Leitsatz (amtlich)

1. Wenn in einem Mietvertrag als Beginn der Mietzinszahlungspflicht des Mieters die "Fertigstellung" der vom Vermieter übernommenen Sanierungsarbeiten vereinbart worden ist, besteht für den Mieter keine Übernahmeverpflichtung des Mietobjekts, wenn noch zahlreiche - auch kleinere - Mängel vorhanden sind; auf die Abnahmefähigkeit nach § 640 Abs. 1 BGB kommt es dabei nicht an.

2. Der Mieter ist zur Erbringung der vereinbarten Sicherheit nicht verpflichtet, solange der Vermieter Mietzins nicht verlangen kann.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 16.03.2004; Aktenzeichen 29 O 472/03)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 21.03.2007; Aktenzeichen XII ZR 255/04)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 16.3.2004 verkündete Teil- und Grundurteil der Zivilkammer 29 des LG Berlin - 29 O 472/03 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 7.300 Euro abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Berufung der Klägerin richtet sich gegen das am 16.3.2004 verkündete Teil- und Grundurteil der Zivilkammer 29 des LG Berlin - 29 O 427/03 -, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Die Klägerin hält das Urteil für unzutreffend. Die Mieträume seien jedenfalls Ende Februar 2003 in vertragsgemäßem Zustand gewesen, so dass die Beklagte ab März 2003 zur Mietzinszahlung verpflichtet gewesen sei. Da die Beklagte die vertraglich vorgesehene Bürgschaft trotz Mahnung nicht erbracht habe, sei sie - die Klägerin - sodann zur Kündigung des Mietvertrages aus wichtigem Grund berechtigt gewesen. Die von der Beklagten hingegen ausgesprochene Kündigung sei unwirksam gewesen, weil der Beklagten ein Kündigungsrecht wegen nicht erfolgter Fertigstellung der Mieträume nicht zur Seite gestanden habe. Deshalb sei auch der mit der Widerklage geltend gemachte Schadensersatzanspruch wegen entgangenen Gewinns unbegründet.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin in der Berufungsinstanz wird auf ihre Schriftsätze v. 5. Juli, 10. und 18.11.2004 verwiesen.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an sie 89.004,48 Euro nebst Zinsen i.H.v. 8 % über dem Basiszins aus je 44.502,24 Euro seit 1.4. und 1.5.2003 zu zahlen und die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des LG für zutreffend.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten in der Berufungsinstanz wird auf ihre Schriftsätze v. 14.10. und 12.11.2004 verwiesen.

II. Die Berufung ist unbegründet, weil das LG zu Recht die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben hat.

1. Soweit es den geltend gemachten Mietzinsanspruch der Klägerin für den Zeitraum v. 1. bis zum 28.3.2003 angeht, liegen die Voraussetzungen zur Mietzinszahlung nach § 5 Abs. 1 S. 2 des - insoweit unverändert gebliebenen - Mietvertrages v. 27.9.1999 nicht vor. Die Beklagte war zur Übernahme der Mieträume nicht verpflichtet, weil die Voraussetzungen für eine Übergabe nach § 4 Abs. 2 des Vertrages weder zu diesem Zeitpunkt noch später vorlagen.

a) Soweit das LG dies damit begründet hat, dass eine Fertigstellung der Häuser i.S.d. Mietvertrages bereits deshalb nicht anzunehmen sei, weil - unstreitig - jegliche Grundausstattung hinsichtlich der aus Titel III (gebäudetechnische Ausrüstung), S. 20 der Baubeschreibung, vorgesehenen Grundinstallation für die Telekommunikationsanlagen gefehlt habe, wird zunächst auf die Ausführungen im landgerichtlichen Urteil unter I.1.b) der Entscheidungsgründe Bezug genommen, denen sich der Senat in vollem Umfang anschließt. Soweit der Geschäftsführer der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat darauf hingewiesen hat, dass insoweit die vertraglichen Regelungen nicht mehr gegolten haben und durch eine andere Verfahrensweise der Parteien ersetzt worden seien, dürfte dem zunächst die - qualifizierte - Schriftformklausel in § 21 Abs. 3 des Vertrages bzw. §§ 4, 5 der nachfolgenden Änderungsverträge entgegenstehen. Es kann keinem vernünftigen Zweifel unterliegen, dass diese Klausel von den Parteien als so wirksam angesehen worden ist, dass ihre Aufnahme in sämtiche notariellen Verträge trotz Änderung anderer Teile des ursprünglichen Mietvertrages erfolgt ist. Deshalb kann nicht ohne Weiteres die Rechtsprechung des BGH zur auch stillschweigend möglichen Abänderung sog. einfacher Schriftformklauseln übernommen werden. Erforderlich ist hier vielmehr, dass sich die Parteien über eine Änderung der qualifizierten Schriftformklausel geeinigt hben (vgl. schon BGH, Urt. v. 17.4.1991 - XII ZR 15/90, NJW-RR 1991, 1289; Juris Nr. KORE 553429100). Hierzu hat die Klägerin allerdings auch in der Berufungsinstanz Konkretes nicht vorgetragen.

Aber selbst wenn man auch hier eine konkludente Abänderung der Schriftformklausel für ...

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