Entscheidungsstichwort (Thema)

"Empfehlung" der VOB/B durch deren bloße Erstellung in Kenntnis der allgemeinen Benutzung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der "Empfehlung" der VOB/B durch deren bloße Erstellung in Kenntnis der allgemeinen Benutzung (§ 1 UKlaG).

Zur Inhaltskontrolle von Einzelklauseln, wenn die VOB/B als Ganzes vereinbart werden.

 

Normenkette

UKlaG § 1; VOB/B

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 26 O 46/05)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 24.07.2008; Aktenzeichen VII ZR 55/07)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung des Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Wegen des Sachverhalts wird zunächst auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das LG hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, zwar sei der Kläger klagebefugt, insbesondere erstelle und empfehle der Beklagte die VOB/B nicht ausschließlich zur Verwendung zwischen Unternehmern und/oder der öffentlichen Hand. Der Beklagte sei damit nämlich als Empfehler von allgemeinen Geschäftsbedingungen i.S.d. § 1 UKlaG zu qualifizieren, weil er die VOB/B nicht nur unstreitig erstelle, sondern eben auch nach außen als deren Urheber in Erscheinung trete - dies sei insbesondere davon unabhängig, dass die VOB/A und die VOB/B durch das Bundesministerium veröffentlicht werde.

Jedoch sei ein Verstoß der beanstandeten Klauseln gegen die Vorschriften der §§ 307 ff. BGB nicht gegeben. Der Beklagte empfehle nämlich nicht einzeln die hier beanstandeten Klauseln, sondern die Verwendung der VOB/B als Vertragswerk im Ganzen. Auch nach dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes stelle die VOB/B ein insgesamt ausgewogenes Konzept dar, das im Rahmen eines Werkvertrages sowohl die Auftraggeber- als auch die Auftragnehmerinteressen angemessen berücksichtige, weil einzelne Nachteile durch entsprechende Vorteile jeweils angemessen ausgeglichen würden. Die VOB/B berücksichtige mithin die Interessen beider Vertragspartner, so wie sie auch von Vertretern beider Interessengruppen ausgearbeitet werde. Einzelne Klauseln könnten daher nicht isoliert einer Inhaltskontrolle unterzogen werden. Die Privilegierung der VOB/B; die der BGH in ständiger Rechtsprechung vornehme, sei auch durch die Schuldrechtsreform nicht entfallen. Im Gegenteil seien die bisher in §§ 23 Abs. 2 Ziff. 5 AGBG normierten Privilegierungen der VOB/B unverändert in §§ 308 Nr. 5, 309 Nr. 8 BGB übernommen worden. Daraus ergebe sich, dass der Gesetzgeber in Kenntnis der ständigen Rechtsprechung des BGH keine Veränderung der Gesetzeslage erreichen wollte.

Der BGH selbst habe sich bislang zu der Rechtslage nach der Schuldrechtsreform nicht geäußert, die Kammer sehe aber keinen Anlass, die Rechtslage abweichend zu beurteilen.

Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Richtlinie 93/13/EWG. Diese schließe entgegen der Auffassung der Klägerin gerade nicht aus, dass ein Klauselwerk insgesamt betrachtet werde und nicht nur einzelne Klauseln isoliert geprüft würden. Eine Vorlage an den EuGH sei nicht erforderlich, weil zum einen keine Zweifel an der Auslegung der genannten Richtlinie bestünden, zum anderen eine Vorlagepflicht schon wegen der Möglichkeit der Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil nicht gegeben sei.

Der Kläger greift das erstinstanzliche Urteil an, wiederholt im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag und ergänzt diesen.

Der Kläger ist der Auffassung, der Beklagte als Urheber und Empfehler der VOB/B habe kein ausgewogenes Gesamtregelwerk geschaffen, beteiligte Verbraucher würden entgegen der Vorschriften der §§ 307 ff. BGB unangemessen benachteiligt. Die Kontrollfreistellung der VOB/B als Regelwerk verstoße gegen die Richtlinie 93/13/EWG, weil darin eine branchenspezifische nationale Bereichsausnahme von der gebotenen Inhaltskontrolle vorliege, für deren Berechtigung es in der Richtlinie 93/13/EWG keine Grundlage gebe. Wenn der Unternehmer gegenüber einem Verbraucher die VOB/B verwende, dann sei diese als Klauselwerk im Sinne des Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 93/13/EWG anzusehen. Auf den Umstand, dass die VOB/B von Auftraggebern und Auftragnehmern gemeinsam erarbeitet werde, komme es nicht an, weil es sich bei den beteiligten Auftraggebern nicht um Verbraucher handele. Es sei auch keine Legalausnahme der Richtlinie 93/13/EWG wie in Art. 1 Abs. 2 einschlägig. Die nationale Sonderbehandlung durch die Kontrollfreistellung widerspreche evident dem Kontrollanliegen der Richtlinie 93/13/EWG. Auch das kompensatorische Element des Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG sei nicht einschlägig, weil die Richtlinie bei zutreffender Auslegung lediglich eine enge Kompensation (Ausgleich eines N...

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