Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 22.11.2005; Aktenzeichen 27 O 812/05)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 13.11.2007; Aktenzeichen VI ZR 269/06)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 22.11.2005 verkündete Urteil des LG Berlin - 27 O 812/05 - geändert:

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, zu unterlassen,

Bildnisse der Klägerin zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen, wie in "n.W". Nr. ... vom 29.6.2005 auf der Titelseite sowie auf den Seiten 8 und 9 sowie in "V.S." Nr. ... vom 29.6.2005 auf den Seiten 8 und 9 in den Fällen geschehen, in welchen sie jeweils mit J.H. abgebildet ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 1/3 und die Beklagte 2/3 zu tragen.

Das Urteil ist in der Hauptsache gegen Sicherheitsleistung i.H.v 44.000 EUR und wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages zzgl. 10 % vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Nach § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO wird auf die Darstellung des Tatbestandes in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Die Beklagte meint, das LG habe der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Klägerin sei auch nach Beendigung ihrer aktiven Laufbahn Deutschlands wohl bekanntester Schwimmstar. Sie habe über Jahre hinweg ihr Privatleben in die Öffentlichkeit getragen. Auch in letzter Zeit habe sie sich immer wieder breiten Leserschichten präsentiert. Dabei sei als einziges privates Thema ihr Liebesleben ausgespart gewesen, zu dem sie lediglich gesagt habe, sehr glücklich zu sein. Dies führe aber nicht dazu, dass das Informationsinteresse zurückzustehen habe. Das öffentliche Informationsinteresse stehe nicht zur beliebigen Disposition von Personen, auf die es sich richtet. Die Beklagte ist deshalb der Ansicht, der Klägerin stehe weder wegen der beanstandeten Bilder, die sie in der Öffentlichkeit zeigen würden, noch wegen Veröffentlichung von Bildnissen aus dem privaten Alltag ein Unterlassungsanspruch zu. Dem vom LG gewählten Tenor lasse sich eine hinreichend klare Beschränkung auf bestimmten Situationen des privaten Alltags auch nicht entnehmen. Pauschale Verbote seien unzulässig.

Die Beklagte beantragt, die Klage unter Abänderung des Urteils des LG Berlin vom 22.11.2005 abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen, hilfsweise, der Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, Bildnisse der Klägerin zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen, wie in "n.W." Nr. ... vom 29.6.2005 auf der Titelseite sowie auf den Seiten 8 und 9 sowie in "V.S." Nr. ... vom 29.6.2005 auf den Seiten 8 und 9 in den Fällen geschehen, in welchen sie jeweils mit J.H. abgebildet ist.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und führt aus, ihr stehe jedenfalls ein Unterlassungsanspruch im Umfang des Hilfsantrages zu.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlangen Bezug genommen.

II. Die gem. § 511 ZPO statthafte Berufung der Beklagten ist zulässig, insb. form- und fristgerecht i.S.d. §§ 517, 519, 520 ZPO eingelegt und begründet worden. In der Sache ist sie insofern begründet, als das LG auf einen über den Tenor hinausgehenden Unterlassungsanspruch erkannt hat.

1. Soweit die Klägerin begehrt, der Beklagten zu untersagen, Bildnisse "aus dem privaten Alltag der Klägerin zu veröffentlichen..., wie in n.w. Nr. ... sowie in V.S. Nr. ... geschehen", ist die Klage unzulässig. Der Unterlassungsantrag muss so deutlich gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts klar umrissen ist, sich der Beklagte umfassend verteidigen kann und die Entscheidung darüber, was ihm verboten ist, nicht im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt (vgl. BGH v. 4.5.2005 - I ZR 127/02, MDR 2005, 1240 = BGHReport 2005, 1202 = NJW 2005, 2550, 2551; BGH v. 13.3.2003 - I ZR 143/00, BGHReport 2003, 1086 = NJW 2003, 3046, 3047; BGH v. 9.4.1992 - I ZR 171/90, MDR 1992, 954 = WRP 1992, 560, 561). Zwar sind bei der Formulierung eines Unterlassungsantrages im Interesse eines hinreichend wirksamen Rechtsschutzes gewisse Verallgemeinerungen zulässig, weil eine Verletzungshandlung die Vermutung der Begehungsgefahr nicht nur für die identische Verletzungsform begründet, sondern auch für alle im Kern gleichartigen Verletzungshandlungen (vgl. BGH v. 1.12.1999 - I ZR 49/97, MDR 2000, 1147 = NJW 2000, 2195, 2196). Dabei kann es unter Umständen bei der Fassung des Verfügungs- bzw. Klageantrages und des entsprechenden Urteilsausspruchs hinzunehmen sein, d...

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