Begrenzte Narrenfreiheit

Grundsätzlich ist zunächst zu beachten, dass der Mieter die Mietsache bis zu den Grenzen der Substanzgefährdung nach seinem Geschmack gestalten darf.[1] Der Mieter kann also insbesondere Verpackungsmüll sammeln. Selbstverständlich kann es auch keinem Mieter untersagt werden, etwa Trödel zu sammeln und seine Wohnung hiermit zu möblieren, auch wenn ggf. das ästhetische Empfinden des Vermieters gestört wird. Ganz allgemein ist grenzenlose Sammelwut nicht zu beanstanden. Dem Mieter bleibt es auch unbenommen, die Mieträume nicht zu Wohnzwecken zu nutzen, sondern diese im Wesentlichen zum ungeordneten Lagern seines Hausrats bzw. dem seiner Angehörigen zu nutzen.[2]

Gefährdung der Mietsache/Geruchsbelästigung

Keiner Diskussion bedarf es, dass die Grenze des Erlaubten dann überschritten ist, wenn es zu einer konkreten Gefährdung der Mietsache durch Substanzschäden und etwa Schimmelbildung kommt.[3] Ohne dass die Mietsache selbst gefährdet sein müsste, sind die Grenzen auch dann überschritten, wenn es etwa außerhalb des Mietobjekts zu Geruchsbeeinträchtigungen kommt. Nicht erforderlich ist dabei, dass eine stetige Geruchsbelästigung herrscht. Ausreichend ist,

  • dass sich ein übler Gestank im Treppenhaus verbreitet, wenn der Mieter seine Wohnungstür öffnet, um die Wohnung zu betreten oder zu verlassen[4], oder
  • wenn übler Gestank durch das geöffnete Fenster der Wohnung auf Balkone und Terrassen oder aber durch geöffnete Fenster in Wohnungen anderer Mitbewohner dringen kann.[5]

Gelingt es dem Mieter nicht, seine Wohnung im Mehrparteienhaus zu entmüllen, obwohl er vor Jahren in einem Mietprozess Änderungen zugesagt hatte und aktuell mehrere Abmahnungen ausgesprochen wurden, ist die fristlose Kündigung des Mietvertrags begründet.[6]

 

Mögliche Ersatzansprüche bei Vermüllung

Hat der Vermieter ein Dienstleistungsunternehmen mit der Erstellung der Heizkostenabrechnung beauftragt und muss sich dieses erst einen Weg durch die vermüllte Wohnung bahnen, um an die Zähler zu kommen, so kann dem Mieter dieser Zusatzaufwand grundsätzlich in Rechnung gestellt werden.[7]

Ungezieferbefall

Ist eine Wohnung von Kakerlaken befallen, weil der Mieter dort eine Vielzahl von nicht mehr brauchbaren und überflüssigen Gegenständen gehortet hat, die nur noch als Müll bezeichnet werden können, ist der Vermieter zur außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigt, wenn der Mieter nach einer Abmahnung die Vermüllung nicht beseitigt hat.[8] Auch in einem derartigen Fall muss der Mieter vor einer Kündigung abgemahnt werden. Ebenso muss ihm eine Frist zur Beseitigung der "Geruchsursache" gesetzt werden.[9]

[1] LG Berlin, Urteil v. 18.4.2011, 67 S 502/10, GE 2011, 691.
[2] BGH, Urteil v. 8.12.2010, VIII ZR 93/10, NZM 2011, 151.
[3] AG Frankfurt a. M., Urteil v. 16.1.1998, 33 C 2515/97-67, WuM 1998, 343.
[4] AG Wetzlar, Urteil v. 8.1.2013, 38 C 1389/12, GE 2013, 1007; AG Münster, Urteil v. 8.3.2011, 3 C 4334/10, WuM 2012, 372.
[5] Vgl. AG Hamburg-Harburg, Urteil v. 18.3.2011, 641 C 363/10, ZMR 2011, 644.
[6] AG Rheine, Urteil v. 26.2.2008, 4 C 731/07, ZMR 2008, 803.
[8] AG Schöneberg, Urteil v. 16.6.2009, 11 C 507/08, GE 2009, 1501.
[9] AG Wetzlar, Urteil v. 8.1.2013, 38 C 1389/12, NZM 2014, 238.

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