Leitsatz (amtlich)

1. Macht ein Bauunternehmer mit einer einheitlichen Klage sowohl seinen Sicherungsanspruch aus § 648a Abs. 1 S. 1 BGB a.F. als auch den zu besichernden Vergütungsanspruch aus § 631 Abs. 1 BGB geltend, kann das Gericht über den Sicherungsanspruch isoliert durch stattgebendes Teilurteil entscheiden.

2. Ist der Bauvertrag gekündigt, reduziert sich der Sicherungsanspruch auf die Kündigungsvergütung.

3. Ist die Höhe des Sicherungsanspruchs zwischen den Parteien umstritten, so ist sie durch das Gericht ohne Beweisaufnahme nach freier Überzeugung festzusetzen (§ 287 Abs. 2 ZPO). Dabei kann das Gericht auf einen Betrag erkennen, der unterhalb der vom Unternehmer schlüssig dargelegten Höhe der zu sichernden Vergütungsforderung liegt.

4. Im Regelfall ist bei der Festsetzung der Höhe der Sicherheitsleistung vom Fehlen eines wichtigen Kündigungsgrundes auszugehen.

5. Liegt einem Pauschalpreisvertrag ein bepreistes und nachträglich pauschaliertes Leistungsverzeichnis zugrunde, so genügt der Unternehmer seiner Erstdarlegungslast für die Kündigungsvergütung, wenn er die Preise für die nicht erbrachten Leistungen aus dem Leistungsverzeichnis von der Gesamtvergütung abzieht.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 95 O 44/17)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Landgerichts Berlin vom 6. Dezember 2018 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Dieses und fortan auch das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleitung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Vergütung von Bauleistungen sowie eine Sicherheitsleistung für diese Vergütung. Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens ist allein der Sicherungsanspruch der Klägerin.

Die Beklagte war als Generalunternehmerin mit der Errichtung des Bauvorhabens ..., ..., ... Potsdam, beauftragt. Die Klägerin stellt Fenster und Türen her bzw. baut sie in Gebäude ein.

Am 29. Januar 2015 unterbreitete die Klägerin der Beklagten ein Angebot für die Lieferung und den Einbau von Fenstern, Türen und Sonnenschutzvorrichtungen in das Gebäude. Das Angebot umfasste zwei im Einzelnen bepreiste Leistungsverzeichnisse und belief sich auf eine Gesamtsumme von 788.380,21 EUR (netto). Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 1 verwiesen. Im Zuge der Vertragsverhandlungen kamen die Parteien überein, einzelne Positionen, auf die ein Vergütungsanteil von 37.208,91 EUR (netto) entfiel, aus dem Angebot herauszunehmen (vgl. Anlage K 2, Klageschrift vom 31. Mai 2017, S. 17). Hinsichtlich der verbliebenen Leistungen (Vergütung laut Leistungsverzeichnis 751.171,40 EUR netto) vereinbarten sie im April 2015 einen "Pauschalfestpreis" von 729.000,00 EUR (netto gemäß § 13b Abs. 1 Ziff. 4 UStG, daher im Folgenden alle Beträge wenn nicht anders angegeben ebenfalls netto, vgl. Anlagen K 2 und K 3), was einem Preisnachlass von rund 2,95 % entspricht.

In der Folgezeit erbrachte die Klägerin auf dem Bauvorhaben beauftragte Leistungen, hatte sie allerdings noch nicht abgeschlossen. Im Verlauf der Bauarbeiten verlangte die Beklagte von der Klägerin diverse zusätzliche oder gegenüber dem Leistungsverzeichnis geänderte Leistungen, für die die Klägerin der Beklagten jeweils Vergütungsnachträge in Rechnung stellte.

Am 28. Oktober 2016 legte die Klägerin der Beklagten eine Abschlagsrechnung, die unter Berücksichtigung diverser Vergütungsnachträge eine Vergütung von 765.647,34 EUR und nach Abzug geleisteter Zahlungen von insgesamt 666.588,00 EUR eine offene Vergütung von 99.059,34 EUR auswies (Anlage K 15). Die Beklagte leistete hierauf keine Zahlungen. Die Klägerin beanspruchte daraufhin mit Schreiben vom 7. Dezember 2016 eine Sicherheit gemäß § 648a BGB in Höhe von 108.965,27 EUR von der Beklagten unter Fristsetzung bis zum 20. Dezember 2016 (Anlage K 16). Die Beklagte forderte daraufhin die Klägerin mit Schreiben vom 8. Dezember 2016 unter Fristsetzung bis zum 13. Dezember 2016 zur Beseitigung diverser Mängel auf (Anlage K 17). Nachdem die Klägerin die Mängelbeseitigung abgelehnt hatte (Anlage K 18) erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 16. Dezember 2016 die Kündigung des Bauvertrags aus wichtigem Grund (Anlage K 19).

Am 23. Dezember 2016 legte die Klägerin ihre Schlussrechnung, die sich unter Berücksichtigung von Nachträgen auf eine Gesamtvergütung von 782.495,56 EUR beläuft (Anlage K 4). Die Beklagte leistete keine Zahlung.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte sei zur Kündigung des Bauvertrags aus wichtigem Grund nicht berechtigt gewesen, sodass der Vertrag durch freie Kündigung beendigt sei. Folglich stehe ihr die volle vertraglich vereinbarte Vergütung zuzüglich Nachträgen nur abzüglich erspart...

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