Leitsatz (amtlich)

1. Beantragt die Partei in einem nachgelassenen Schriftsatz die Ladung des Sachverständigen zum Zwecke der Beantwortung ergänzender Fragen, so hat das Gericht den Sachverständigen auch dann antragsgemäß zu laden, wenn es selbst meint, die angekündigten Fragen seien nicht geeignet, das Ergebnis des Gutachtens in Zweifel zu ziehen (vgl. BGH, Beschl. v. 14.7.2009 - VIII ZR 295/08).

2. Das Eigenlenkverhalten eines Neufahrzeuges (Pkw) mit einem Versatz von ca. einem Meter pro 100 m Fahrstrecke, der nur während der Beschleunigungsphase ab einer Geschwindigkeit von über 80 km/h auftritt, ist kein Sachmangel i.S.d. § 434 Abs. 1 BGB.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 28.05.2009; Aktenzeichen 18 O 453/08)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 28.5.2009 verkündete Urteil des LG Berlin - 18 O 453/08 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Gründe

I. Die mit Schriftsatz vom 19.6.2009 am 24.6.2009 eingelegte und mit einem am 7.8.2009 eingegangenen Schriftsatz vom 6.8.2009 nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist begründete Berufung des Klägers richtet sich gegen das am 4.6.2009 zugestellte Urteil des LG Berlin vom 28.5.2009, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Mit seiner Berufung richtet sich der Kläger gegen die Abweisung seiner Klage auf Zahlung von 23.240 EUR abzgl. Nutzungsentschädigung Zug um Zug gegen Rückgabe des bei dem Beklagten gekauften Pkw Citroen Typ C4 Picasso Hdi 110 FAP Comfort.

Er rügt einen Verfahrensfehler des LG, weil dieses auf seinen Antrag im Schriftsatz vom 19.5.2009 nicht erneut in die mündliche Verhandlung eingetreten sei und den Sachverständigen S nicht zum Termin geladen habe.

Er ist der Auffassung, dass sich unabhängig davon die Begründetheit der Klage bereits aus den Ausführungen des Sachverständigen S in dem vorliegenden Gutachten vom 24.4.2009 ergebe, da der Sachverständige dort ausgeführt habe, dass das begutachtete Fahrzeug ein Eigenlenkverhalten nach rechts mit einem Versatz von etwa 1 m pro 100 m Fahrstrecke aufweise.

Bereits dies stelle entgegen der Auffassung des LG einen Mangel eines Neufahrzeugs dar. Die berechtigte Erwartungshaltung eines Käufers eines Neufahrzeugs der Mittelklasse bestehe darin, dass das Fahrzeug auch beim Beschleunigen kein Eigenlenkverhalten zeige. Auf die Frage, ob das Eigenlenkverhalten beherrschbar sei, komme es insoweit nicht an.

Darüber hinaus habe er, der Kläger, unter Beweisantritt dazu vorgetragen, dass die Abweichung des Eigenlenkverhaltens des Fahrzeugs nicht lediglich 1 m pro 100 m, sondern 2 m pro 100 m Fahrstrecke aufweise. Diesem Beweisantritt sei das LG fehlerhaft nicht nachgegangen.

Der Kläger beantragt, das Urteil des LG Berlin vom 28.5.2009 (18 O 453/08) aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw Typ C4 Picasso Hdi 110 FAP Comfort des Herstellers Citroen, Farbe Tivoli-blau (metallic), Fahrgestell-Nr.: x, 23.240 EUR abzgl. einer Nutzungsentschädigung i.H.v. 0,093 EUR pro Kilometer gem. Tachostand zum Zeitpunkt der Rückgabe, zzgl. auf den nach dieser Berechnung zu zahlenden Betrag Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.10.2008 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und führt aus, dass ein Verfahrensfehler des LG bereits deshalb nicht vorgelegen habe, weil der Kläger nicht dargelegt habe, wieso die Befragung des Sachverständigen entscheidungserheblich gewesen sein könnte.

Die von dem Kläger angekündigten Fragen an den Sachverständigen seien zudem nicht geeignet, die Entscheidung des LG in Frage zu stellen, da sich ihre Beantwortung bereits aus dem Gutachten selbst ergeben würde.

Auch nach den von dem Kläger vorgetragenen Kriterien liege unter Berücksichtigung des Entwicklungsstandes der gesamten Automobilindustrie für vergleichbare Fahrzeuge auch anderer Hersteller kein Mangel vor, was der Sachverständige in seinem Gutachten bereits festgestellt habe.

Im Übrigen bestreitet der Beklagte weiterhin, dass das Eigenlenkverhalten bereits bei Übergabe des Fahrzeugs am 11.5.2007 vorhanden gewesen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat den Sachverständigen S auf Antrag des Klägers zum Termin geladen. Wegen des Ergebnisses der Anhörung des Sachverständigen wird auf das Protokoll vom 8.2.2010, Bl. 154-156 der Akten, verwiesen.

II. Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers bleibt erfolglos.

1. Zur Recht rügt der Kläger allerdings mit seiner Berufung, dass das LG auf seinen Antrag im Schriftsatz vom 19.5.2009 nicht erneut in die mündliche Verhandlung eingetreten ist, um den Sac...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge