Leitsatz

Zur Änderung der bislang geltenden Kostenverteilung bedarf es eines sachlichen Grunds. Es ist mangels solchen Grunds nicht möglich, dass die Mehrheit eine Änderung des bislang vereinbarten Kostenverteilungsschlüssels nach Kopfteilen in eine solche nach Miteigentumsanteilen nur deshalb beschließt, weil die Mehrheit dadurch auf Kosten der Minderheit finanziell entlastet würde. Andererseits ginge es zu weit, einen Beschluss nur dann zuzulassen, wenn sich die Umstände, wie sie der ursprünglichen Kostenvereinbarung zugrunde lagen, nachträglich geändert hätten.

 

Fakten:

Vorliegend besteht die Wohnungseigentümergemeinschaft aus neun Sondereigentümern. Die Anlage selbst besteht aus einem Wohngebäude mit vier Wohnungseigentumseinheiten sowie einer Tiefgarage mit neun Stellplätzen. Fünf der Teileigentümer der Tiefgarage haben demnach kein Wohnungseigentum innerhalb der WEG. Die Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung bestimmt, dass die Kosten der Tiefgarage unter den neun Teileigentümern jeweils nach Kopfteilen verteilt werden. In der Teilungserklärung bilden die Tiefgaragenstellplätze jeweils einen Miteigentumsanteil von 10/1.000. Die Kosten des Winterdiensts der Zuwege zu der Tiefgarage sollten nunmehr derart aufgeteilt werden, dass auf die vier Wohnungseigentümer ein Kostenanteil von 90 Prozent entfallen sollte, auf die weiteren fünf Tiefgarageneigentümer nur - entsprechend der Anzahl der Miteigentumsanteile - ein solcher von 10 Prozent. Grund: Die fünf Teileigentümer, die kein Wohnungseigentum in der Anlage innehaben, begehen die Tiefgarage fast ausschließlich über die Tiefgaragenrampe.

Der Beschluss wurde erfolgreich angefochten. Die Richter stellten zunächst klar, dass es sich bei den Kosten des Winterdiensts um Betriebskosten gemäß § 556 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Nr. 8 BetrKV handelt und somit eine Beschlusskompetenz zur abweichenden Kostenverteilung auf Grundlage von § 16 Abs. 3 WEG gegeben war. Weiter und sehr praxisrelevant wurde klargestellt, dass nicht etwa Voraussetzung einer abweichenden Kostenverteilung nach der genannten Bestimmung ist, dass die Betriebskosten nach Verbrauch oder Verursachung erfasst werden müssen. Denn § 16 Abs. 3 WEG umfasst mehrere Beschlusskompetenzen: Die Betriebskosten beziehungsweise Verwaltungskosten können nach Verbrauch oder Verursachung erfasst werden; die Kosten können nach Verbrauch oder Verursachung verteilt werden; möglich ist es darüber hinaus auch, die Kosten nach einem anderen Maßstab umzulegen, soweit dieser ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Klargestellt wurde schließlich, dass auch ein vereinbarter Kostenverteilungsschlüssel auf Grundlage von § 16 Abs. 3 WEG abgeändert werden kann. Eine Einschränkung, dass § 16 Abs. 3 WEG nur die Abänderung von sinnlosen oder unklaren Kostenverteilungsschlüsseln der Teilungserklärung gestatte, wäre mit § 16 Abs. 5 WEG nicht vereinbar. In der Sache selbst jedoch waren die Richter der Auffassung, dass die beschlossene Kostenverteilungsänderung die vier Wohnungseigentümer ungerechtfertigt benachteiligt. Auf Grundlage der in der Gemeinschaftsordnung vereinbarten Kostenverteilung hätten diese jeweils lediglich 1/9 der Kosten des Winterdiensts zu tragen. Aufgrund des Änderungsbeschlusses würde auf diese nunmehr jeweils 22,5 Prozent der Kosten entfallen, auf die übrigen Teileigentümer nur ein Anteil von 2 Prozent. Nach Auffassung des Gerichts wäre es durchaus angesichts der überwiegenden Gebrauchsmöglichkeit dieser Wohnungseigentümer an den Zuwegen zu der Tiefagarage gerechtfertigt, diese mit mehr als 50 Prozent der Gesamtkosten zu belasten. Die beschlossene Kostenverteilung aber sei nicht mehr sachgerecht. Vielmehr mangele es zur Änderung der bislang geltenden Kostenverteilung an einem sachlichen Grund im Sinne der Beachtung des Willkürverbots. Zu berücksichtigen sei nämlich auch, dass sämtliche Teileigentümer zur Verkehrssicherung der Zuwege verpflichtet seien. Diese betreffe alle Eigentümer gleichermaßen, unabhängig davon, ob sie den Weg häufig oder selten benutzen.

 

Link zur Entscheidung

LG München I, Urteil vom 10.06.2009, 1 S 10155/08LG München I, Urteil vom 10.6.2009 – 1 S 10155/08

Fazit:

Die Entscheidung verdeutlicht, dass die neue Bestimmung des § 16 Abs. 3 WEG den Wohnungseigentümern zwar einen großen Spielraum möglicher Kostenverteilungsänderungen bietet. Allerdings ist dieser Spielraum jedoch durch das Willkürverbot und unsachgemäße Kostenbelastung einzelner Wohnungseigentümer beschränkt.

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