Leitsatz

Das KG hatte sich mit der Frage der Verwirkung eines übergegangenen Anspruchs auf Kindesunterhalt auseinanderzusetzen, nachdem eine gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs erst knapp zwei Jahre nach dem Ende des Zeitraums, für den Unterhalt gefordert wurde, erfolgt war.

 

Sachverhalt

Der Beklagte wurde von dem Träger der Sozialhilfe aus übergegangenem Recht auf Zahlung von Unterhalt für seinen volljährigen Sohn in Anspruch genommen.

Der Sohn des Beklagten verließ im Sommer 2004 die Schule. Vom 12.8.2004 bis Juni 2005 besuchte er einen berufsqualifizierenden Bildungsgang am Oberstufenzentrum. Wegen aufgetretener Probleme mit Mitschülern wechselte er die Schule und besuchte sie in der Folgezeit regelmäßig und absolvierte ein Praktikum als Tischler. Nachdem er seinen Abschluss im Sommer 2005 geschafft hatte, absolvierte er ein weiteres Praktikum und begann im Sommer 2005 eine Ausbildung als Zweiradmechaniker. Während dieser Ausbildung erhielt er eine Ausbildungsvergütung von 282,00 EUR.

Am 11.2.2006 brach er die Ausbildung ab. Nach einem Besuch beim Arbeitsamt im Februar 2006 absolvierte er ein Praktikum als Möbelhelfer und wollte sodann eine Ausbildung als Maler beginnen.

Nach Zustellung der Überleitungsanzeige vom 17.2.2006 am 21.2.2006 erhob der Beklagte hiergegen mit Schreiben vom 19.3.2006 Einwendungen. Mit Bescheid vom 30.11.2006 änderte der Kläger daraufhin die Überleitungsanzeige und machte noch einen Betrag von 4.975,60 EUR geltend.

Der Beklagte legte Widerspruch ein und führte zur Begründung, dass die Überleitung der Ansprüche erst ab dem Zugang der Rechtswahrungsanzeige möglich sei. Ferner wies er auf eine mögliche Verwirkung hin und bot zum Ausgleich der Forderung und Vermeidung eines Rechtsstreits eine Zahlung von 1.000,00 EUR an.

Der Widerspruch des Beklagten wurde zurückgewiesen. Die daraufhin von dem Kläger erhobene Klage wurde abgewiesen. Das AG hat den auf den Kläger übergegangenen Anspruch des Sohnes für verwirkt erachtet, weil eine gerichtliche Geltendmachung erst knapp zwei Jahre nach dem Ende des Zeitraums, für den Unterhalt gefordert werde, erfolgt sei. Der Beklagte habe auch darauf vertrauen dürfen, dass er nicht mehr in Anspruch genommen werde, da der Kläger neun Monate benötigt habe, um die ersten Einwendungen des Beklagten zu bescheiden und zu diesem Zeitpunkt bereits 19 Monate seit Zustellung der Rechtswahrungsanzeige vergangen seien. Erst nach einem weiteren Jahr habe der Kläger dann die Ansprüche gerichtlich geltend gemacht. Aufgrund der aufseiten des Klägers eingetretenen Verzögerungen habe der Beklagte nicht mit einer Inanspruchnahme rechnen müssen.

Gegen das erstinstanzliche Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt.

Das Rechtsmittel erwies sich als begründet, soweit er den Beklagten aus übergegangenem Recht gemäß §§ 95, 96 SGB VIII a.F. auf Unterhaltszahlungen ab dem 12.4.2005 bis zum 28.2.2006 in Anspruch nahm. Keinen Erfolg hatte das Rechtsmittel insoweit, als der Kläger vom Beklagten weiterhin auch für den Zeitraum vom 2.3.2005 bis 11.4.2005 und für März 2006 Zahlung von Unterhalt begehrte.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des OLG stand dem Sohn des Beklagten für den hier maßgeblichen Zeitraum ein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt gemäß § 1610 BGB zu. Dies gelte jedenfalls für die Zeit bis zum 28.2.2006. Für den Zeitraum ab 1.3.2006 habe der Kläger einen Unterhaltsanspruch des Kindes nicht dargetan, obgleich er auf die Notwendigkeit eines substantiierten Vortrages hingewiesen worden sei.

Der Ausbildungsunterhaltsanspruch des Sohnes gegen den Beklagten sei auch nicht gemäß § 1611 Abs. 1 BGB verwirkt. Der geltend gemachte Verwirkungseinwand sei unbegründet. Zwar ergebe sich aus den vom Kläger eingereichten Berichten des sozialpädagogischen Dienstes des Jugendamtes, dass der Sohn des Beklagten ganz offensichtlich Drogenprobleme gehabt habe, die bereits zurzeit der Minderjährigkeit bestanden hätten. Dass allein der Konsum von Haschisch zu einem unregelmäßigen Schulbesuch geführt habe, habe der Beklagte nicht näher dargelegt.

Entgegen der Auffassung des Beklagten könne der Kläger einen Anspruch aus übergegangenem Recht auch für die Vergangenheit vor dem Zugang der Überleitungsanzeige vom 17.2.2006 geltend machen, allerdings erst ab dem 12.4.2005 bis 28.2.2006. Der Kläger habe in diesem Zeitraum Hilfe für den Sohn gemäß § 41 SGB VIII a.F. geleistet und diesen Anspruch übergeleitet.

Gemäß § 96 Abs. 3 SGB VIII in der hier maßgeblichen Fassung könne ein Unterhaltspflichtiger für die Vergangenheit außer unter den Voraussetzungen des bürgerlichen Rechts nur in Anspruch genommen werden, wenn ihm die Gewährung der Leistung unverzüglich schriftlich mitgeteilt worden sei. Diese Rechtswahrungsanzeige sei eine weitere selbständige Möglichkeit der rückwirkenden Inanspruchnahme des Verpflichteten, ohne dass es einer vorherigen Mahnung bedürfe (vgl. BGH FamRZ 1985, 586; Wendl/Scholz, a.a.O., § 8 Rz. 82).

Sie führe vergleichbare Rechtsfolgen wie die Mahnung herbei und habe eine die Mahnung vergleichbare...

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