Leitsatz (amtlich)

Die notarielle Fachprüfung ist eine berufsbezogene Prüfung, die der vollständigen gerichtlichen Nachprüfung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unterfällt.

Im Hinblick auf das Gebot der Chancengleichheit der Berufsbewerber ist den Prüfern außerhalb fachlicher Fragen ein nur eingeschränkt zu überprüfender Beurteilungsspielraum zuzubilligen.

Diese Grundsätze gelten unabhängig davon, ob es sich bei der Prüfung um den ersten oder den zweiten und letzten Versuch des Kandidaten handelt.

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 13.03.2017; Aktenzeichen NotZ(Brfg) 6/16)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des jeweils vollstreckbaren Betrags leistet.

Der Verfahrenswert beträgt 25.000,00 EUR.

 

Tatbestand

Der Kläger nahm zwischen dem 23. und 27. September 2013 am von dem Beklagten (bzw. seiner damaligen Leiterin) durchgeführten schriftlichen Teil der notariellen Fachprüfung teil.

Mit am 9. Januar 2014 zugestelltem Bescheid vom 8. Januar 2014 hat der Beklagte dem Kläger die Bewertung seiner Aufsichtsarbeiten wie folgt mitgeteilt:

Klausur F 20-35

9,00 Punkte

Klausur F 20-40

8,50 Punkte

Klausur F 20-43

3,00 Punkte

Klausur F 20-45

3,00 Punkte.

Zugleich hat der Beklagte festgestellt, dass mehr als eine der Aufsichtsarbeiten mit weniger als 4,00 Punkten bewertet worden, der Kläger damit von der mündlichen Prüfung ausgeschlossen sei und die notarielle Fachprüfung nicht bestanden habe. Wegen der Einzelheiten der Klausuren, ihrer Lösungen durch den Kläger und die Ausführungen der Korrektoren hierzu wird auf die Verwaltungsakte verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 9. Februar 2014 hat der Kläger gegen diesen Bescheid Widerspruch erhoben und in der Folge die Beurteilung der Klausuren F 20-43 und F 20-45 bemängelt. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt II 12 und 19 bis 22 der Verwaltungsakte verwiesen. Auf Aufforderung des Beklagten nahmen die Erst- und Zweitkorrektoren zu den Einwendungen des Klägers Stellung, blieben aber bei den Bewertungen der Aufsichtsarbeiten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte Blatt II 30 bis II 31 und II 49 bis II 50 (Stellungnahmen Erstkorrektor F 20-45), II 32 und II 54 (Stellungnahmen Zweitkorrektorin F 20-45), II 37 bis II 38 (Stellungnahme Erstkorrektor F 20-43) sowie II 39 bis II 40 (Stellungnahmen Zweitkorrektor F 20-43) verwiesen.

Der Beklagte hat mit am 26. Juni 2015 zugestelltem Bescheid vom 22. Juni 2015, wegen dessen Einzelheiten auf Blatt 8 bis 14 der Akte verwiesen wird, den Widerspruch des Klägers auf dessen Kosten zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die am 27. Juli 2015 eingegangene Klage, worin der Kläger an seinen Einwendungen aus dem Widerspruchsverfahren gegen die Bewertung der Klausur F 20-45 festhält.

Der Kläger trägt vor, die von ihm vorgenommene Zuordnung des GbR-Anteils an dem Betriebsgrundstück zum Privatvermögen des M sei zumindest vertretbar. Im Rahmen der GbR werde der M zumindest nicht unternehmerisch tätig. Ausführungen zum Ausschluss der Abänderbarkeit der gewünschten Unterhaltsregelung seien nicht erforderlich gewesen. Gefragt worden sei lediglich nach einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts. Die von ihm geschaffene Unterhaltsregelung sei auch nicht unbrauchbar. Weder sei es fehlerhaft, dass sich sein Formulierungsvorschlag nur auf einen Satz beschränke, noch könnten Formulierungen erwartet werden, wie sie in einschlägigen Formularbüchern enthalten seien. Schließlich habe sich die Zweitkorrektorin nicht in ausreichendem Maße mit seinen Prüfungsleistungen auseinander gesetzt.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung ihres Bescheides vom 08.01.2014 (Aktenzeichen: E ---II ---- / s-) und des Widerspruchsbescheides vom 22.06.2015 (Aktenzeichen: E ---// ---0-) zu verpflichten, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden,

die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Dem Senat lag der den Kläger betreffende Verwaltungsvorgang des Beklagten - E ---II ---0- - vor. Dieser war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Klage ist als Verpflichtungsklage statthaft, § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO. Der Kläger strebt die Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 8. Januar 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 22. Juni 2015 und dessen Verpflichtung zur Neubescheidung an. Insofern handelt es sich um eine Bescheidungsklage als Unterart der Verpflichtungsklage, § 113 Abs. 5 S. 2 VwGO (VGH Kassel, Beschluss vom 29. April 2010 - 8 A 3247/09 - Juris; Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl., Rdn. 829). Das gerichtliche Verfahren richtet sich nach den Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung soweit sich aus der Bundesnot...

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