Entscheidungsstichwort (Thema)

Verwirkung von Mietzinsansprüchen

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 01.11.2001; Aktenzeichen 12 O 419/01)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 1.11.2001 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des LG Berlin (LG Berlin, Urt. v. 1.11.2001 - 12 O 419/01) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages zzgl. 10 % abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Berufung der Beklagten richtet sich gegen das am 1.11.2001 verkündete Urteil des LG, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Die Beklagte beantragt, die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung wegen eines Teilbetrages von 3.970,17 Euro nebst anteiliger Zinsen zu verwerfen und im Übrigen zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung, die sie für zutreffend erachtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in beiden Rechtszügen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, insb. ist sie entgegen der Ansicht der Klägerin auch hinsichtlich des Teilbetrages von 3.970,17 Euro ausreichend begründet. Die Beklagte hat das Urteil auch hinsichtlich dieses Teilbetrages mit der Begründung angegriffen, die Forderung sei verwirkt.

Die Berufung ist aber aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die vollinhaltlich in Bezug genommen wird, nicht begründet. Im Hinblick auf die Berufungsbegründung wird ergänzend auf das Folgende hingewiesen:

I. Bezüglich des Teilbetrages von 3.970,17 Euro (7.764,99 DM) ist Verwirkung schon deshalb nicht eingetreten, weil seit der Möglichkeit, diesen Betrag zu fordern, eine längere Zeit nicht verstrichen ist, es mithin an dem erforderlichen Zeitablauf (Zeitmoment) fehlt. Dieser Teilbetrag setzt sich zusammen aus Erhöhungsbeträgen für die Monate März bis Juli 2001 i.H.v. 1.338,79 DM monatlich zzgl. Mehrwertsteuer, die ihre Grundlage in der von den Parteien vertraglich vereinbarten Wertsicherungsklausel haben. Diese Mieterhöhung machte die Klägerin mit Schreiben vom 21.3.2001 geltend. Die Klageschrift ging am 4.7.2001 bei Gericht ein. Zuvor hatte die Klägerin im März 1995 die Miete aufgrund einer Indexsteigerung von mehr als 10 Punkten erhöht. Die Beklagte hatte die ab März 1995 erhöhte Miete gezahlt. Zwischenzeitlich bestand eine Möglichkeit, die Miete aufgrund der Wertsicherungsklausel zu erhöhen, nicht.

II. Auch bezüglich der übrigen, sich aus der Vereinbarung einer Staffelmiete ergebenden Klageforderung ist Verwirkung nicht eingetreten. Zutreffend geht das LG davon aus, dass besondere Umstände, die aus der Sicht der Beklagten ein Vertrauen auf die Nichtgeltendmachung der Erhöhungsbeträge gerechtfertigt erscheinen lassen (Umstandsmoment), nicht vorliegen. Die Rechtsausführungen der Beklagten im zweiten Rechtszug geben keinen Anlass, hiervon abzuweichen.

a) Aus dem bloßen Schweigen beider Parteien kann ohne hinzutreten weiterer Umstände nicht auf eine Verwirkung geschlossen werden (Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., VI Rz. 112). Auch wenn eine automatische Mietanpassung viele Jahre nicht praktiziert wird, ohne dass dies von einer Vertragspartei angesprochen wird, kann der Vermieter sein Recht auf automatische Anpassung nur dann verloren haben, wenn - zusätzlich zu dem Zeitablauf - weitere besondere Umstände hinzutreten (Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., VI Rz. 116; OLG Düsseldorf v. 13.5.1993 - 10 U 163/92, OLGReport Düsseldorf 1993, 254 = NJW-RR 1993, 1036). Wenn der reine Zeitablauf und die Untätigkeit des Vermieters über einen längeren Zeitraum unterhalb der Verjährungsgrenze schon bei Mietnebenkosten trotz der Verpflichtung zur Abrechnung für den Vermieter nicht zur Annahme einer Verwirkung i.S.d. § 242 ausreichen, so gilt das erst recht für den Mietzinsanspruch selbst, der - anders als die Nebenkosten - keiner eigenen Abrechnung ggü. dem Mieter bedarf (OLG Düsseldorf v. 13.5.1993 - 10 U 163/92, OLGReport Düsseldorf 1993, 254 = NJW-RR 1993, 1036; OLG Celle, v. 29.1.1988 - 2 U 78/87, NJW-RR 1988, 723 m. Hinw. auf BGH v. 29.2.1984 - VIII ZR 310/82, MDR, 1984, 930 = NJW 1984, 1684 = LM § 535 BGB Nr. 85).

b) Auf die von ihr zitierte Entscheidung des OLG Düsseldorf (OLG Düsseldorf v. 13.5.1993 - 10 U 163/92, OLGReport Düssledorf 1993, 254 = NJW-RR 1993, 1036) kann die Beklagte sich zur Begründung der Verwirkung nicht berufen, da in dem vom OLG Düsseldorf zu beurteilenden Sachverhalt "eine Vielzahl von sog. Umstandsmomenten für die Verwirkung sprachen", die vorliegend unstreitig nicht gegeb...

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