Leitsatz

Der BGH hatte darüber zu entscheiden, ob die für den Kindergartenbesuch anfallenden Kosten zum Bedarf eines Kindes zu rechnen sind oder Mehrbedarf darstellen.

 

Sachverhalt

Die Parteien stritten um den für die Klägerin zu entrichtenden Kindergartenbeitrag. Der Beklagte war der Vater der am 21.8.2001 nichtehelich geborenen Klägerin. Er war verheiratet und hatte noch drei eheliche Kinder. Mit Jugendamtsurkunde vom 19.9.2001 hatte er sich verpflichtet, der Klägerin ab deren Geburt monatlichen Unterhalt i.H.v. 100 % des Regelbetrages der Regelbetrag-Verordnung der jeweiligen Altersstufe unter Berücksichtigung der Hälfte des auf ein Kind entfallenden Kindergeldes zu zahlen, wobei der hälftige Kindergeldanteil nach § 1612b Abs. 5 BGB a.F. in der Höhe nicht anrechenbar war, da der geschuldete Unterhalt 135 % des jeweiligen Regelbetrages der jeweiligen Altersstufe unterschritt. Eine von dem Beklagten erhobene Abänderungsklage, mit der er im Hinblick auf die von ihm eingeschränkte Leistungsfähigkeit eine Herabsetzung des Unterhalts erreichen wollte, war rechtskräftig abgewiesen worden.

Die Klägerin, deren Mutter erwerbstätig war, besuchte ganztags einen Kindergarten. Sie machte für die Zeit ab Juli 2004 Anspruch auf Mehrbedarf i.H.d. Kindergartenbeitrages von zunächst monatlich 87,00 EUR und sodann monatlich 91,00 EUR geltend.

Das erstinstanzliche Gericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Mit der zugelassenen Revision verfolgte sie ihr Klagebegehren weiter.

 

Entscheidung

Der BGH hielt die Revision für begründet. Sie führte zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

In seiner Entscheidung hat der BGH klargestellt, dass der Kindergartenbesuch vorrangig erzieherische Bedeutung habe. Durch die Kindergartenbetreuung solle ein Kind Förderung in seiner Entwicklung erfahren und den Eltern zugleich Hilfe bei der Erziehung zuteil werden. Die daraus entstehenden Kosten seien deshalb Bedarf des Kindes selbst. Der halbtägige Besuch des Kindergartens sei heutzutage die Regel, so dass es sich bei dem hierfür zu zahlenden Betrag um Kosten handele, die üblicherweise ab Vollendung des 3. Lebensjahres eines Kindes anfielen. Diese Kosten seien durch die Tabellensätze der Düsseldorfer Tabelle bis zum 31.12.2007 gedeckt gewesen. Dies habe jedenfalls bei einer Unterhaltsbemessung nach der Einkommensgruppe 6 sowie in den unteren Einkommensgruppen durch die teilweise Nichtanrechnung des Kindergeldes gegolten.

Die Übergangsregelung des § 36 Nr. 4 EGZPO führe auch nach dem Inkrafttreten des neuen Unterhaltsrechts ab 1.1.2008 zu unveränderten Zahlbeträgen. In diesen Zahlbeträgen seien - nach altem und nach neuem Recht - sozialverträglich gestaltete Kindergartenbeiträge bereits enthalten, die für einen halbtägigen Kindergartenbesuch bis ca. 50,00 EUR monatlich anfielen.

Mehrbedarf stellten deshalb nur diejenigen Kosten dar, die den Aufwand für den halbtätigen Kindergartenbesuch bzw. einen Betrag von ca. 50,00 EUR monatlich überstiegen. Für den Mehrbedarf hafteten beide Eltern anteilig nach ihren Einkommensverhältnissen. Die Zuordnung der Kindergartenkosten zum Kindesbedarf bewirke, dass der betreuende Elternteil nicht allein für diesen Mehrbedarf aufkommen müsse. Mache er die Kosten hingegen als Berufsaufwand geltend, so setze dies das Bestehen eines eigenen Unterhaltsanspruchs voraus.

 

Hinweis

Bereits mit Urteil vom 14.3.2007 (XII ZR 158/04 = FamRZ 2007, 882) hat der BGH entschieden, dass die Kosten für einen halbtätigen Kindergartenbesuch im Tabellenunterhalt der einschlägigen Unterhaltstabellen enthalten seien. Dies gilt sowohl für das frühere Unterhaltsrecht als auch für das zum 1.1.2008 in Kraft getretene UÄndG. Ferner setzt sich der BGH in seiner Entscheidung damit auseinander, inwieweit die Kindergartenkosten zumutbarerweise zusätzlich zum Tabellenunterhalt verlangt werden können. Die Grenze hat er bei einem monatlichen Beitragssatz von 50,00 EUR gezogen. Überstiegen die Kosten einen solchen Umfang, seien sie im laufenden Unterhalt nicht enthalten. Für darüberhinausgehende Beträge entstehe deshalb ein unterhaltsrechtlicher Mehrbedarf, für den beide Eltern anteilig nach ihren Einkommensverhältnissen aufzukommen hätten.

Die vom BGH vorgenommene Zuordnung der Kindergartenkosten zum Kindesbedarf hat zur Folge, dass das Kind selbst klagen muss. Der betreuende Elternteil ist nur während der Trennungszeit gemäß § 1629 Abs. 3 S. 1 BGB insoweit aktiv legitimiert.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 05.03.2008, XII ZR 150/05

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge