Normenkette

§ 16 Abs. 4 WEG, § 18 WEG, § 47 WEG, § 242 BGB, Art. 14 Abs. 1 GG, § 91 ZPO

 

Kommentar

1. Die Kosten eines Wohnungseigentums-Entziehungsprozesses ( § 18 WEG) gehören zu den gemeinschaftlichen Lasten, an denen alle Miteigentümer - auch der im Entziehungsprozess obsiegende - zu beteiligen sind (hier: behauptete fortgesetzte Prostitution in der Wohnung). Vorbehaltlich einer Korrektur der Kostenbelastung im Einzelfall nach § 242 BGB (Treu und Glauben) verstößt die Regelung des § 16 Abs. 4 WEG ("zu den Kosten der Verwaltung im Sinne des Abs. 2gehören insbesondere Kosten eines Rechtsstreites gem. § 18 ...") auch nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG.

Zur Kostentragung kann auch auf BayObLGZ 83, 109 und OLG Stuttgart, OLGZ 86, 32 verwiesen werden.

2.  § 16 Abs. 4 WEG ist auch nicht im Wege teleologischer Reduktion insbesondere im Hinblick auf § 91 ZPO dahin auszulegen, dass die Kosten nur auf die im Entziehungsprozess unterlegenen Eigentümer aufzuteilen seien. Aus der wohnungseigentumsgesetzlichen Regelung ergibt sich vielmehr eindeutig, dass die Kosten eines Entziehungsprozesses zu den gemeinschaftlichen Lasten gehören sollen; die Regelung des § 91 ZPO kann deshalb zur Auslegung des § 16 Abs. 4 WEG nichts beitragen, weil die Kostenverteilung im Zivilprozess nichts darüber besagt, ob und inwieweit die Kosten eines verlorenen Prozesses aufgrund Vereinbarung oder aufgrund eines gesetzlichen Schuldverhältnisses im Rahmen einer Miteigentümergemeinschaft im Innenverhältnis auszugleichen sind (vgl.auch OLG Karlsruhe, Die Justiz 83, 416).

3. Insoweit ist auch kein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG festzustellen, sodass auch keine Vorlage zum BVerfG nach Art. 100 GG in Betracht kommt. § 16 Abs. 4 WEG bedeutet, dass der vom Entziehungsprozess betroffene Miteigentümer im Innenverhältnis trotz Obsiegens einen Teil der Kosten selbst zu tragen hat und zwar normalerweise (mangels anderweitiger Vereinbarung) nach dem Verhältnis seines Anteils an der Eigentümergemeinschaft. Die Vorschrift entspricht damit zumindest inhaltlich der auch sonst bei Streitigkeiten zwischen Wohnungseigentümern geltenden Regel, dass eine vollständige Kostenerstattung auch für die obsiegende Partei nur in Ausnahmefällen in Betracht kommt. Zwar kennt § 16 Abs. 4 WEG anders als § 47 WEG keine ausdrückliche Billigkeitsregelung. Dies ist aber insbesondere unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten unschädlich, weil auch in der Rechtsprechung zu § 16 Abs. 4 WEG anerkannt ist, dass nach - § 242 BGB eine Korrektur der Kostenhaftung nach § 16 Abs. 4 WEG stattfinden kann; dies gilt insbesondere dann, wenn der betroffene (und obsiegende) Eigentümer keinerlei ausreichend begründeten Anlass zur Erhebung der Entziehungsklage gegeben hat. Auch eine etwa hohe Beteiligung (hohe Miteigentumsanteile) an den Lasten der Gemeinschaft rechtfertigt keine andere Betrachtungsweise, zumal ein Verteilungsschlüssel auch bezüglich einzelner Lasten durch Vereinbarung korrigiert und eine solche Korrektur im Falle grober Unbilligkeit notfalls auch gerichtlich erzwungen werden kann (vgl. zuletzt BayObLG, NJW-RR 96, 12/13).

Im vorliegenden Fall wurde eine Korrektur der Kostenbelastung nach § 242 BGB abgelehnt (eigene Verursachung des Entziehungs-Verfahrens gegen ihn wegen zögerlicher Verhaltensweise, früher ergebnislosen Abmahnungen keiner Erhebung sofortiger Räumungsklage).

4. Auch außergerichtliche Kostenerstattung im Rechtsbeschwerdeverfahren bei Geschäftswertansatz für alle drei Instanzen von DM 9.000,- (Wert der Kostenbeteiligung im Entziehungsprozess anteilig).

 

Link zur Entscheidung

( OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.05.1996, 3 Wx 356/93= WM 9/96, 586 = WE 11/96, 423 = ZMR 10/96, 571 mit. Anm. Drasdo = NJW-RR 97, 13)

Zu Gruppe 7: Gerichtliches Verfahren

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