Leitsatz (amtlich)

1. Der dem Grundstücksbesitzer wegen unberechtigten Parkens auf einem Privatparkplatz gegen den Störer zustehende Schadensersatzanspruch (vgl. BGH, Urt. v. 5.6.2009 - V ZR 144/08) umfasst neben den reinen Abschleppgebühren auch in angemessenem Umfang die Kosten für sämtlichen Aufwand, der für die Veranlassung, Vorbereitung und Überwachung der Umsetzung bis zur Abwicklung und Herausgabe an den Schädiger entsteht. Der Geschädigte ist befugt, mit diesen Maßnahmen im Rahmen eines Rahmenvertrages eine Fremdfirma zu beauftragen. Darlegungspflichtig für die Angemessenheit des Aufwandes ist der Geschädigte.

2. Mit dem ihm vom Geschädigten abgetretenen Schadensersatzanspruch darf das beauftragte Unternehmen ein Zurückbehaltungsrecht gegen den Herausgabeanspruch des Schädigers ausüben.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 15.07.2010; Aktenzeichen 9 O 150/10)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 02.12.2011; Aktenzeichen V ZR 30/11)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 15.7.2010 verkündete Urteil des LG Berlin - 9 O 150/10 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Wegen des Sachverhalts wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Folgendes wird ergänzt:

In der Anlage 2 des zwischen der Zedentin und der Beklagte geschlossenen Rahmenvertrages vom 10./25.6.2005 sind unter der Bezeichnung "Bestandsaufnahme" die einzelnen Tätigkeiten aufgeführt, die dem Abschleppvorgang vorausgehen. Die Anlage 3 enthält eine Preisliste über die Grundgebühr ohne und mit Versetzung für verschiedene Fahrzeugklassen. Gemäß § 1 Abs. 1 des Vertrages haben die Vertragsparteien vereinbart, dass der Auftragnehmer auf der Fläche, die Gegenstand des Vertrages ist, abgestellte Fahrzeuge gemäß der Anlage 2 zum Umsetzen vorbereitet, entfernt und auf den nächstmöglichen öffentlichen Parkplatz umsetzt. Auf den Vertrag und den Inhalt der Anlagen 2 und 3 wird Bezug genommen (Anlage B 2 zum Schriftsatz der Beklagten vom 5.6.2010).

Der Zahlungsaufforderung der Beklagten an die Klägerin vom 6.1.2010 war eine der Zedentin gestellte Rechnung desselben Datums beigefügt, die den quer aufgedruckten Aufdruck "Fälligkeit: Nettobetrag" enthielt (Fotokopien Bl. 89f d.A.).

Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe zunächst ein Angebot vom 15.1.2010 unterbreitet, die Angelegenheit gegen Zahlung von 90 EUR abzuschließen. Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 11.2.2010 ließ sie die Beklagte unter Fristsetzung zum 22.2.2010 auffordern, das Fahrzeug herauszugeben, wobei sie bereit sei, einen Gesamtbetrag von 149 EUR zu zahlen (Fotokopie Bl. 122 d.A.).

Der Zeitwert ihres Pkw im Zeitpunkt der Klageerhebung ist von der Klägerin mit 3.000 EUR angegeben worden.

Die Beklagte hat geltend gemacht, sie habe eine Teilleistung von der Klägerin nicht annehmen müssen. Sie hat die Ansicht vertreten, die Klägerin sei im Rahmen der Schadensminderungspflicht gehalten gewesen, entweder den geforderten Betrag unter Vorbehalt zu zahlen oder aber gem. § 273 Abs. 3 BGB in Form der Hinterlegung Sicherheit zu leisten.

Mit dem am 15.7.2010 verkündeten Urteil hat das LG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das LG ausgeführt:

Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Auskunft über den Standort ihres Fahrzeuges zu. Jedoch mache die Beklagte zu Recht ein Zurückbehaltungsrecht aufgrund eines ihr abgetretenen Anspruchs auf Schadensersatz gem. §§ 823 Abs. 2, 858 BGB geltend. Der Forderung stehe nicht die Nichtigkeit der Abtretung gem. § 138 Abs. 2 BGB entgegen. Der erforderliche Grad einer Überschreitung des Angemessenen sei im Vergleich zu dem Betrag von 129 EUR, der in Berlin für die polizeiliche Umsetzung gefordert werde, bei einem geforderten Nettobetrag von 219,50 EUR nicht erreicht. Der geforderte Betrag sei nicht gem. § 254 Abs. 2 BGB zu kürzen. Der Geschädigte, der sich zur Beseitigung einer Rechtsgutsverletzung berechtigtermaßen eines Dritten bediene, könne vom Schädiger nur ausnahmsweise darauf verwiesen werden, sich mit dem Auftragnehmer über die Höhe des Vergütunganspruchs auseinanderzusetzen. Die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts durch die Beklagte sei nicht unverhältnismäßig. Die Maßstäbe des § 320 Abs. 2 BGB seien nicht anzuwenden. Der Klägerin hätte die Möglichkeit zur Verfügung gestanden, die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts durch Hinterlegung der geforderten Summe abzuwenden. Die Klägerin habe nicht einmal die von ihr für berechtigt gehaltenen 150 EUR hinterlegt. Der Klägerin stehe kein Schadensersatzanspruch zu. Es liege keine verbotene Eigenmacht vor. Da die Beklagte zu Recht ein Zurückbehaltungsrecht ausgeübt habe, könne die Klägerin keinen Verzögerungsschaden gem. § 280 BGB geltend machen. Die Klägerin hätte im Übrigen durch...

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