A. Internationales Erbrecht

 

Rz. 1

Das Erbgesetz des Kosovo vom 4.2.2005 (kosvErbG)[1] enthält in den Art. 146 ff. kollisionsrechtliche Bestimmungen auf dem Gebiet des Erbrechts. Anscheinend geht man also im Kosovo davon aus, dass nicht nur das zuvor geltende materielle Erbrecht der Republik Serbien, sondern auch das Jugoslawische Bundesgesetz über die Rechtskollisionen vom 15.7.1982 zumindest auf dem Gebiet des Erbrechts nicht mehr fortgelten.

 

Rz. 2

Ausgehend vom Grundsatz der Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit unterliegt gem. Art. 147 kosvErbG die Erbfolge nach einem ausländischen Staatsangehörigen dem ausländischen Heimatrecht zum Zeitpunkt seines Todes. Die Bestimmung des Erbstatuts für Kosovaren ist auf der Grundlage des Staatsangehörigkeitsprinzips schwierig, da es keine Staatsangehörigkeit des Kosovo gibt. Artikel 146 Abs. 1 kosvErbG bestimmt daher, dass das Erbrecht des Kosovo für alle Kosovaren gelte, die zum Zeitpunkt ihres Todes ihren Wohnsitz im Kosovo hatten, unabhängig vom Ort des Todes und von der Belegenheit ihres Vermögens. Haben diese Personen keinen Aufenthalt im Kosovo, so können sie gem. Art. 146 Abs. 2 kosvErbG im Testament zugunsten des im Aufenthaltsland geltenden Erbrechts optieren. Daraus ergibt sich m.E., dass das Erbrecht des Kosovo im Wesentlichen am Fortbestehen eines "Wohnsitzes" im Kosovo anknüpft, wobei der Wohnsitz dann nach den Maßstäben des kosovarischen Rechts zu bestimmen ist. Offenbar ist dieser von einem Aufenthalt unabhängig und bleibt auch bei längerem Auslandsaufenthalt bestehen. In Deutschland lebende Kosovaren können aber wohl durch testamentarische Rechtswahl zugunsten des deutschen Erbrechts optieren. Auf diese Weise können sie – wie bei der Wahl des Heimatrechts – den Gleichklag mit den unter der EuErbVO gefundenen Lösungen erreichen.[2]

 

Rz. 3

An das Haager Testamentsformübereinkommen vom 5.10.1961 sowie das Washingtoner Abkommen über ein einheitliches Recht der Form eines Internationalen Testaments vom 26.10.1973,[3] welche vom ehemaligen Jugoslawien ratifiziert worden waren und in sämtlichen Nachfolgestaaten der Jugoslawischen Föderation weiterhin beachtet werden, hält man sich im Kosovo gem. Art. 145 der kosovarischen Verfassung gebunden.[4] Die besondere Form des Internationalen Testaments wird auch im kosvErbG nicht erwähnt. Für die Rechtsanwendung in Bezug auf die Formwirksamkeit eines Testaments enthält Art. 148 kosvErbG allerdings die reiche Anknüpfungspalette und weitere Bestimmungen des Testamentsformübereinkommens. Insoweit kann man daher im Ergebnis von der weiteren Anwendung der Regelungen des Haager Abkommens ausgehen.

[1] Englische Fassung des Erbgesetzes auf der beiliegenden CD-ROM unter der Rubrik "Kosovo".
[2] Siehe auch Morina, Länderbericht Kosovo Rn 5, in: Kroiß/Ann/Mayer, NK-BGB, Erbrecht, Bd. 5.
[3] Siehe § 4 Rdn 20.
[4] Morina, Länderbericht Kosovo Rn 7, in: Kroiß/Ann/Mayer, NK-BGB, Erbrecht, Bd. 5; Bockstetter, StAZ 2000, 232, weist hingegen darauf hin, dass man auch bei der Haager Konferenz mangels einer offiziellen Rechtsnachfolgeerklärung aus dem Kosovo davon ausgeht, dass die Haager Konventionen dort nicht mehr angewandt wird.

B. Gesetzliche Erbfolge

 

Rz. 4

Erben erster Ordnung sind die Abkömmlinge des Erblassers. Es gelten die Regelungen über die Repräsentation und die Erbfolge nach Stämmen (Art. 13 kosvErbG). Eheliche, nichteheliche und adoptierte Abkömmlinge erben gleichberechtigt. Erben zweiter Ordnung sind gem. Art. 15 kosvErbG die Eltern des Erblassers; bei Vorversterben eines Elternteils treten dessen Abkömmlinge ein, ersatzweise der andere Elternteil bzw. dessen Abkömmlinge (Art. 15 Abs. 2 kosvErbG). Erben dritter Ordnung sind die Großeltern beider Linien je zur Hälfte. Bei Vorversterben eines Teils von ihnen erben jeweils dessen Abkömmlinge (Art. 19 Abs. 2 kosvErbG). Über die dritte Ordnung hinaus gibt es keine gesetzlichen Erbordnungen.

 

Rz. 5

Der überlebende Ehegatte erhält vorab seinen Anteil an der Gütergemeinschaft aus dem gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft (Art. 26 kosvErbG). Er erbt mit Kindern des Erblassers in der ersten Erbordnung zu gleichen Teilen nach Köpfen (Art. 12 kosvErbG). Hinterlässt der Erblasser ein uneheliches Kind, ein Kind aus einer vorherigen Ehe oder ein einseitiges Adoptivkind und verbleibt dem überlebenden Ehegatten schon nach der güterrechtlichen Auseinandersetzung mehr Vermögen, als der Teil am Nachlass betragen würde, der ihm bei Teilung des Nachlasses in gleiche Teile zukommen würde, so erhält jedes der Kinder des Erblassers automatisch einen doppelt so hohen Anteil am Nachlass wie der Ehegatte (Art. 23 kosvErbG).

 

Rz. 6

Neben Erben der zweiten Ordnung erhält der Ehegatte die Hälfte des Nachlasses (Art. 14 kosvErbG). Neben Erben der dritten Ordnung wird der Ehegatte gem. Art. 17 kosvErbG gesetzlicher Alleinerbe.

 

Rz. 7

Das Ehegattenerbrecht erlischt nicht erst mit Scheidung, sondern auch schon mit Erhebung der Scheidungsklage durch den Erblasser, wenn das Gericht nach seinem Tode feststellt, dass die Klage begründet war (Art. 27 kosv...

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