Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 8 O 166/12)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 17.09.2013 verkündeten Urteils des Landgerichts - 8 O 166/12 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.09.2012 zu zahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 6.500,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.09.2012 zu zahlen.

3. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weiteren zukünftigen materiellen und im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung am 15.03.2018 nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden zu ersetzen, welche aus der fehlerhaften Behandlung in der Zeit von 2008 bis 2010, insbesondere unter den Operationsdaten 23.08.2008 und 21.11.2009 in der ...strasse ..., ... ..., entstanden sind und noch entstehen werden, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. A. Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Schadensersatz und Schmerzensgeld mit der Begründung, der Beklagte habe sie anlässlich einer Operation am 23.08.2008 fehlerhaft behandelt und nicht hinreichend aufgeklärt.

Die Klägerin fügte sich seit ihrem 16. Lebensjahr massive Ritzverletzungen zu, u.a. an Armen und Oberschenkel. Seit 2007 begab sie sich zweimal wöchentlich in Psychotherapie. Im selben Jahr ließ sie aus ästhetischen Gründen ihre Nasenscheidewand operativ korrigieren. Im Juni 2008 stellte sich die Klägerin beim Beklagten vor, der Facharzt für Plastische- und Ästhetische Chirurgie ist. Dieser führte bei ihr am 23.08.2008 eine ästhetische Operation durch, nämlich ein offenes Stirnlift mit Augenbrauenanhebung und Teilresektion der zentral liegenden Muskulatur. Am 21.11.2009 korrigierte der Beklagte eine Narbe der Klägerin aus vorgenannter Operation und am 28.03.2012 unterzog sich die Klägerin anderenorts einer Haarwurzeltransplantation zur Verbesserung der operationsbedingt lichteren Haardichte.

Erstinstanzlich hat die Klägerin behauptet, es habe eine Kontraindikation für die vom Beklagten durchgeführte Operation vorgelegen aufgrund ihrer Autoaggressionserkrankung, Dysmorphophobie und Neigung zur Keloidbildung. Eine Botox-Injektion hätte ausgereicht, jedenfalls aber hätte endoskopisch operiert werden müssen. Sie sei nicht ausreichend aufgeklärt worden.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachverhalts und der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand des am 17.09.2013 verkündeten Urteils des Landgerichts Bezug genommen.

B. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, nach Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Dr. med. U ...F ..., Erläuterung des Gutachtens im Termin und Parteivernehmung der Klägerin und des Beklagten sowie Vernehmung der Zeugin B .... Das Landgericht hat sein Urteil wie folgt begründet: Das selbstverletzende Verhalten der Klägerin stelle lediglich eine bedingte Kontraindikation dar und habe mit Blick auf die Risiken der Operation dieser nicht entgegengestanden. Eine Kontraindikation ergebe sich auch nicht aus ihrer behaupteten Neigung zur Keloidbildung, da diese nicht bestehe. Auch sei die Operation fehlerfrei und mit probatem Verfahren durchgeführt worden. Weiter sei die Klägerin rechtzeitig und ausreichend über mögliche Risiken und Behandlungsalternativen, u.a. das endoskopische Verfahren, aufgeklärt worden. Wegen der Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf das Urteil vom 17.09.2013 verwiesen.

C. Gegen das Urteil des Landgerichts hat die Klägerin Berufung eingelegt und ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt. Die Berufung hat der Senat durch Urteil vom 29.09.2014 zurückgewiesen, die Revision wurde nicht zugelassen. Mit Schriftsatz vom 25.09.2015 hat die Klägerin Nichtzulassungsbeschwerde erhoben. Durch Beschluss vom 15.12.2015 - Az. VI ZR 557/15 - hat der BGH das Urteil des Senats aufgehoben und die Sache an das Kammergericht zurückverwiesen. Auf die Ausführungen in den Gründen des Beschlusses vom 15.12.2015 wird Bezug genommen.

D. Die Klägerin trägt in der Berufungsinstanz vor:

1. Es liege ein grober Befunderhebungsfehler vor: Dem Beklagten sei vorzuwerfen, dass er weder eine Anamnese erhoben noch sie körperlich untersucht habe. Hätte er dies getan, so wäre aufgrund ihrer erheblichen Narben zwingend ihre psychische Erkrankung, nämlich eine Dismo...

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