Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum sachlichen Anwendungsbereich des VerkFlBerG

 

Normenkette

VerkFlBerG §§ 1, 2 Abs. 2 Nrn. 1, 3, § 3 Abs. 1-2; VermG § 5 Abs. 1b

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 02.04.2008; Aktenzeichen 1 O 110/07)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 23.10.2009; Aktenzeichen V ZR 15/09)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 2.4.2008 verkündete Urteil der Zivilkammer 1 des LG Berlin - 1 O 110/07 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Wegen der erstinstanzlichen Feststellungen sowie hinsichtlich der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Die Beklagten rügen mit der Berufung im Wesentlichen, dass das LG die Vorschriften des VerkFlBerG entsprechend angewandt hat, obwohl die hier streitgegenständliche Grundstücksfläche zu "DDR-Zeiten" in Volkseigentum überführt worden ist. Voraussetzung für ein Erwerbsrecht des Klägers auf der Grundlage des VerkFlBerG sei jedoch, dass das Grundstück bzw. die betreffende Grundstücksfläche in Privateigentum geblieben sei. Nicht erfasst sei der - hier vorliegende - Fall, dass das in Volkseigentum stehende Grundstück nach dem Vermögensgesetz an den vormaligen Eigentümer oder deren Rechtsnachfolger zurück übertragen worden ist. Eine analoge Anwendung scheide schon deshalb aus, weil es an einer Regelungslücke fehle. Zu Unrecht habe sich das LG bei seiner Entscheidung auf die zu Art. 233 § 2a EGBGB ergangene Entscheidung des BGH vom 18.1.2002 (VIZ 2002, 422 ff.) gestützt. Diese sei auf die Bestimmungen des VerkFlBerG nicht anwendbar. Zu berücksichtigen sei dabei, dass in dem vom BGH entschiedenen Fall lediglich um ein Besitzrecht an der Verkehrsfläche gestritten worden sei. Im Hinblick auf die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG seien hier strengere Kriterien für die analoge Anwendung des VerkFlBerG anzulegen. Darüber hinaus sei das notarielle Angebot nicht fristgerecht erfolgt. Auf Grund des Übersendungsschreibens des Notars hätten sie, die Beklagten, nicht davon ausgehen müssen, dass es sich um ein Erwerbsangebot des Klägers handele. Das LG habe bei seiner Entscheidung missachtet, dass die Ermächtigung des Notars zur Übersendung des Angebots durch den Kläger bestritten worden sei. Der Inhalt des notariellen

Angebots spreche ebenfalls gegen eine Ermächtigung des Notars. Schließlich habe das LG die Substantiierungsanforderungen der von ihnen erhobenen Einrede gem. § 3 Abs. 2 Satz 1 VerkFlBerG überspannt. Da sie, die Beklagten, keinen Einblick in die Planungsunterlagen hätten, könne von ihnen weitergehender Vortrag zu den Ausbauplänen der Straße nicht verlangt werden. Entgegen der Ansicht des LG könne auch nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass auch nach der Straßenerweiterung die streitgegenständliche Grundstücksfläche noch öffentlich genutzt werde.

Die Beklagten beantragen, unter Abänderung des angefochtenen Urteils des LG Berlin vom 2.4.2008 - 1 O 110/07 - abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag.

II. Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und begründete Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1. Die Prüfung der Rechtswegzuständigkeit ist dem Senat gem. § 17a Abs. 5 GVG entzogen. Ungeachtet dessen ist das LG zutreffend davon ausgegangen, dass gem. § 14 Abs. 1 S. 1 VerkFlBerG der ordentliche Rechtsweg eröffnet ist. Nach § 14 Abs. 1 S. 3 VerkFlBerG i.V.m. § 103 Abs. 1 S. 1 SachenRBerG finden die Vorschriften der ZPO Anwendung.

2. Der Kläger hat ggü. den Beklagten ein Erwerbsrecht an der verfahrensgegenständlichen Fläche aus § 3 Abs. 1 VerkFlBerG und die Beklagten sind zur Annahme des notariellen Kaufangebots vom 6.2.2006 verpflichtet (§ 3 Abs. 1 S. 3 VerkFlBerG). Nach § 3 Abs. 1 VerkFlBerG kann der öffentliche Nutzer von dem Grundstückseigentümer den Verkauf des Grundstücks an sich verlangen und ist der Grundstückseigentümer zur Annahme des notariellen Kaufangebotes des öffentlichen Nutzers verpflichtet, wenn der Inhalt des Angebotes den Bestimmungen des VerkFlBerG entspricht. Gegen die Verfassungsmäßigkeit des VerkFlBerG bestehen keine durchgreifenden Bedenken (s. BGH, Urt. v. 20.6.2008 - V ZR 149/07 - zitiert nach Juris). Bei der verfahrensgegenständlichen Fläche handelt es sich um ein im

Beitrittsgebiet belegenes Grundstück eines privaten Eigentümers, das in der Zeit zwischen dem 9.5.1945 und dem 3.10.1990 für die Erfüllung einer Verwaltungsaufgabe tatsächlich in Anspruch genommen wurde und einer Verwaltungsaufgabe (hier: öffentliche Straße) noch dient (§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 2 Nr. 1 VerkFlBerG). Anders als das SachenRBerG knüpft § 1 Abs. 1 VerkFlBerG für den Begriff der V...

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