Entscheidungsstichwort (Thema)

keine Erwerberhaftung durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer. Wohnungseigentumssache

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Bestimmung der Gemeinschaftsordnung/Teilungserklärung, daß der Erwerber von Wohnungseigentum Wohngeldrückstände seines Rechtsvorgängers übernehmen müsse, verstößt gegen unabdingbare Grundsätze des Sachenrechts und ist rechtlich unwirksam. Wegen Abweichung von OLG Düsseldorf DNotZ 1973, 552, OLG Köln OLGZ 1978, 151 und OLG Frankfurt Rpfleger 1980, 349 wird die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

 

Normenkette

WEG § 10 Abs. 2, § 16 Abs. 2

 

Beteiligte

I. Beteiligte zu 1) bis 81) wie aus dem Beschluß des Landgerichts Berlin vom 30. Oktober 1992 – 85 T 266/91 – ersichtlich

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 70 II 261/91)

LG Berlin (Aktenzeichen 85 T 266/91)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 FGG dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

 

Gründe

Der Antragsgegner kaufte durch notariellen Vertrag vom 27. April 1989 zur UR-Nr. 233/1989 des Notars … in Berlin für 280.000 DM von dem Veräußerer die Einzimmer-Dachgeschoßwohnung Nr. 86, die durch Abtrennung von 144/10.000 von 419/10.000 Miteigentumsanteilen des Verkäufers gebildet werden sollte, während 275/10.000 Miteigentumsanteile verbunden mit einem Sondernutzungsrecht an bestimmten Räumen des Gebäudes der Wohnung Nr. 85 zugeschlagen werden sollten. Der Antragsgegner vereinbarte mit dem Verkäufer den Übergang von Besitz, Nutzungen und Lasten per 1. Juli 1989. Von diesem Zeitpunkt an trug der Antragsgegner die monatlichen Wohngeldvorschüsse, anteilig für 144/10.000 statt 419/10.000 Miteigentumsanteile. Die Abtrennung der 275/10.000 Miteigentumsanteile nebst dem Sondernutzungsrecht vom Stammrecht des Verkäufers wurde am 19. November 1990 in dem verlierenden Wohnungsgrundbuch eingetragen. Die Eintragung des Wohnungseigentums des Antragsgegners erfolgte am 18. März 1991, wovon er nach seiner Behauptung erst am 17. Juli 1991 Kenntnis erhielt. In § 5 Abs. 4 der Teilungserklärung der Wohnanlage heißt es:

„Bei der Veräußerung geht die angesammelte Instandhaltungsrücklage auf den Erwerber über. Der Veräußerer hat keinen Anspruch auf Auseinandersetzung hinsichtlich dieser Rücklage und auf Auszahlung des rechnerisch auf ihn entfallenden Anteils. Dies gilt auch für das Wohngeld. Rückstände an Wohngeld müssen vom Erwerber übernommen werden, Überschüsse gehen auf ihn über. Diese Regelungen gelten für alle Übertragungsfälle, also auch für den Fall des Konkurses und der Zwangsversteigerung.”

In der Eigentümerversammlung vom 7. April 1990 wurde die Jahresabrechnung 1989 beschlossen, die für den Veräußerer der Wohnung Nr. 86 einen Minussaldo von 24.797,01 DM ergab. In der Eigentümerversammlung vom 4. Mai 1991 wurde zu TOP I. 1 die Jahresabrechnung 1991 beschlossen, in der Einzelabrechnung betreffend die Wohnung Nr. 86 wurde der Rückstand aus 1989 in Höhe von 24.797,01 DM aufgenommen, so daß für die Wohnung Nr. 86 nunmehr eine Nachzahlung von 21.698,37 DM errechnet wurde.

Auf Antrag der Gemeinschaft, vertreten durch die Verwalterin, hat das Amtsgericht Charlottenburg den Antragsgegner mit Beschluß vom 26. September 1991 verpflichtet, an die Antragsteller als Mitgläubiger zu Händen des Verwalters 21.698,37 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 1. August 1991 (Zustellung der Antragsschrift) zu zahlen. Gegen diesen ihm am 21. Oktober 1991 zugestellten Beschluß hat der Antragsgegner am 25. Oktober 1991 Erstbeschwerde eingelegt, vorsorglich beantragt, den Eigentümerbeschluß vom 4. Mai 1991 zu TOP I. 1 für ungültig zu erklären, und wegen der Versäumung der Antragsfrist Wiedereinsetzung beantragt, weil er erst nach dem 5. Juli 1991 Kenntnis von dem Eigentümerbeschluß und danach am 17. Juli 1991 überhaupt erst Mitteilung von seiner Eintragung erlangt habe. Mit dem angefochtenen Beschluß vom 30. Oktober 1992 hat das Landgericht unter Zurückweisung des Wiedereinsetzungsgesuches und des Anfechtungsantrages die Erstbeschwerde gegen die Zahlungsverpflichtung zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners.

Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners ist gemäß §§ 27, 29 FGG, 45 WEG zulässig. Insbesondere ist die Rechtsmittelbeschwer des § 45 Abs. 1 WEG erreicht. Der Senat hält das Rechtsmittel für sachlich gerechtfertigt, weil er die in der Teilungserklärung vorgesehene Haftung des rechtsgeschäftlichen Erwerbers von Wohnungseigentum für Rückstände des Voreigentümers für rechtsunwirksam hält. An einer solchen Entscheidung ist der Senat jedoch durch die auf weitere Beschwerde ergangenen Beschlüsse des Oberlandesgerichts Düsseldorf (DNotZ 1973, 552), des Oberlandesgerichts Köln (OLGZ 1978, 151/153) und des Oberlandesgerichts Frankfurt (Rpfleger 1980, 349) gehindert, so daß die Sache gemäß § 28 Abs. 2 FGG dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorzulegen ist.

Die rechtlichen Erwägungen, mit denen der Senat der Rechtsbeschwerde stattgeben würde, sind folgende:

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