Leitsatz (amtlich)

1. Die Bestimmung eines Bauträgervertrages, wonach die Schlussrate bereits bei Fälligkeit der Bezugsfertigkeitsrate auf ein Anderkonto der beurkundenden Notarin zu zahlen ist, weicht nicht zu Lasten des Erwerbers von § 3 Abs. 2 MaBV ab und ist also wirksam.

2. Der Rücktritt eines Bauträgers vom Bauträgervertrag kann auch nach einer Fristsetzung mit Zuvielforderung wirksam sein. Entscheidend ist, ob der Erwerber die überhöhte Zahlungsaufforderung so verstehen musste, dass er jedenfalls den tatsächlich geschuldeten Betrag zu zahlen hat, und er diesen unschwer ermitteln kann.

3. Auch auf den Rücktritt eines Bauträgers von einem Bauträgervertrag findet § 323 Abs. 5 S. 2 BGB Anwendung.

4. Ob die Pflichtverletzung einer Vertragspartei unerheblich im Sinne von § 323 Abs. 5 S. 2 BGB ist, ist stets aufgrund einer Gesamtabwägung zu entscheiden, die abstrakte Anknüpfung an einen Zahlungsrückstand in Höhe eines bestimmten Schwellenwertes ist kein geeignetes Kriterium.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 65 O 10/18)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts vom 7. September 2018 wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Dieses und fortan auch das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleitung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einem Bauträgervertrag wegen der verzögerten Übergabe einer Eigentumswohnung auf Schadensersatz in Anspruch.

Mit notariellem Vertrag vom 8. November 2011 (Anlage K 1, im Folgenden auch "Bauträgervertrag") kaufte die Klägerin von der Beklagten einen Miteigentumsanteil von 530/10.000 an dem Grundstück G... Berlin verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan der Teilungserklärung vom 22. August 2011 mit Nr. 24 bezeichneten Wohnung (im Folgenden auch "Wohnung 24" oder "Wohneinheit"). Daneben kaufte die Klägerin das Sondereigentum an den Stellplätzen Nr. 31 und 50 in der zu der Anlage gehörenden Tiefgarage mit den dazu gehörenden Miteigentumsanteilen von jeweils 24/10.000 (Wohnung 24 und die Stellplätze im Folgenden auch als "Kaufgegenstand" oder "Vertragsobjekt" bezeichnet).

In Abschnitt III. des Vertrages verpflichtete sich die Beklagte zur Herstellung des Kaufgegenstands gemäß einer in Bezug genommenen Baubeschreibung. Ferner heißt es im Abschnitt III, wobei die Beklagte als "Verkäufer" und die Klägerin als "Käufer" bezeichnet werden:

"4. Fertigstellung

Der Verkäufer sichert zu, den Kaufgegenstand ... bis spätestens 31. März 2012 bezugsfertig herzustellen, sofern die Sonderwünsche und etwaigen Grundrissänderungen bis zum 30. 11.2011 festgelegt sind.

Die vollständige Fertigstellung erfolgt bis zum 30. April 2012. (...)

5. Vertragsstrafe

Hat der Verkäufer die Fristüberschreitung - bezogen auf die Bezugsfertigkeit - zu vertreten, so hat er dem Käufer eine Vertragsstrafe von 10,- EUR/m2 je Monat zu zahlen, wobei die Berechnung tageweise erfolgt. Im Übrigen verbleibt es bei den gesetzlichen Bestimmungen."

Als Kaufpreis für die Wohnung 24 vereinbarten die Parteien 671.365,- EUR, für die beiden Tiefgaragenstellplätze jeweils 28.500,- EUR, insgesamt mithin 728.365,- EUR. 95 % des Kaufpreises sollten in den folgenden Raten fällig werden (vgl. V.2.1 des Vertrages, Anlage K 1):

"25 % nach Beginn der Erdarbeiten (1. Rate)

28 % nach Rohbaufertigstellung, einschließlich Zimmererarbeiten (2. Rate)

12,6 % für die Herstellung der Dachflächen und Dachrinnen sowie für den Fenstereinbau einschließlich der Verglasung (3. Rate)

10,5 % für die Rohinstallation der Heizungs-, Sanitär- und Elektroanlagen sowie für den Innenputz, ausgenommen Beiputzarbeiten (4. Rate)

4,9 % für den Estrich sowie für die Fliesenarbeiten im Sanitärbereich (5. Rate)

10,5 % nach Bezugsfertigkeit und Zug um Zug gegen Besitzübergabe sowie für die Fassadenarbeiten (6. Rate)

3,5 % nach vollständiger Fertigstellung (7. Rate)."

Weiter heißt es in Abschnitt V. des Vertrages, wobei die Parteien wiederum als Käufer und Verkäufer bezeichnet werden:

"2.1 (...) Der Sicherheitseinbehalt in Höhe von 5 % ist zur Zahlung fällig, wenn der Kaufgegenstand (einschließlich Gemeinschaftseigentum) rechtzeitig und ohne wesentliche Mängel (Bezugsfertigkeit) fertig gestellt ist (Abnahmereife). Ist dies nicht der Fall, bestimmt sich die Fälligkeit nach den gesetzlichen Bestimmungen. (...)

4.3 (...) Der Käufer zahlt die letzte Kaufpreisrate mit Fälligkeit der Kaufpreisrate 6 auf ein von der amtierenden Notarin bei einer deutschen Bank neu einzurichtendes Notaranderkonto ein."

In Abschnitt VI. 5 heißt es:

"Der Verkäufer ist zur Übergabe verpflichtet, wenn die Abnahme des Sondereigentums durchgeführt ist und der Käufer alle zu diesem Zeitpunkt fälligen Zahlung...

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