Entscheidungsstichwort (Thema)

Dachflächenfenster statt Luke. Wohnungseigentumssache

 

Leitsatz (amtlich)

Die Ersetzung einer Dachluke durch ein Dachflächenfenster in dem einem Wohnungseigentümer zustehenden Dachraum bedarf der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer (Abweichung von OLG Karlsruhe ZMR 1985, 209).

 

Normenkette

WEG § 22 Abs. 1

 

Beteiligte

III. die weiteren Eigentümer gemäß der dem angefochtenen Beschluß beigefügten Liste

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Spandau

LG Berlin (Aktenzeichen 85 T 73/90)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde wird dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

 

Gründe

Die Antragstellerinnen sind Wohnungseigentümerinnen der Wohnanlage. Das Sondereigentum des Antragsgegners umfaßt auch den über seiner im 4. Stock des Seitenflügels gelegenen Wohnung befindlichen Dachraum, der nach der Abgeschlossenheitsbescheinigung nicht Wohnzwecken dient. Der Antragsgegner brachte unter dem Dach des nicht ausgebauten Dachraumes eine Wärmeisolierung an und ersetzte drei Dachlukenfenster (0,5 m × 1 m) durch drei Dachflächenfenster (0,65 m × 1,15 m). Die später von der Gemeinschaft durchgeführte Dachsanierung konnte ohne den Ausbau der drei Dachflächenfenster erfolgen. Den Antrag der Antragstellerinnen, den Antragsgegner zum Wiedereinbau von drei Dachluken zu verpflichten, hat das Amtsgericht Spandau durch Beschluß vom 21. August 1989 zurückgewiesen. Die zulässige Erstbeschwerde der Antragstellerinnen hat das Landgericht durch Beschluß vom 10. Juli 1990 zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerde führt zur Vorlage an den Bundesgerichtshof.

Der Senat hält das Rechtsmittel für zulässig und begründet. Er würde dem Beseitigungsverlangen der Antragstellerinnen stattgeben. An dieser Entscheidung ist der Senat jedoch durch den aufgrund weiterer Beschwerde ergangenen Beschluß des Oberlandesgerichts Karlsruhe (ZMR 1985, 209) gehindert, so daß die Sache gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 FGG dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorzulegen ist.

Der Senat hält den angefochtenen Beschluß des Landgerichts für rechtsfehlerhaft (§ 27 FGG).

Die Antragstellerinnen können auch ohne Ermächtigung dar Gemeinschaft die Rückgängigmachung der Umbaumaßnahme aus eigenem Recht gerichtlich verfolgen, weil die von dem Antragsgegner vorgenommene bauliche Veränderung den Miteigentumsanteil der Antragstellerinnen am gemeinschaftlichen Eigentum betrifft (Senat NJW-RR 1990, 334 = WM 1990, 126 = WE 1990, 91). Die zwischenzeitlich vom 4. Mai 1990 bis zum 7. November 1990 über das Wohnungseigentum des Antragsgegners angeordnete Zwangsverwaltung (30 L 16/90 AG Spandau) hindert den Antragsgegner nicht an seiner eigenen Rechtsverteidigung, zumal die Abwehr des Beseitigungsanspruches im wirtschaftlichen Interesse des Wohnungseigentums liegt.

Die Versagung des Beseitigungsanspruches gemäß §§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB, 15 Abs. 3, 14 Nr. 1 WEG durch den angefochtenen Beschluß ist rechtlich zu beanstanden. Ohne Rechtsirrtum führt das Landgericht aus, daß der Austausch der Luken gegen Dachflächenfenster eine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG darstellt. Denn das zwingend in gemeinschaftlichem Eigentum stehende Dach mit den früher vorhandenen Dachluken ist durch die Umbaumaßnahme des Antragsgegners in seiner Substanz geändert worden. Die Änderung ist nicht durch die Zweckbestimmung des Raumes gedeckt. Nach der Teilungserklärung und der Abgeschlossenheitsbescheinigung ist der Raum als „Dachraum” bezeichnet, der nicht Wohnzwecken dient. Die Umbaumaßnahme ist deshalb auch nicht etwa eine ordnungsmäßige Erstherstellung. Vielmehr waren die Dachluken die übliche und nach der Teilungserklärung endgültige Verglasung des Dachraumes des Antragsgegners.

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG können bauliche Veränderungen, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen, nicht gemäß § 21 Abs. 3 beschlossen oder gemäß § 21 Abs. 4 verlangt werden und sind daher nur mit Zustimmung aller Wohnungseigentümer zulässig. Eine Ausnahme gilt dann, wenn durch die bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums nicht die Rechte aller Wohnungseigentümer beeinträchtigt werden; dann bedürfen bauliche Veränderungen nur der Zustimmung derjenigen Wohnungseigentümer, die von der beabsichtigten Maßnahme in ihren Rechten betroffen werden, ein Mehrheitsbeschluß der Wohnungseigentümer ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes weder erforderlich noch ausreichend (BGHZ 73, 196 = NJW 1979, 817).

Nach Ansicht des Senats liegt in der Auswechselung der Dachverglasung eine Maßnahme, durch die die Rechte aller übrigen Wohnungseigentümer über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. Nach dieser Bestimmung ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, von dem gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, daß dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Im vorliegende...

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