Rz. 3

Nach der Intention des Gesetzgebers ist die Vermutungswirkung des qualifizierten Mietspiegels ein ganz wesentliches Instrument, die Mietentwicklung transparent zu machen und das Mieterhöhungsverlangen in gewisser Weise zu kanalisieren. Welche Mietvertragspartei auch immer meint, die Werte des qualifizierten Mietspiegels sein für die betreffende Wohnung nicht aussagekräftig, muss die Vermutung widerlegen (LG Frankfurt/Main, Urteil v. 10.8.2010, 2-11 S 339/09, WuM 2010, 570), was nur im Zustimmungsrechtsstreit möglich ist. Es handelt sich um eine widerlegbare Vermutung, die den Beweis des Gegenteils zulässt (§ 292 ZPO). Lediglich die Behauptung, bestimmte Daten im qualifizierten Mietspiegel würden nicht die ortsübliche Vergleichsmiete wiedergeben, reicht nicht, um das Gericht zur Beweiserhebung, etwa durch Sachverständigengutachten zu veranlassen. Vielmehr muss die Partei, die das Vorliegen eines qualifizierten Mietspiegels in Abrede stellt, im Rahmen des Möglichen substantiierte Angriffe gegen den Mietspiegel vorbringen. Den Einwendungen des Mieters gegen die Wissenschaftlichkeit der Datenerhebung und Datenauswertung bei der Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels ist nicht erst im Rahmen der Widerlegung der gesetzlichen Vermutung des § 558d Abs. 3 nachzugehen, sondern bereits bei der Prüfung, ob die für das Eingreifen jener Vermutung erforderlichen Voraussetzungen des § 558d Abs. 1 gegeben sind (BGH, Urteil v. 6.11.2013, VIII ZR 346/12, NZM 2014, 24). Gegebenenfalls muss sie sich hierzu mit der Dokumentation zur Erstellung des Mietspiegels auseinandersetzen (BGH, Urteil v. 21. 11. 2012, VIII ZR 46/12, GE 2013, 197). Erforderlich ist ein substanziierter Vortrag, aufgrund welcher konkreten Annahme der Schluss gerechtfertigt sei, die ortsübliche Vergleichsmiete sei für die konkrete Wohnung höher bzw. niedriger. Erforderlich ist ein substanziierter Vortrag, aufgrund welcher konkreten Annahme der Schluss gerechtfertigt sei, die ortsübliche Vergleichsmiete sei für die konkrete Wohnung höher bzw. niedriger. Das kann z. B. durch Vergleichswohnungen aber auch durch ein Privat-Sachverständigengutachten geschehen. Erst wenn die Behauptungen insofern schlüssig, nachvollziehbar sind, kommt die Beweiserhebung (für den Gegenbeweis) in Betracht. Bei substanziiertem Bestreiten der Voraussetzungen des § 558d Abs. 1 ist über deren Vorliegen, soweit diese nicht – namentlich in Ansehung der hierzu im Mietspiel oder in den veröffentlichten Erläuterungen hierzu enthaltenen aussagekräftigen Angaben zum Verfahren der Datengewinnung – offenkundig sind, nach allgemein gültigen Regeln Beweis zu erheben (Einholung amtlicher Auskünfte, Anhörung sachverständiger Zeugen (z. B. an der Mietspiegelerstellung beteiligter Personen), Sachkunde des Gerichts, gegebenenfalls Sachverständigengutachten oder Rückgriff auf ein anderweit bereits existierendes Gutachten).

Nicht zu folgen ist der Ansicht, die Vermutungswirkung könne nur widerlegt werden, wenn substantiiert dargelegt werde, dass der Mietspiegel nicht nach den "anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen" erstellt worden ist, was nur durch eine methodische Durchleuchtung des qualifizierten Mietspiegels erfolgen könne (vgl. Lammel, § 558d Rn. 34; Schmidt-Futterer/Börstinghaus, § 558d Rn. 91.; LG Frankfurt/Main, Urteil v. 10.8.2010, 2-11 S 339/09, WuM 2010,570; LG Berlin, Urteil v. 10.9.2004, 63 S 145/04, GE 2004, 1296). Eine derartige Widerlegungsmöglichkeit wäre nur theoretischer Natur. Das Gesetz spricht jedoch nur davon, dass sich die Vermutungswirkung auf die im Mietspiegel bezeichneten Entgelte bezieht. Damit muss sich der Gegenvortrag auch nur auf die für die betreffende Wohnung ortsübliche Vergleichsmiete beziehen (vgl. auch LG Berlin, Urteil v. 20.7.2004, 65 S 370/03, GE 2004, 1456; LG Berlin, Zivilkammer 67, GE 2004, 180).

Das Gericht ist vornehmlich bei Vorliegen eines qualifizierten Mietspiegels nicht gehalten, zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichmiete ein Sachverständigengutachten einzuholen. Im Rahmen der Schätzung nach § 287 ZPO kann es auch eine Orientierungshilfe mit heranziehen, die nicht unter die Qualifizierung des Mietspiegels fällt (BGH, Urteil v. 20.4.2005, VIII ZR 110/04, GE 2005, 663 = WuM 2005, 394 = NJW 2005, 2074).

Auf die Prüfung, ob ein Mietspiegel die Anforderungen des § 558d Abs. 1 erfüllt, kann im Bestreitensfall nicht schon deswegen verzichtet werden, weil der Mietspiegel von seinem Ersteller als qualifizierter Mietspiegel bezeichnet oder von der Gemeinde und/oder von den Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter als solche anerkannt und veröffentlicht worden ist (BGH, Urteil v. 21.11.2012, VIII ZR 46/12, GE 2013, 197).

Die Darlegungs-und Beweislast für das Vorliegen eines qualifizierten Mietspiegels trägt diejenige Partei, die sich die Vermutung des § 558d Abs. 3 zu Nutze machen will. Enthält der Mietspiegel bezifferte Zu- und Abschläge für bestimmte Wohnwertmerkmale, so gilt hier die Vermutungswirkung ebenfalls, wenn die Vermutungsgrundla...

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