Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenentscheidung bei Klagerücknahme im Unterhaltsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

§ 93d ZPO ist nicht anzuwenden, wenn der Unterhaltsschuldner vorgerichtlich seine Erwerbsbemühungen nicht hinreichend dargetan hat.

 

Normenkette

ZPO §§ 93d, 269 Abs. 3 S. 2

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Pankow/Weißensee (Beschluss vom 19.02.2007; Aktenzeichen 21 F 3788/06)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des AG Pankow/Weißensee vom 19.2.2007 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Wert von 400 EUR zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger hat von dem Beklagten nach dem Unterhaltsvorschussgesetz übergegangenen Unterhalt i.H.v. 1325,90 EUR begehrt. Er hat dies u.a. damit begründet, der Beklagte sei trotz unzureichender tatsächlicher Einkünfte als leistungsfähig anzusehen, da ihm fiktive Erwerbseinkünfte zuzurechnen seien. Der Kläger hat die Klage - mit Zustimmung des Beklagten - zurückgenommen, nachdem dieser umfangreiche Bemühungen um eine Arbeitsstelle durch Vorlage einer Vielzahl von Bewerbungsschreiben dargetan hatte.

Das AG hat die Kosten des Rechtsstreits gem. § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO dem Kläger auferlegt. Gegen diesen, ihm förmlich nicht zugestellten Beschluss hat der Kläger mit am 7.3.2007 bei dem AG eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt, der das AG nicht abgeholfen hat.

Er macht geltend, die Kosten des Rechtsstreits habe der Beklagte gem. § 93d ZPO zu tragen, da er vorgerichtlich mehrmals vergeblich aufgefordert worden sei, seine Erwerbsbemühungen darzulegen. Die Klage wäre nicht erhoben worden, wenn der Beklagte seine Bemühungen bereits daraufhin dargetan hätte.

Der Beklagte begehrt Zurückweisung der Beschwerde.

II. Der Senat entscheidet in der nach dem GVG vorgesehenen Besetzung, da ihm die Beschwerde durch den Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden ist.

Die gem. § 269 Abs. 5 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Klägers gegen die Kostenentscheidung des AG hat in der Sache keinen Erfolg.

Zutreffend hat das AG festgestellt, dass der Kläger nach § 269 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 ZPO verpflichtet ist, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Diese Regelung ist eine Ausprägung des allgemeinen, den §§ 91, 97 ZPO zugrunde liegenden Prinzips, dass die unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Nimmt der Kläger seine Klage zurück, begibt er sich freiwillig in die Rolle des Unterlegenen (BGH NJW-RR 2005, 1662).

§ 93d ZPO rechtfertigt keine abweichende Entscheidung. Wie das AG zutreffend angeführt hat, ist diese Norm nach ihrem Wortlaut nicht anwendbar, da der Beklagte nicht gegen seine Verpflichtung zur Auskunft über seine Einkünfte oder sein Vermögen verstoßen hat, sondern seine Erwerbsbemühungen nicht umfassend dargetan hat. Dies rechtfertigt weder eine unmittelbare noch eine entsprechende Anwendung von § 93d ZPO.

Dieser Vorschrift liegt der Gedanke zugrunde (vgl. BT-Drucks. 13/7338, 33), dass gesetzliche Unterhaltsansprüche im Interesse aller Beteiligten bereits außergerichtlich geklärt werden sollen. Das ist nur möglich, wenn der Verpflichtete freiwillig umfassend ihm obliegende Auskünfte erteilt, so dass der Berechtigte nicht den umständlichen und zeitraubenden Weg einer Stufenklage nach § 254 ZPO zu gehen braucht. Verstöße gegen diese Auskunftspflicht sanktioniert § 93d ZPO mit einer "Kostenstrafe" (BGH, a.a.O.).

Hier wird aber nicht das Fehlen von Auskünften gerügt, auf die der Kläger einen Anspruch hatte und die z.B. durch eine Stufenklage durchsetzbar wären. Nur deren Fehlen soll nach den Motiven des Gesetzgebers (a.a.O.) aber die Kostenfolge des § 93d ZPO auslösen. Der Gesetzgeber hat davon abgesehen, die Kostenfolge umfassend an die unterbliebene Darlegung unterhaltsrelevanter Umstände zu knüpfen, sondern sich darauf beschränkt, die Verletzung der Auskunftspflicht hinsichtlich der Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu sanktionieren. Auch die Motive lassen nicht erkennen, dass der Gesetzgeber eine weitergehende Regelung treffen wollte; diese beschränkt sich vielmehr ausdrücklich auf die genannten - gesetzlich normierten - Auskunftspflichten. Der Auskunftsanspruch aus § 1605 BGB umfasst nicht die Offenlegung der Erwerbsbemühungen (ebenso z.B. OLG Düsseldorf - FamRZ 1997, 361; OLG Bamberg - FamRZ 1986, 685).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Wertfestsetzung entspricht den erstinstanzlich entstandenen Kosten. Der Senat lässt die Rechtsbeschwerde gem. § 574 Abs. 3, Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu, um eine Vereinheitlichung der Rechtsprechung zu ermöglichen, da in der obergerichtlichen Rechtsprechung teilweise eine analoge Anwendung von § 93d ZPO für gerechtfertigt angesehen wird (z.B. OLG Hamm, Beschl. v. 12.7.2004 - 1 WF 178/04 - für die Ordnungsgemäßheit des Studiums).

 

Fundstellen

FamRZ 2008, 530

AnwBl 2008, 34

AGS 2008, 145

FamRB 2008, 45

OLGR-Ost 2008, 61

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