Leitsatz (amtlich)

Herabsetzung und Befristung des Anspruchs auf Krankheitsunterhalt bei fehlenden ehebedingten Nachteilen, §§ 1572, 1578b BGB.

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Urteil vom 05.04.2011; Aktenzeichen 158 F 8589/09)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten wird das Urteil des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 5.4.2011 geändert:

Der Kläger wird verurteilt, in Abänderung des Urteils des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 14.3.2003 - 158 F 1908/00 - an die Beklagte monatlich zum ersten Werktag eines Monats im voraus ab dem 8.8.2009 bis 31.12.2009 einen nachehelichen Unterhalt von monatlich 590 EUR, ab Januar 2010 von monatlich 593 EUR, ab Januar 2011 bis Juli 2011 von monatlich 594 EUR, von August 2011 bis Dezember 2011 - insoweit unter Abweisung der Klage - von monatlich 668,03 EUR sowie von Januar 2012 bis 31.12.2015 von monatlich 400 EUR zu zahlen, wobei für den Zeitraum vom 1.6.2011 bis 31.8.2011 der Unterhalt an das Jobcenter ...zu leisten ist. Ab dem 1.1.2016 entfällt die Unterhaltsverpflichtung.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung und Anschlussberufung werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 70 % und die Beklagten zu 30 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zu 74 % und der Beklagten zu 26 % zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Es wird zunächst auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen und dieser wie folgt ergänzt:

Der Kläger zahlte nach der Trennung der Parteien im Jahr 1999 zunächst Unterhaltsgeld an die Beklagte und mit deren Umzug nach Berlin im Sommer 1999 Trennungsunterhalt.

Die Tochter B.ist seit dem 1.8.2011 berufstätig.

Die Beklagte bezieht seit Juni 2011 Leistungen vom Jobcenter ... i.H.v. monatlich 851,98 EUR.

Mit Urteil des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 5.4.2011 ist der Kläger unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt worden, in Abänderung des Urteils des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 14.3.2003 - 158 F 1908/00 - an die Beklagte seit dem 8.8.2009 einen monatlichen Ehegattenunterhalt von 595 EUR zu zahlen. Die Beklagte habe weiterhin einen Unterhaltsanspruch gem. § 1572 Nr. 4 BGB. Spätestens im Herbst 2005 mit Vollendung des 15. Lebensjahres des ältesten Kindes hätte die Beklagte einer Teilzeittätigkeit nachgehen müssen und diese im Herbst 2007 mit Vollendung des 15. Lebensjahres des Sohnes in eine Vollzeitbeschäftigung ausweiten müssen. Zu diesen Zeitpunkten sei die Beklagte nach den Feststellungen des Sachverständigen noch erwerbsfähig gewesen. Erst seit Ende 2008 sei aufgrund der nunmehr ausgeprägten Stuhlinkontinenz von einer Erwerbsunfähigkeit der Beklagten ausgehen. Es sei daher davon auszugehen, dass die Beklagte zuletzt bei einer Vollbeschäftigung einen Verdienst von 6 EUR/Std. hätte erzielen können. Auf Seiten des Klägers sei das in 2008 erzielte Einkommen maßgeblich, da er seinen zuletzt als Richtmeister im Jahr 2006 erzielten Verdienst nicht belegt habe. Der Unterhalt sei weder herabzusetzen noch zu befristen. Zwar sei die vorliegende Erkrankung kein ehebedingter Nachteil, aber aufgrund der während der Ehe praktizierten Rollenverteilung, die zur Aufgabe der Erwerbstätigkeit der Beklagten geführt habe, sei ein ehebedingter Nachteil entstanden, der einer Befristung entgegenstehe und eine Herabsetzung sei angesichts der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse nicht angezeigt. Eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs sei nicht gegeben.

Hiergegen hat der Kläger fristgerecht Berufung eingelegt.

Er trägt weiterhin vor, dass die Beklagte zu den maßgeblichen Einsatzzeitpunkten arbeitsfähig gewesen sei und bei hinreichenden Bemühen eine Arbeitsstelle gefunden hätte, die ihren vor und während der Ehe ausgeübten Tätigkeiten entsprochen hätte, hierbei sei ein Einkommen von 1.200 bis 1.500 EUR zu unterstellen. Auch 2008 sei sie nicht erwerbsunfähig erkrankt, dies ergebe sich schon daraus, dass die Deutschen Rentenversicherung mit Bescheid vom 23.7.2009 die Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung verneint habe - was unstreitig ist. In jedem Fall sei aber der Unterhaltsanspruch verwirkt, weil sie im Rahmen der Begutachtung Ereignisse in der Ehe und das Verhalten des Klägers falsch dargestellt habe und diesen dabei beleidigt und verleumdet habe. Zudem habe sie auch den Tatbestand des Prozessbetruges verwirklicht, weil sie im Verfahren falsche Angaben zu ihrer Berufstätigkeit vor und während der Ehe gemacht habe.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des Urteils des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 5.4.2011 festzustellen, dass der Kläger ab April 2009 unter Abänderung des Urteils des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 14.3.2003 - 158 F 1908/00 - nicht mehr verpflichtet ist, an die Beklagte einen nachehelichen Unterhalt zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Im Wege der Anschlussberufung beantragt sie,

in Abänderung des Urteils des AG Tempelhof-Kreuzber...

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