Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 06.09.2017; Aktenzeichen 22 O 234/17)

 

Tenor

Die Berufung der Verfügungsklägerin gegen das am 6. September 2017 verkündete Urteil der Zivilkammer 22 des Landgerichts Berlin - 22 O 234/17 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

A. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 542 Abs. 2, 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

B. Die Berufung der Verfügungsklägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Die Verfügungsklägerin hat gegen die Verfügungsbeklagte keinen Anspruch gemäß § 648 BGB a. F. auf Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung eines Anspruchs auf Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek.

1. Die materielle Rechtslage richtet sich nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Bauvertragsrechts, zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung, zur Stärkung des zivilprozessualen Rechtsschutzes und zum maschinellen Siegel im Grundbuch- und Schiffsregisterverfahren geltenden Fassung, denn das den Rechtsbeziehungen der Parteien zu Grunde liegende Schuldverhältnis ist vor dem 1. Januar 2018 entstanden (Art. 229 § 39 EGBGB). Die zitierten Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) beziehen sich daher auf diese Fassung des Gesetzes.

2. Die Berufung ist bereits deshalb zurückzuweisen, weil die Verfügungsklägerin ihren Antrag auf neuen Vortrag stützt, mit dem sie gemäß § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen ist.

Mit Schriftsatz vom 8. Juni 2018 hat die Verfügungsklägerin vorgetragen, dass sie die nach ihrer Auffassung zu sichernde Werklohnforderung in Höhe von 4.271.096,97 EUR zunächst mündlich am 20. August 2017 und sodann in schriftlicher Form mit notarieller Beglaubigung der Unterschriften am 29. August 2017 an die ... &... H... - und T... GmbH abgetreten habe. Insoweit hat sie ihren Antrag in der zweiten Instanz umgestellt und begehrt, dass die streitgegenständliche Vormerkung zugunsten der Zessionarin eingetragen wird. Die Verfügungsbeklagte hat die Tatsache der - zeitlich noch vor der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung am 6. September 2017 erfolgten - Abtretung bestritten.

Der erst in der Berufungsinstanz eingeführte neue Tatsachenvortrag der Verfügungsklägerin ist am Maßstab des § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, sodass die Berufung schon deshalb zurückzuweisen ist, weil der Anspruch aus § 648 BGB nur dem Bauunternehmer und nicht einem Dritten zustehen kann.

Nach § 531 Abs. 2 ZPO sind neue Angriffs- und Verteidigungsmittel in der Berufungsinstanz nur noch unter den dort genannten Voraussetzungen zuzulassen, nämlich dann, wenn sie einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist (Nr. 1), oder wenn sie im ersten Rechtszug wegen eines Verfahrensmangels (Nr. 2) oder im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht (Nr. 3). Diese Voraussetzungen hat der Berufungsführer darzulegen und ggf. auch zu beweisen.

Der Berufungsbegründung ist nicht zu entnehmen, dass diese Voraussetzungen vorliegen. Insbesondere ist dem Vortrag der Verfügungsklägerin auch nicht zu entnehmen, dass die Abtretung nicht in erster Instanz vorgetragen worden ist, ohne dass dies auf ihrer Nachlässigkeit beruht. Nachlässigkeit fällt einer Partei insbesondere zur Last, wenn sie gegen die ihr gemäß § 282 ZPO obliegende Prozessförderungspflicht verstoßen hat. Danach hat jede Partei ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht. Hiergegen hat die Verfügungsklägerin verstoßen, ohne hierfür eine Erklärung abzugeben.

Die Abtretung ist auch nicht deshalb zu berücksichtigen, weil die Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 14. Juli 2018 die beglaubigte Fotokopie der Abtretungsvereinbarung vom 29. August 2017 vorgelegt hat. Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 18. November 2004 - IX ZR 229/03 - (NJW 2005, 291) zwar festgestellt, dass das Berufungsgericht neuen Tatsachenvortrag dann zu berücksichtigen hat, wenn dieser unstreitig ist. Durch die Vorlage der beglaubigten Fotokopie der Abtretungsvereinbarung ist die Abtretung aber nicht unstreitig geworden, die Verfügungsbeklagte hat ihr Bestreiten vielmehr ausdrücklich aufrechterhalten und Erklärungsfrist beantragt, die ihr zu gewähren gewesen wäre, wenn es auf die zum Zwecke des Urkundenbeweises vorgelegte Abtretungserklärung ankäme. Hierdurch würde eine Verzögerung des Rechtsstreits eintreten. Unabhängig davon ist bestrittener Vortrag, über den Urkundenbeweis zu erheben ist, nicht "unstreitig" im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.

3. Im Übrigen ist die Berufung aber auch deshalb zurückzuweisen, weil der...

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