozessbevollmächtigte des Klägers) richtet sich gegen die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts gemäß § 63 Abs. 2 GKG.

Im Ausgangsverfahren begehrte der Kläger die Reduzierung seiner arbeitstäglichen Arbeitszeit von bislang zehn Stunden auf zukünftig sechs Stunden mit Wirkung ab 1. Juli 2010. Der Rechtsstreit endete durch Vergleich gemäß Beschluss vom 18. Mai 2010, wonach die Parteien außer Streit stellten, dass die Beklagte dem Kläger derzeit einen Teilzeitarbeitsplatz im begehrten Umfang nicht zur Verfügung stellen könne. Die Beklagte verpflichtete sich jedoch, den Kläger unverzüglich über die Möglichkeit einer Teilzeitbeschäftigung zu informieren und sodann ein entsprechendes Angebot zu unterbreiten.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 18. Mai 2010 den für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert auf EUR 5.850,00 festgesetzt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beschwerdeführer, mit der die Festsetzung eines Streitwerts in Höhe von EUR 15.000,00 unter Bezugnahme auf die frühere Rechtsprechung der Kammer 3 des Landesarbeitsgerichts begehrt wird.

Das Arbeitsgericht hat mit ausführlich begründetem Beschluss vom 29. Juni 2010 der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die nach dem Wert der Beschwer (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist unbegründet. Der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert ist vom Arbeitsgericht ermessensfehlerfrei festgesetzt worden. Die nach § 48 Abs. 1 GKG i. V. m. § 3 ZPO zu treffende Ermessensentscheidung des Arbeitsgerichts ist nach Auffassung der Beschwerdekammer vorliegend nicht zu beanstanden und hält sich im Rahmen des dem Arbeitsgericht zustehenden Ermessens.

1. Die Bewertung eines Antrags auf Verringerung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit und Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Arbeitstage nach § 8 Abs. 4 TzBfG erfolgt als vermögensrechtliche Streitigkeit nach § 48 Abs. 1 GKG i. V. m. § 3 ZPO.

§ 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO kommt als Maßstab für die nach freiem Ermessen vorzunehmende Schätzung des Gebührenstreitwerts aber nur in vermögensrechtlichen Streitigkeiten in Betracht. Im Falle einer nicht vermögensrechtlichen Streitigkeit bemisst sich der Streitwert nach § 48 Abs. 2 GKG. Er orientiert sich dann nicht am Interesse desjenigen, der das Verfahren einleitet, sondern an den in dieser Vorschrift genannten Umständen. Der Anspruch nach § 8 TzBfG ergibt sich aus dem als vermögensrechtlich zu begreifenden Arbeitsverhältnis. Es geht um die Verurteilung zu einer Willenserklärung, mit der dieses vermögensrechtliche Rechtsverhältnis inhaltlich geändert wird. Das Teilzeitverlangen ist deshalb nach der ständigen Rechtsprechung der für Streitwertbeschwerden zuständigen Kammern des Landesarbeitsgerichts als vermögensrechtliche Streitigkeit angesehen worden (statt vieler LAG Baden-Württemberg 15. Februar 2002 – 3 Ta 5/02NZA-RR 2002, 325; 4. Januar 2008 – 3 Ta 259/07JurBüro 2008, 250; 24. Juni 2009 – 5 Ta 10/09JurBüro 2009, 533, zu II 1 a der Gründe). Auch bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten können neben rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten auch immaterielle Interessen (Affektionsinteresse) bei der Bewertung herangezogen werden, wenn gerade diese Anlass für den Rechtsstreit sind und diesem seinen Sinn verleihen (vgl. BGH 16. Januar 1991 – XII ZR 244/90 – FamRZ 1991, 547). Dieses Interesse ist gerade dann kennzeichnend für die angestrebte Verringerung der Arbeitszeit, wenn damit nicht eine anderweitige entgeltliche Verwendung der Arbeitskraft angestrebt wird, sondern familiäre und sonstige ideelle Umstände dieses Bestreben tragen.

2. Unter Berücksichtigung dieser Überlegungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet. Der vom Arbeitsgericht festgesetzte Wert wird dem Interesse des Klägers zum Zeitpunkt der Einreichung der Klage (§ 40 GKG) gerecht. Nach Auffassung der Beschwerdekammer ist der Streitwert für Anträge, gerichtet auf eine Verringe...

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