Leitsatz (amtlich)

1. Zu den Voraussetzungen, unter denen die Erstattung von Kosten für die Einlagerung von Baumaterialen (hier: zur Wiederverwendung bestimmte Fußbodendielen) vom Unternehmer verlangt werden können.

2. Mehraufwendungen i.S.d. § 304 BGB ist auch das Lagergeld gem. § 354 Abs. 1 HGB.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 22.12.2006; Aktenzeichen 20 O 207/04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin werden das am 22.12.2006 verkündete Teilurteil der Zivilkammer 20 des LG Berlin - 20 O 207/04 - und das zugrunde liegende Verfahren aufgehoben. Die Sache wird zur weiteren Verhandlung an das LG zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens bleibt dem erstinstanzlichen Schlussurteil vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

A. Von der Darstellung des Sachverhalts wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.

B. Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist mit der Maßgabe begründet, dass das angefochtenen Teilurteil aufzuheben und das Verfahren an das LG gem. § 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO zurückzuverweisen ist; denn der Rechtsstreit ist hinsichtlich der Lagerkosten entgegen der Ansicht des LG nicht zur Entscheidung reif.

I.1. Der Senat folgt der Ansicht des LG, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zunächst keine Vereinbarung zwischen den Parteien über das kostenpflichtige Einlagern alter Dielen in den Geschäftsräumen der Klägerin zustande gekommen ist. Weder der Zeuge S. noch der Zeuge H. haben eine derartige Abrede zwischen den Parteien bestätigt. Dafür spricht auch, dass die Klägerin bis zur Kündigung des Bauwerkvertrages mit der Beklagten keine Lagerkosten geltend gemacht hat.

2. Das LG hat jedoch übersehen, dass die Beklagte nach der Kündigung des Bauwerkvertrages und der vergeblichen Aufforderung im Schreiben vom 17.11.2003 (Anl. K 39) bis zum 26.11.2003 einen anderen Lagerplatz zu benennen, grundsätzlich einen Anspruch auf Zahlung hat.

a) Liegt in dem Schreiben vom 17.11.2003 eine Kündigung des Verwahrungsvertrages durch die Klägerin nach § 696 BGB, ist die Beklagte mit ihrer Rücknahmepflicht in Schuldnerverzug geraten, weil sie die Dielen am Ort der Einlagerung abzuholen hat (§ 697 BGB). Demnach stünde der Klägerin gem. § 286 BGB ein Schadenersatzanspruch zu. Daneben ist die Beklagte gem. § 293, 295 BGB mit der Rücknahme der hinterlegten Dielen in Annahmeverzug geraten, weil sie keinen anderen Lagerplatz genannt hat, mit der Folge, dass die Klägerin Ersatz von Mehraufwendungen aus § 304 BGB verlangen kann.

b) Liegt in dem Schreiben vom 17.11.2003 keine Kündigung des Verwahrungsvertrags durch die Klägerin folgt der Anspruch auf Lagergeld aus §§ 6 Abs. 1, 354 Abs. 1 HGB. Dieser Anspruch entsteht für Handelsgewerbetreibende ohne entsprechende Vereinbarung und wäre nur dann ausgeschlossen, wenn die kostenlose Lagerung auch für die Zeit nach der Beendigung des Bauwerksvertrages zwischen den Parteien vereinbart worden wäre. Dazu ergibt sich weder aus dem Vortrag der Beklagten noch aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme ein konkreter Anhaltspunkt. Die Dielen sollten nur solange kostenlos eingelagert werden, bis sie zum Einbau wieder verwendet werden. Mit der Kündigung des Bauwerkvertrages ist diese Vertragsbedingung entfallen, so dass danach auch ohne Vereinbarung Lagergeld verlangt werden kann.

3. An dieser Rechtslage ändert sich auch nichts durch das Schreiben der Beklagten vom 3.5.2004 (Anl. B 21), in dem sie die Klägerin aufgefordert hat, an sie "von den eingelagerten Dielen mindestens 200 m2 spätestens bis zum 10.5.2004" herauszugeben. Spätestens mit diesem Schreiben ist der Verwahrungsvertrag gem. §§ 695 BGB beendet worden. Soweit die Beklagte die Klägerin in dem Schreiben vom 3.5.2004 außerdem aufgefordert hat, "die übrigen Dielen weiterhin auf ihre Kosten einzulagern", kommt dem schon deshalb keine rechtserhebliche Bedeutung zu, weil die Klägerin selbst davon ausgeht, dass nur ca. 190 m2 bei ihr lagern, so dass der Verwahrungsvertrag auch nicht teilweise fortbestehen kann.

4. Welche Ansprüche die Klägerin ab dem 11.5.2004 noch geltend machen kann, ist allerdings in der Literatur und Rechtsprechung umstritten. Teilweise wird die Ansicht vertreten, die Ansprüche richten sich nach den Bestimmungen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses, wenn der Verwahrer dem Herausgabeverlangen mit einem Zurückbehaltungsrecht wegen des Lagergeldes entgegentritt. Das vertraglich vereinbarte Verwahrungsentgelt könne danach nicht mehr verlangt werden (OLG Celle, NJW 1967, 1967; Palandt/Sprau, BGB, 66. Aufl., § 693 Rz. 1). Nach anderer Ansicht soll sich der Anspruch ausschließlich aus § 304 BGB ableiten (Prütting/Wegen/Weinreich/, BGB, Aufl. 2006, § 689 Rz. 2, Hüffer in MünchKomm, 4. Aufl., § 689 BGB Rz. 6).

Die Entscheidung darüber hängt maßgeblich von der Beantwortung der Frage ab, ob das von der Klägerin geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht ein Recht zum Besitz i.S.d. § 986 BGB gibt und damit die Vindikationslage ausgeschlossen wird.

Auch diese Frage ist umstritten. Während eine...

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