Leitsatz

Es genügt zur formellen Wirksamkeit einer auf Mietzahlungsverzug gestützten Kündigung des Vermieters, dass der Mieter anhand der Begründung des Kündigungsschreibens erkennen kann, von welchem Mietrückstand der Vermieter ausgeht und dass er diesen Rückstand als gesetzlichen Grund für die fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs heranzieht. Darüber hinausgehende Angaben sind auch dann nicht erforderlich, wenn es sich nicht um eine klare und einfache Sachlage handelt (im Anschluss an Senatsbeschluss v. 22.12.2003, VIII ZB 94/03, NJW 2004 S. 850).

(amtlicher Leitsatz des BGH)

 

Normenkette

BGB § 569 Abs. 4

 

Kommentar

Zwischen den Parteien bestand seit Februar 2004 ein Mietvertrag über eine in Leipzig gelegene Wohnung zu einer monatlichen Kaltmiete von 555 EUR und einer Betriebskostenvorauszahlung von 280 EUR, insgesamt also 835 EUR. Im April 2004 monierten die Mieter diverse Mängel. Da die Vermieterin untätig blieb, zahlten die Mieter ab Mai 2004 lediglich eine geminderte Miete. Die jeweilige Minderung betrug – je nach dem Grad der Beeinträchtigung – zwischen 10 % und 28 %.

Mit Schreiben vom 21.5.2007 hat die Vermieterin das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs fristlos gekündigt. Der Kündigungserklärung liegen die in der Zeit von Mai 2004 bis April 2007 entstandenen Rückstände zugrunde. Die Vermieterin hat diesen Rückstand auf 5.303,27 EUR (Kaltmiete) und 2.038,80 EUR (Betriebskostenvorauszahlungen) beziffert. In dem Kündigungsschreiben sind die Rückstandsbeträge monatsbezogen aufgelistet. Der BGH hatte zu entscheiden, ob eine derartig begründete Kündigungserklärung den Anforderungen des § 569 Abs. 4 BGB genügt.

1. Der zur Kündigung führende wichtige Grund ... ist in dem Kündigungsschreiben anzugeben (§ 569 Abs. 4 BGB). Nach allgemeiner Ansicht handelt es sich dabei um eine Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung (BGH, Urteil v. 4.2.2009, VIII ZR 66/08, NJW 2009 S. 1491). Der Umfang der danach erforderlichen Begründung ist der Vorschrift allerdings nicht zu entnehmen. In dem Beschluss vom 22.12.2003 (VIII ZB 94/03, NJW 2004 S. 850) hat der BGH entschieden, dass es "jedenfalls bei klarer und einfacher Sachlage" genügt, wenn der Vermieter in dem Kündigungsschreiben "den Zahlungsverzug als Grund benennt und den Gesamtbetrag der rückständigen Miete beziffert". Die Angabe weiterer Einzelheiten wie Datum des Verzugseintritts oder Aufgliederung des Mietrückstands für einzelne Monate ist entbehrlich. Wie weit die Begründungspflicht reicht, wenn sich der Rückstand erst durch umfangreiche Berechnungen aus einer Vielzahl unterschiedlicher Positionen ergibt, hat der BGH in dieser Entscheidung offengelassen.

In der Literatur werden für diesen Fall unterschiedliche Meinungen vertreten. Nach einer Ansicht gelten auch bei umfangreichen oder schwierig zu ermittelnden Rückständen die in dem Beschluss des BGH vom 22.12.2003 entwickelten Grundsätze (Flatow, NZM 2004 S. 281, 286; Sternel, Mietrecht aktuell (2009), Rdn. XII 145). Die Gegenmeinung fordert für diesen Fall, dass in Kündigungsschreiben die einzelnen Zahlungen des Mieters und die Art der Verrechnung dieser Zahlungen durch den Mieter anzugeben sind (Blank in: Schmidt-Futterer, § 569 BGB Rdn. 73; Emmerich in: Staudinger (2006), § 569 BGB Rdn. 62). Der BGH folgt der erstgenannten Ansicht. Er stützt sich dabei auf den Willen des Gesetzgebers und auf verfassungsrechtliche Grundsätze und weist darauf hin, dass die Anforderungen an die Begründung der Kündigung sowohl nach den Vorstellungen der Gesetzgebungsorgane (Stellungnahme des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 14/5663 S. 82) als auch nach der Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss v. 3.2.2003, 1 BvR 619/02, NJW-RR 2003 S. 1164) nicht überspannt werden dürfen.

2. In einem weiteren Teil der Entscheidung führt der BGH aus, dass eine fehlerhafte Berechnung des Rückstands keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Kündigung hat. Das Berufungsgericht hatte der Vermieterin lediglich einen Betrag von 2.870,24 EUR zugesprochen. Für die Wirksamkeit der Kündigung ist allein maßgeblich, dass auch dieser Rückstand den Tatbestand des § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB erfüllt.

3. Die Mieter haben nach Zugang der Kündigung auf den Rückstand von 2.870,24 EUR einen Teilbetrag von 2.755,50 EUR bezahlt. Die Kündigung wurde durch diese unvollständige Zahlung nicht unwirksam. Das mit einer unvollständigen Zahlung verbundene Risiko des Wohnungsverlustes liegt beim Mieter.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 12.5.2010, VIII ZR 96/09, NJW 2010 S. 3015

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