Leitsatz (amtlich)

Auch bei Inanspruchnahme von Sonderrechten muss der Fahrer des Einsatzfahrzeugs bei der Einfahrt in eine für ihn durch rotes Ampellicht gesperrten Kreuzung größtmögliche Vorsicht walten lassen. Fährt er mit einer Geschwindigkeit von 30-35 km/h in die Kreuzung ein, kommt eine Mithaftung des Halters des Einsatzfahrzeugs von 50 % in Frage. Dies gilt auch für im Verband fahrende Folgefahrzeuge.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 12.02.2003; Aktenzeichen 17 O 292/01)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 12.2.2003 verkündete Urteil des LG Berlin - 17 O 292/01 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Das LG Berlin - 17 O 292/01 - hat mit seinem am 12.2.2003 verkündeten Urteil die auf Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 15.6.1998 gerichtete Klage abgewiesen. Wegen des Vorbringens der Parteien in erster Instanz und der Einzelheiten der Entscheidung wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Der Kläger verfolgt mit seiner Berufung die Ansprüche nach einer Quote von 80 % weiter, wobei er nunmehr allerdings 20 % der von der Beklagten an die weiteren Geschädigten des Unfalles erbrachten Leistungen (10.085,94 DM) als aufrechenbare Gegenforderung anerkennt.

Er trägt zur Begründung seiner Berufung unter Bezugnahme auf seinen gesamten erstinstanzlichen Vortrag weiter vor:

Das LG sei aufgrund unzutreffender Würdigung der Aussagen der Zeugen M. und S. zu der Wertung gekommen, die Ampel sei zum "Unfallzeitpunkt" bzw. "beim Einfahren des klägerischen Fahrzeuges in die Kreuzung" rot gewesen.

Der Zeuge M. habe vor der Polizei nicht ausgesagt, dass die Ampel im Unfallzeitpunkt rot gewesen sei. Nach einem Zeitpunkt, zu welchem die Ampel rot gewesen sei, sei der Zeuge vor der Polizei nicht gefragt worden. Auf Vorhalte im Rahmen der Vernehmung vor dem LG habe der Zeuge nicht sicher angeben können, ob er im Unfallzeitpunkt auf die Ampel geschaut habe oder nicht und ob sie rot gewesen sei. Der Rückschluss des LG auf ein rotes Ampellicht zur fraglichen Zeit aufgrund der weiteren Angabe des Zeugen M., er neige nicht dazu vor der Polizei falsche Angaben zu machen, sei fehlerhaft, weil der Polizeibeamte nach dem Zeitpunkt der Ampelfarbe in Beziehung auf den Unfall nicht gefragt habe.

Bei der Angabe der Zeugin S. vor der Polizei, das zweite Feuerwehrfahrzeug sei bei rotem Ampellicht in die Kreuzung eingefahren, handele es sich um eine nachträgliche Schlussfolgerung. Dies ergebe sich aus den weiteren Angaben der Zeugin, denen zufolge sie nicht habe beobachten können, aus welcher Richtung der weiße Pkw gekommen sei, da sie sich auf die Fußgänger konzentriert habe und dann nur etwas sehr großes Rotes auf sich zukommen gesehen habe. Die Zeugin habe also nicht einmal das zweite Feuerwehrfahrzeug als solches wahrgenommen und folglich auch nicht das Ampellicht beobachtet. Dieser Bewertung entspräche die Aussage der Zeugin vor dem LG, dass sie sich wegen des Krachs weggedreht habe, bevor der erste Feuerwehrwagen sie erreicht gehabt habe und dass sie danach auf die rote Ampel nicht mehr geachtet habe.

Das LG habe bei der Beweiswürdigung ferner nicht beachtet, dass es nicht der Lebenserfahrung entspreche, dass Zeugen nicht auf die mit Blaulichtern und Getöse heranfahrenden Feuerwehrfahrzeugen sondern auf die Signalanlage achteten.

Die Annahme des LG, es sei nachvollziehbar, dass die Ampel beim Einfahren des zweiten Feuerwehrfahrzeuges noch rot gewesen sei im Hinblick auf eine aus dem Ampelschaltplan ersichtliche Rotphase von 43 Sekunden sei nicht zwingend und nicht bewiesen. Da der Ampelschaltplan nicht zur Einsichtnahme durch die Prozessbevollmächtigten vorgelegen habe, habe das LG gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör verstoßen.

Schlicht falsch sei die Annahme, daraus, dass das erste Feuerwehrfahrzeug bei rotem Ampellicht in die Kreuzung eingefahren sei, ergebe sich, dass "damit auch der Gesamtverband bei rot in die Kreuzung einfuhr".

Die Zeugen F. und B. hätten vernommen werden müssen. Zwar handele es sich bei dem Beweisantritt um Schlussfolgerungen der Zeugen. Diese beruhten aber auf Tatsachenangaben, über welche hätte Beweis erhoben werden müssen.

Das LG berücksichtige nicht, dass kein einziger Zeuge gesehen habe, dass das am Unfall beteiligte Feuerwehrfahrzeug bei rotem Ampellicht in die Kreuzung eingefahren sei und dies deshalb gerade nicht bewiesen sei. Deshalb fehle die tatsächliche Grundlage für die Annahme, das Feuerwehrfahrzeug sei mit überhöhter Geschwindigkeit in die Kreuzung eingefahren. Bei grünem Ampellicht habe der Zeuge W. auch mit der vom LG angenommenen, jedoch weiterhin bestrittenen Geschwindigkeit von 50-60 km/h in die Kreuzung einfahren dürfen.

Da bei der Abwäg...

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