Leitsatz (amtlich)

Zwischen dem (Kfz.-) Haftpflichtversicherer und dem Mitversicherten besteht ein vertragliches Schuldverhältnis, weshalb sich im Fall des Regresses des Versicherers gegen den Mitversicherten das anzuwendende Recht gemäß Art. 7 Abs. 2 Rom-I-VO nach dem Recht des Versicherungsvertrages, also dem gewöhnlichen Aufenthaltsort bzw. Sitz des Versicherers bestimmt.

 

Normenkette

Rom-I-VO Art. 7 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 45 O 466/15)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 18.03.2020; Aktenzeichen IV ZR 62/19)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das am 16. Mai 2017 verkündete Urteil der Zivilkammer 45 des Landgerichts Berlin - 45 O 466/15 - teilweise geändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.558,76 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. März 2013 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagte zu 88 % und die Klägerin zu 12 % zu tragen.

Das Urteil sowie im Umfang der Zurückweisung der Berufung das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des auf Grund der Urteile vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 10 % Sicherheit leistet.

Die Revision wird für die Beklagte zugelassen, für die Klägerin nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin, eine in Vilnius (Litauen) ansässige Haftpflichtversicherung, begehrt von der Beklagten als (mit-) versicherter Fahrzeugführerin im Wege des Regresses Erstattung des von ihr im Rahmen ihrer Leistungspflicht an den Unfallgegner geleisteten Schadenersatzes sowie der im Zusammenhang mit der Abwicklung in Deutschland entstandenen Aufwendungen, insgesamt 6.306,30 EUR, die sich wie folgt zusammensetzen:

Reparaturkosten (netto) 3.384,361 EUR

Gutachtenkosten 707,46 EUR

Wertminderung 900,00 EUR

Kostenpauschale 25,00 EUR

Zwischensumme 5.017,07 EUR

RA-Kosten des Unfallgegners 546,69 EUR

Akteneinsicht 74,89 EUR

Kosten des Schadenregulierers 667,65 EUR

Summe 6.306,30 EUR

Das von der Beklagten am 14. Januar 2012 in Berlin geführte Kraftfahrzeug, ein Pkw ... (Baujahr 1996), war in Litauen mit dem amtlichen Kennzeichen ...... zugelassen und bei der Klägerin aufgrund des mit der in ... (Litauen) wohnenden Halterin ... unter dem 29. Juni 2011 geschlossenen Versicherungsvertrages seit dem 6. Juli 2011 haftpflichtversichert. Der Versicherungsvertrag lautet sinngemäß (die von der Klägerin eingereichte Übersetzung weist sprachliche und inhaltliche Mängel auf) u.a. wie folgt:

1.4. Für den Vertrag gelten die Bestimmungen des Gesetzes über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung (17.05.2007 Nr. X-1137, Amtsblatt 2007, Nr. 61-2340, im Folgenden Gesetz), die von der Kommission für Versicherungsaufsicht der Republik Litauen bestätigten Standardversicherungsbedingungen (23.04.2004 Nr. N-47, Amtsblatt 2004, Nr. 63-2286), die von der Regierung der Republik Litauen festgesetzten Regeln über die Feststellung des während des Verkehrsunfalls zugefügten Schadens und dessen Auszahlung (23.06.2004 Nr. 795, Amtsblatt 2004, Nr. 1003718) sowie sonstige Rechtsakte.

...

4.1. In den im Gesetz vorgesehenen Fällen hat der Versicherer das Recht, von dem Versicherungsnehmer (laut Übersetzung mit Google Translate zumindest nicht Teil des Wortlautes) oder dem Halter (bzw. Betreibers) des versicherten Fahrzeuges die ausgezahlte Summe oder einen Teil davon zurückzufordern.

4.2. Der Versicherungsnehmer gilt auch dann als verantwortlich für Verletzungen des Vertrages, wenn die aus dem Vertrag entstehenden Pflichten von Personen verletzt werden, die als Vertreter des Versicherungsnehmers handeln.

Die in Berlin wohnende Beklagte, eine deutsche Staatsangehörige, befuhr am 14. Januar 2012 unter Alkoholeinfluss (1,91 Promille) mit diesem Pkw die Straße Am Tierpark, 10319 Berlin, in südlicher Richtung. Gegen 2.30 Uhr kollidierte in Höhe der Hausnummer 60 vor der Einmündung der Franz-Mett-Straße, der von der Beklagten gelenkte Pkw .... mit dem amtlichen Kennzeichen ..... (LT) seitlich mit dem in gleicher Richtung fahrenden, von dessen Eigentümer ... gelenkten Pkw ... mit dem amtlichen Kennzeichen .... Der Pkw .... wurde vorne links, der Pkw .... hinten rechts eingedellt.

Die Schadensabwicklung erfolgte für die Klägerin über die Intereurope AG Germany als Schadensregulierer. Der Schaden des Unfallgegners wurde erstattet, weil die Beklagte aus dem Rechtsabbiegerfahrstreifen in den von dem Unfallgegner genutzten benachbarten linken Fahrstreifen sorgfaltswidrig gefahren war, ohne den Vorrang des Unfallgegners zu beachten.

Die Klägerin hat gemeint, die Beklagte sei ihr aus Art. 22 Abs. 1 Nr. 1 des litauischen Gesetzes über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter zur Erstattung der Beträge wegen der Trunkenheitsfahrt in voller Höhe verpflichtet.

Art. 22 lautet sinngemäß:

Artikel 22. Rückforderung von durch den Versicherer gezahlten Beträgen

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