Entscheidungsstichwort (Thema)

Reinigungspflicht in Berlin hoheitlich geregelt

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Straßenreinigung ist in Berlin hoheitlich geregelt.

2. Ist die Reinigungspflicht einer Behörde gesetzlich als hoheitliche Aufgabe festgelegt und wird die Reinigungspflicht aufgrund privatrechtlichen Vertrages einer Firma übertragen, handeln die Mitarbeiter dieser Firma "in Ausübung eines öffentlichen Amtes" i.S.v. Art. 34 GG und sind gegenüber Dritten haftungsrechtlich freigestellt.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 16.04.2013; Aktenzeichen 2 O 25/13)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 09.10.2014; Aktenzeichen III ZR 68/14)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 16.4.2013 verkündete Urteil der Zivilkammer 2 des LG Berlin wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Streithelferin zu 2 hat die Klägerin zu tragen. Die Kosten der Streithelferin zu 1 trägt diese selbst.

Das angefochtene Urteil und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweiligen Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt aus übergegangenem Recht Schadensersatz für zwei bei ihr Versicherte mit der Begründung, diese seien jeweils am 20.1.10 und 5.2.2010 gestürzt, weil die von der Streithelferin zu 2 (nachfolgend: B.) mit der Schneebeseitigung beauftragte Beklagte die mit einer durchgehenden Glatteisfläche und darauf liegendem Schnee bedeckten Gehwege im Haltestellenbereich einer Tram nicht geräumt habe. Die Parteien streiten um die Frage, ob die Beklagte passivlegitimiert ist. Wegen der tatsächlichen Feststellungen und der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das LG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Beklagte sei nicht passivlegitimiert. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils verwiesen.

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Berufung gegen die Klageabweisung und begehrt vollumfänglich Verurteilung der Beklagten wie erstinstanzlich beantragt. Sie trägt weiter vor: Der Gesetzgeber habe die Straßenreinigung als hoheitliche Aufgabe nur deshalb so bezeichnet, um sicherzustellen, dass diese Aufgabe durch eine Behörde hoheitlich kontrolliert und überwacht wird. Der Streithelfer zu 1 (nachfolgend: L...B.) bzw. die Streithelferin zu 2 (nachfolgend: B.) sollten befugt sein, die Aufgaben auf private Dritte, wie die Beklagte, zu übertragen, ohne dass diese sofort als Beliehene und/oder Verwaltungshelfer gelten. Die Tätigkeit der Mitarbeiter der Beklagten sei nicht hoheitlich, sondern fiskalisch. Der von der Beklagten oder den Streithelfern vorzulegende Vertrag zwischen der B.und der Beklagten ergebe, dass die Beklagte anstelle oder neben den Streithelfern hafte. Die Beklagte sei der Verpflichtung des L...B.bzw. der B.auch beigetreten.

Der Streithelfer zu 1 schließt sich den Anträgen der Klägerin an, die Streithelferin zu 2 beantragt Zurückweisung der Berufung.

Dies Beklage hält das Urteil für zutreffend und trägt weiter vor.

Wegen der übrigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf die von ihnen eingereichten Urkunden Bezug genommen.

II. Die Berufung konnte keinen Erfolg haben. Das LG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Beklagte ist nicht passivlegitimiert. Der Senat schließt sich den umfassenden und zutreffenden Ausführungen des LG an. Die Berufungsbegründung rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Ist die Reinigungspflicht einer Behörde gesetzlich als hoheitliche Aufgabe festgelegt und wird die Reinigungspflicht aufgrund privatrechtlichen Vertrages einer Firma übertragen, handeln Mitarbeiter dieser Firma "in Ausübung eines öffentlichen Amtes" i.S.v. Art. 34 GG und sind gegenüber Dritten haftungsrechtlich freigestellt. Nur zur Ergänzung und zum Berufungsvorbringen gilt folgendes:

Die Formulierung in § 4 I 4 StrReinG Berlin lässt nicht darauf schließen, dass damit nur eine hoheitliche Kontrolle und Überwachung privater Reinigungsunternehmen gewährleistet werden soll. Der Wortlaut der Bestimmung ist klar und nicht auslegungsfähig. Danach werden die Aufgaben des L...B.von den B.S...(B.) hoheitlich durchgeführt. Die hoheitliche Durchführung betrifft die gesamten Aufgaben, die sich aus dem Straßenreinigungsgesetz ergeben. Eine Aufspaltung in einen hoheitlichen Überwachungs- und Kontrollteil einerseits und einen privatrechtlichen Übertragungsteil andererseits ist der Bestimmung nicht ansatzweise zu entnehmen. Die sich aus dem Straßenreinigungsgesetz ergebenden Pflichten der B.sind insgesamt hoheitlich wahrzunehmen.

Richtig ist, dass die B.befugt sein sollte, die ihr übertragenen Aufgaben auf Dritte, auch auf private Dritte zu übertragen. Es trifft auch zu, dass die Beklagte mit der Übertragung der Straßenreinigung nicht die Stellung ...

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