Entscheidungsstichwort (Thema)

"Berliner Gauklerfest"

 

Leitsatz (amtlich)

Zur fehlenden Verwechslungsgefahr zwischen einer Wort-Bild-Marke mit dem Wortbestandteil "Berliner Gauklerfest" einerseits und einem (reinen) Wortzeichen "Berliner Gauklerfest" andererseits.

 

Normenkette

MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 03.07.2012; Aktenzeichen 15 O 260/12)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Antragsgegner wird das Urteil der Zivilkammer 15 des LG Berlin vom 3.7.2012 - 15 O 260/12 - teilweise geändert:

Der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

2. Die Antragsgegner werden des Rechtsmittels der Berufung gegen das vorbezeichnete Urteil insoweit für verlustig erklärt, als sie die Berufung zurückgenommen haben (betreffend die Zurückweisung ihrer Gegenverfügungsanträge).

3. Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

 

Gründe

A. Von der Wiedergabe eines Tatbestands wird gem. § 540 Abs. 2 i.V.m. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

B. Die Berufung der Antragsgegner ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und auch sonst zulässig. Sie ist - soweit aufrechterhalten - auch in der Sache begründet.

Zu Unrecht hat das LG in der angefochtenen Entscheidung (nachfolgend: "LGU" nebst Seitenzahl) dem auf § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG gestützten Untersagungsbegehren hinsichtlich einer Benutzung der Wortzeichen "Berliner Gauklerfest" und "Berliner Pilsener Sommerfest/Gauklerfest 2012" mit der Begründung stattgegeben, es bestünde insoweit jeweils Verwechslungsgefahr mit der (farbig) eingetragenen Wort-/Bildmarke

Eine Verwechslungsgefahr ist hier zu verneinen, und zwar sowohl hinsichtlich "Berliner Gauklerfest" (dazu nachfolgend B I-IV) als auch (und dann erst recht) hinsichtlich "Berliner Pilsener Sommerfest/Gauklerfest 2012" (dazu unten B V).

I. Zwar stellt das LG die rechtlichen Grundsätze zur Beurteilung des Vorliegens einer Verwechslungsgefahr i.S.v. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zutreffend dar (LGU 14, letzter Abs.), weshalb der Senat darauf zur Vermeidung von Wiederholungen verweist.

II. Nicht zugestimmt werden kann aber der Annahme des LG, bei dem hier allein übereinstimmenden Element zwischen der (komplexen) Marke und dem angegriffenen Zeichen, nämlich der Wortfolge "Berliner Gauklerfest" handle es sich um einen zwar kennzeichnungsschwachen, aber nicht gänzlich schutzunfähigen Markenbestandteil (LGU 15 Abs. 2, LGU 16 Abs. 1, LGU 18 Abs. 2). Nach der Beurteilung des Senats ist diese Wortfolge einer (originären) Kennzeichnungskraft nicht zugänglich, und zwar auch nicht in einem noch so geringen Ausmaß (anders als das in der vom LG angeführten Entscheidung Senat NJOZ 2004, 2763 - Miss Intercontinental - [soeben noch] der Fall gewesen ist). Denn mit Blick auf die hier vom Markenschutz erfassten Dienstleistungen ...

Vorbereitung, Organisation und Durchführung von Vergnügungs- und Volksfesten in Verbindung mit folkloristischen, akrobatischen und musikalischen Darbietungen ... handelt es sich bei "Berliner Gauklerfest" um die rein beschreibende Angabe zu einem Fest, an dem Gaukler teilnehmen und das in Berlin stattfindet.

1. Das LG leitet seine gegenteilige Ansicht u.a. aus einer Analyse und Beurteilung des Begriffs "Gaukler" her (LGU 15 Abs. 2). Zu Recht und mit zutreffendem Verweis auf http://www.duden.de/rechtschreibung/Gaukler definiert es "Gaukler" als Begriff für jemanden "der akrobatische o.Ä. Kunststücke auf dem Jahrmarkt vorführt". Insoweit "quellenwidrig" ist allerdings die sich daran anschließende Feststellung des LG, der Begriff sei veraltet (und deshalb nicht rein beschreibend). Denn laut "Duden" (a.a.O.) ist der Begriff nicht veraltet, sondern lediglich "veraltend", also durchaus (noch) sprachgebräuchlich, was auch der Einschätzung der Mitglieder des erkennenden Senats entspricht. Im Übrigen bedingen folkloristische Darbietungen tradierte Kostümierungen, was dann wiederum auch gerade zur tradierten Bezeichnung von so kostümierten Personen (hier: "Gauklern") im weiterhin allgemeinen (kontextgebundenen) Sprachgebrauch führt (vergleichbar etwa einem "Narrenfest", "Ritterspielen" o.Ä.).

2. Das Element "Berliner" beschreibt hier - entgegen LGU 16 Abs. 1 - ebenfalls nur etwas, nämlich den Ort des Festes, und gibt - von Hause aus - nur einen Hinweis auf die geografische, nicht aber auf die betriebliche Herkunft der in Rede stehenden Dienstleistungen. Das kann bei anderen Produkten (vgl. hierzu z.B. die vom LG angeführte Entscheidung BGH GRUR 2009, 772 - Augsburger Puppenkiste) durchaus anders sein, bei der hier in Rede stehenden "Vorbereitung, Organisation und Durchführung von Vergnügungs- und Volksfesten" ist das aber nach Auffassung des Senats nicht so.

Auch die Hinweise der Berufungserwiderung beispielsweise auf das Münchener Oktoberfest, das erst durch die Ortsangabe zum bekanntesten bayrischen Volksfest werde, verteidigen die angegriffene Entscheidung ohne Erfolg. Denn auch in diesem Beispiel belegt das "Münchener" für sich geno...

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