Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleich

 

Leitsatz (amtlich)

In den Fällen der Aussetzung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich nach § 2 Abs. 2 VAÜG führt der Tod des Ausgleichsberechtigten (§ 1587e Abs. 2 BGB) nicht automatisch zum Erlöschen des Ausgleichsanspruchs.

 

Normenkette

BGB § 1587e Abs. 2, § 1587a Abs. 2; VAÜG § 2 Abs. 2, 1

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Pankow/Weißensee (Beschluss vom 03.05.2004; Aktenzeichen 14 F 1891/96)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluss des AG Pankow-Weißensee vom 3.5.2004 - 14 F 1891/96 - aufgehoben. Das Verfahren wird zur erneuten Entscheidung an das FamG - auch zur Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - zurückverwiesen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 500 Euro.

 

Gründe

I. Durch am 9.1.1997 verkündetes - rechtskräftiges - Urteil hat das FamG die am 9.6.1993 geschlossene Ehe der Parteien geschieden und die elterliche Sorge für die am 18.8.1984 geborene C.S. der Mutter übertragen.

Die Entscheidung über den Versorgungsausgleich hat das FamG gem. § 2 Abs. 1 S. 2 VAÜG ausgesetzt, weil der Ausgleich der angleichungsdynamischen Anrechte zugunsten der Ehefrau hätte durchgeführt werden müssen, der Ausgleich der nichtangleichungsdynamischen Versorgungen hingegen zugunsten des Ehemannes.

Der Ehemann ist am 17.6.2003 verstorben.

Die Beteiligte Landesversicherungsanstalt Berlin gewährt der Tochter der Parteien C. S. seit dem 17.6.2003 die Zahlung einer Halbwaisenrente.

Die Beteiligte hat mit Schriftsatz vom 27.10.2003 die Wiederaufnahme des ausgesetzten Versorgungsausgleichsverfahrens beantragt. Die neu erteilten Auskünfte vom 14. und 16.10.2003 ergaben folgende Anwartschaften der Parteien:

Ehefrau nichtangleichungsdyn.: 59,29 Euro

angleichungsdynamisch: 166,33 Euro

Ehemann nichtangleichungsdyn. : 0,00 Euro

angleichungsdynamisch: 183,63 Euro

Durch den angefochtenen Beschluss hat das FamG unter Hinweis darauf, dass der Ausgleichsanspruch des berechtigten Ehemannes mit dessen Tode erloschen sei, die Wiederaufnahme des Verfahrens abgelehnt.

Gegen diesen am 11.5.2004 zugestellten Beschluss wendet sich die Beteiligte mit ihrer am 2.6.2004 mit gleichzeitiger Begründung eingegangenen Beschwerde.

Die gem. §§ 629a Abs. 2 ZPO iVm § 621e ZPO statthafte und zulässige Beschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an das FamG.

Über die Frage, ob der Tod des Ausgleichsberechtigten (§ 1587e Abs. 2 BGB) auch dann zu einem Erlöschen des Ausgleichsanspruchs führt, wenn die Aussetzung nach § 2 Abs. 2 VAÜG (v. 25.7.1991, BGBl. I, 1606 [1702]) erfolgt ist und die Höhe des Ausgleichsanspruchs für die Berechnung etwa einer Hinterbliebenenversorgung von Bedeutung ist, besteht Streit.

(Verneinend: KG v. 4.7.2003 - 17 UF 160/03, KGReport Berlin 2004, 365 = FamRZ 2003, 1841 f., wobei die dortigen Erwägungen wegen des schließlich erkannten Ausschlusses nach § 1587c BGB jedoch nicht tragend waren; Sander in MünchKomm/BGB, § 2 VAÜG Rz. 14; Maier, Versorgungsausgleich in der Rentenversicherung, § 2 VAÜG Anm. 3, jeweils unter Hinweis darauf, dass das Antragsrecht der Hinterbliebenen in § 2 Abs. 2 S. 2 VAÜG sonst keinen Anwendungsbereich hätte; dazu auch Hahne, FamRZ 1991, 1392 [1394], Gesetz zur Überleitung des Versorgungsausgleichs auf das Beitrittsgebiet; Bejahend: Palandt/Brudermüller, BGB, 63. Aufl., § 1587e Rz. 7; Kemnade, FamRZ 2003, 1842, Anmerkung zur Entscheidung des 17. Zivilsenats des KG; Staudinger/Rehme, BGB, 2004, § 1587e Rz. 23, unter Hinweis darauf, dass mit dem vor der Verwirklichung des Ausgleichsanspruchs eingetretenen Tod des Berechtigten das Ziel des Versorgungsausgleichs, im Falle der Scheidung für den Berechtigten eine eigenständige Alters- und Invaliditätssicherung zu begründen, nicht mehr zu erreichen ist)

Der Senat folgt der Auffassung, dass der Ausgleichsanspruch in den Fällen der Aussetzung nach dem VAÜG mit dem Tod des Berechtigten nicht automatisch erlischt. Die ausdrückliche Einräumung einer eigenen Antragsberechtigung der Hinterbliebenen in § 2 Abs. 2 VAÜG hätte anderenfalls keinen Anwendungsbereich.

Zwar findet sich in der BT-Drucks. 12/405 S. 115 und 177 f. - kein ausdrücklicher Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber mit der Erwähnung der Hinterbliebenen als Antragsberechtigten in § 2 Abs. 2 VAÜG eine von § 1587e Abs. 2 BGB abweichende Regelung treffen wollte. Andererseits spricht aber auch nichts dafür, dass es sich bei der gewählten Formulierung lediglich um ein Redaktionsversehen (etwa ungeprüfte Übernahme der Formulierung in § 10a Abs. 4 VAHRG - Antragsrecht der Hinterbliebenen für eine Abänderung rechtskräftiger Versorgungsausgleichsentscheidungen) handelt.

Die Auslegung einer Vorschrift hat sich in erster Linie am Wortlaut zu orientieren. Eine solche Auslegung ist auch mit Sinn und Zweck des Versorgungsausgleichs zu vereinbaren. Der Versorgungsausgleich findet zwar ausschließlich zwischen den geschiedenen Ehegatten statt (§ 1587 Abs. 1 BGB). Die damit getroffenen Regelungen haben abe...

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