Leitsatz (amtlich)

Ein Versicherungsnehmer täuscht bereits dann den Versicherer arglistig über den Versicherungsfall, wenn er durch falsche oder inhaltlich unzutreffende Urkunden auf die Entscheidung des Versicherers Einfluss nehmen will. Es genügt hierzu, dass der Versicherungsnehmer Beweisschwierigkeiten bei der Durchsetzung berechtigter Ansprüche vermeiden will.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 13.12.2001; Aktenzeichen 7 O 396/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Zivilkammer 7 des LG Berlin v. 13.12.2001 teilweise geändert:

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages zzgl. 10 % hiervon abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Wert der Beschwer wird auf 43.459,81 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin unterhält bei der Beklagten für ihre Geschäftsräume seit dem 1.6.2000 eine Dynamische Sachinhaltsversicherung (Versicherungsschein Nr. 1604870001, Anlage K 1 zur Klageschrift).

Dem Versicherungsvertrag liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die dynamische Sachversicherung von Einrichtungen, Waren und Vorräten in Betrieben, Geschäften und Praxen (AVDSE) zugrunde. Zu den versicherten Gefahren gehören u.a. Schäden durch Leitungswasser (§ 1 Nr. 2.1 AVDSE). Die Obliegenheiten des Versicherungsnehmers im Versicherungsfall sind in § 35 AVDSE geregelt, § 29 AVDSE enthält Regelungen über generelle Ausschlüsse.

In dem zugrunde liegenden Versicherungsantrag (Anlage B 1 zum Schriftsatz v. 15.10.2001) ist als Betriebsart der Handel mit Haushaltsgroßgeräten, Öfen, Herden und Weißware angegeben, die Frage nach Vorversicherungen ist verneint. Tatsächlich bestand für das hier in Rede stehende sowie ein weiteres Geschäftslokal zwischen 1994 und 1997 eine Versicherung bei der A.L. Versicherung.

Am 20.9.2000 zeigte die Klägerin Leitungswasserschäden in den Geschäftsräumen am 19. und 20.9.2000 an (Anlage K 3 zur Klage). Am 16.10.2000 fand eine gemeinsame Besichtigung mit dem von der Beklagten beauftragten Schadenregulierer S. statt, bei der letzterer die Beschädigung der Einrichtung und der Warenvorräte mit 85.000 DM netto bezifferte (Anlage K 2).

Zur Bearbeitung des Versicherungsfalles reichte die Klägerin diverse Rechnungen ein, über deren Authentizität die Parteien streiten. Dies betrifft die Rechnung der A Handels GmbH in Berlin über den Verkauf von 600 Mini-Regenschirmen an die Klägerin, die Rechnung des Groß- und Einzelhandels Ar über den Erwerb von 300 Paar Damenstiefel (Anlage B 11), eine Rechnung der Firma N. betreffend den Erwerb von Batterien und Taschen sowie eine Rechnung des Ausstellers S. über den Verkauf eines Bücherschranks.

Die Beklagte beauftragte außerdem den Sachverständigen für Betriebsunterbrechungs- und Warenschäden K. mit der Erstellung eines Gutachtens (Anlage B 10), in dem dieser die Warenvorräte anhand der Geschäftsbücher bewertete und außerdem anhand der Analyse von Zahlungsvorgängen annahm, dass als beschädigt gemeldete, gem. der Rechnung in Anlage B 12 v. 18.9.2000 für den Export in den Iran bestimmte Waren zum Zeitpunkt des Vorfalls bereits ausgeliefert gewesen seien (S. 9/10 des Gutachtens).

Mit Schreiben v. 19.2.2001 lehnte die Beklagte Leistungen ab, weil sie von einer versuchten arglistigen Täuschung ausging.

Die Klägerin hat vorgetragen, es sei am 19. und 20.9.2000 zu mehreren Wassereinbrüchen gekommen, die hauptsächlich den in der Skizze K 13 mit 6 gekennzeichneten zweiten Lagerraum betroffen hätten. Es sei Wasser durch die Decke eingedrungen, so dass die dort gelagerten Waren (Batterien, Staubsauger, Taschen, Schirme und Stiefel) völlig durchnässt gewesen seien. Der Regulierer der Beklagten habe die beschädigten Waren selbst gesehen und untersucht, so dass die Beklagte an das Ergebnis der Ermittlungen gebunden sei. Die eingereichten Rechnungen seien inhaltlich zutreffend; Ähnlichkeiten im Druckbild der Rechnungen der A GmbH und der Firma Ar seien auf das Computerprogramm zurückzuführen. Die in der Rechnung v. 18.9.2000 bezeichneten Waren hätten sich noch im Lager der Klägerin befunden und seien nicht exportiert worden.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 98.600 DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 16.10.2000 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat den Versicherungsvertrag wegen Täuschung über den Betriebsgegenstand und das Bestehen von Vorversicherungen im Versicherungsantrag angefochten und im Wesentlichen vorgetragen, ihr Regulierungsbeauftragter habe sich keinen eigenen Eindruck von dem behaupteten Schaden verschaffen können, sondern seine Berechnung allein an den Angaben des Geschäftsführers der Klägerin orientiert. Sie hat sich auf Obliegenheitsverletzung sowie versuchte arglistige Täuschung wegen Vorlage...

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