Um auszuschließen, dass in Einzelfällen von Planern, Behörden oder Gerichten zur Beurteilung des Kinderlärms von Einrichtungen zur Kinderbetreuung die TA Lärm, die Sportlärmverordnung oder die LAI-Freizeitlärmrichtlinie herangezogen werden, hat der Bundesgesetzgeber mit § 22 Abs. 1a BImSchG zur Beurteilung der von Kindern in Kinderbetreuungseinrichtungen ausgehenden Geräusche eine spezielle Regelung beschlossen.[1] Danach sind "Geräuscheinwirkungen, die von Kindertagesstätten, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, (…) im Regelfall keine schädlichen Umwelteinwirkungen. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden".

§ 22 Abs. 1a BImSchG privilegiert den von den erfassten Einrichtungen durch Kinder hervorgerufenen Lärm in zweifacher Hinsicht.

  • Zunächst verbietet § 22 Abs. 1a BImSchG, bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen durch Kinder auf Immissionsgrenz- und -richtwerte technischer Regelwerke abzustellen.
  • Für die danach notwendige Einzelfallabwägung enthält § 22 Abs. 1a BImSchG die Vorgabe, dass die genannten Geräuscheinwirkungen "im Regelfall" keine schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG sind.

Für den Regelfall einer Kindertagesstätten- oder Kinderspielplatznutzung gilt also ein absolutes Toleranzgebot.[2]

Die gesetzliche Privilegierung von Kinderlärm betrifft "Geräuscheinwirkungen" auf die Wohnnachbarschaft, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen hervorgerufen werden. Darunter fallen zunächst alle Geräuscheinwirkungen durch kindliche Laute vom Sprechen und Singen bis hin zum Kreischen. Weiter gehören hierzu Geräuscheinwirkungen durch kindliche Aktivitäten etwa bei der Benutzung von Spielzeugen, Spielgeräten oder Musikinstrumenten, auch wenn die eigentliche Geräuschquelle in den von den Kindern benutzten Gerätschaften liegt. Dies gilt auch für Geräuscheinwirkungen durch Rufen oder Sprechen von Betreuungspersonen, da diese Laute unmittelbar durch die Kinder und deren Betreuung bedingt sind.[3]

[1] Vgl. Zehntes Gesetz zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes – Privilegierung des von Kindertageseinrichtungen und Kinderspielplätzen ausgehenden Kinderlärms – v. 20.7.2011, BGBl 2011 I S. 1474.
[2] So OVG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 16.5.2012, 8 A 10042/12, DVBl 2012 S. 1052; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 24.10.2012, 5 K 1125/11, UPR 2013 S. 77.
[3] Vgl. insoweit Scheidler in NVwZ 2011, S. 838 (840).

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