1 Leitsatz

Seit dem 1.12.2020 kann kein Wohnungseigentümer mehr auf Erstellung einer Jahresabrechnung für die Jahre 2020 und davor klagen.

2 Normenkette

§§ 9a Abs. 2, 18 Abs. 1, 28 Abs. 2 Satz 2 WEG

3 Das Problem

Es handelt sich um eine Zweiergemeinschaft, die früher von B verwaltet wurde. Wohnungseigentümer K klagt gegen B auf Erstellung der Jahresabrechnung für das Wirtschaftsjahr 2017, hilfsweise Rechnungslegung. B verweist darauf, sämtliche Pflichten erfüllt zu haben. Im Übrigen sei sein Amt im Jahr 2017 beendet worden.

4 Die Entscheidung

Das AG meint, die Klage sei unzulässig! K sei nicht (mehr) prozessführungsbefugt. Nach § 9a Abs. 2 WEG übe die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sämtliche Rechte aus, die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergeben würden. K's Einwand, der Gesetzgeber könne bereits entstandene individuelle materiell-rechtliche Ansprüche nicht rückwirkend aufheben, sei nicht zu folgen. Vielmehr enthalte § 48 WEG für das materielle Recht keine Übergangsregelungen. Deshalb gelte im Wesentlichen ab Inkrafttreten das neue Gesetz. Damit seien Wohnungseigentümer, im Hinblick auf den Justizgewährungsanspruch nach dem Art. 19 Abs. 4 GG auch nicht rechtlos gestellt. Jeder Wohnungseigentümer habe gem. § 18 Abs. 2 WEG einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch, auf eine ordnungsmäßige Verwaltung hinzuwirken.

Hinweis

  1. Es handelt sich um ein typisches Übergangsproblem. Bis zum 1.12.2020 war jeder Wohnungseigentümer berechtigt, unmittelbar vom Verwalter die Aufstellung einer Jahresabrechnung zu verlangen. Ob diese Berechtigung am 1.12.2020 entfallen ist, so wie es das AG meint, ist streitig. Ich selbst meine, solche Klagen hätten sich nicht erledigt, jedenfalls müsse es zu einem Beklagtenwechsel auf die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kommen (BeckOK WEG/Elzer, 44. Ed. 2.4.2021, WEG § 48 Rn. 37; a. A. Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn. 2025 ff.).
  2. Im aktuellen Recht gilt Folgendes: Der Verwalter ist Organ der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und ihr gegenüber verpflichtet, seine Amtspflichten wahrzunehmen. Danach ist er gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nach § 28 Abs. 2 Satz 2 WEG verpflichtet, bei Fälligkeit eine Jahresabrechnung aufzustellen. Diese Pflicht kann daneben aus dem Verwaltervertrag folgen. Auch insoweit ist die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer berechtigt (anders ist es nur, wenn der Verwaltervertrag als ein echter Vertrag zugunsten der Wohnungseigentümer ausgestaltet wird, was möglich ist). Damit sind die Wohnungseigentümer nicht entrechtet. Denn sie können ihrerseits unmittelbar von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer im Wege der Leistungsklage und ohne Vorbefassung der anderen Wohnungseigentümer auf die Aufstellung einer Jahresabrechnung klagen. Eine unmittelbare Klage gegen den Verwalter ist ihnen allerdings nicht mehr möglich. Wollen Sie, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegen den Verwalter vorgeht, ist ein Beschluss nach § 19 Abs. 1 WEG notwendig. Kommt der Beschluss nicht zustande, muss der Wohnungseigentümer auf eine Beschlussersetzung nach § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG klagen. Hat diese Klage Erfolg, muss die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, vertreten durch den Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats, eines dazu ermächtigten Wohnungseigentümers oder nach § 9b Abs. 1 Satz 2 WEG gegen den Verwalter vorgehen.

5 Entscheidung

AG Hannover, Urteil v. 23.3.2021, 483 C 13214/20

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